Hörbar emotional aufgewühlt - so wiederholte der Bruder des angeblichen Brabant-Killers "Der Riese" in der VRT Ende Oktober das, was er ein paar Tage zuvor den Ermittlern schon gesagt hatte: "Ja, mein Bruder ist in der Tat der 'Riese'. Das ist so. Er hat mir das auf seinem Sterbebett erzählt.' Damals kam auch raus, dass der "Riese" wohl ein Gendarme gewesen war und bei einer Eliteeinheit gedient hatte.
Gleich dreimal wurde der überlebende Bruder damals im Oktober von den Fahndern befragt. Wie sich heute herausstellt, waren diese Aussagen alle ziemlich konfus. Emotional sei der Bruder sehr mitgenommen gewesen, sagt heute sein Anwalt. Auch deshalb nahmen die Vermittler noch einmal Kontakt zu diesem Bruder auf und luden ihn ein zu einem vierten Gespräch ein.
Das fand vergangenen Donnerstag statt. Und auf Wunsch seines Klienten habe er dann über dieses Verhör getwittert, sagte der Anwalt am Montagabend bei der VRT. Der Tweet lautet wie folgt: "Bruder von Christian Bonkoffsky wurde erneut zur Killerbande verhört. Er beteuert, bei den Ermittlungen zu helfen und gibt zwei Hinweise."
Welche Hinweise der Bruder genau gegeben haben soll, dazu schweigt der Anwalt aus Rücksicht auf die Ermittlungen. Nur so viel sagte er: "Mein Klient hat den Fahndern Hinweise gegeben, aus denen zu schließen ist, dass sein Bruder, also der Riese, Christian Bonkoffsky, wohl auch noch anderen Menschen davon erzählt hat, dass er Mitglieder in der Killerbande von Brabant gewesen ist."
Der Bruder soll auch noch die Namen der anderen Mitglieder der Killerbande genannt haben. Diese Namen kennt man wohl schon bei der Staatsanwaltschaft, berichten flämische Zeitungen am Dienstag. So ganz neu waren die Dinge wohl nicht, die der Bruder des Riesen jetzt erzählt hat.
Sein Anwalt findet sie trotzdem wertvoll. Er sagt: "Das waren ganz konkrete Hinweise, die mein Klient da gegeben hat. Es ist jetzt klar, dass man in eine bestimmte Richtung suchen muss, um die anderen Mitglieder der Bande zu finden.
Ich glaube, wenn man die heutige Kriminaltechnologie anwendet, dann könnte man mit den jetzt vorhandenen Hinweisen zur Lösung des Falles kommen. Und ich glaube, dass das gar nicht sehr lange dauern würde."
Doch ob es zur Aufklärung kommt, das stellt auch der Anwalt in Frage. Denn rund um das Dossier der Killerbande von Brabant habe sich eine Angstkultur entwickelt. Er merke das selbst, sagte der Anwalt am Montag, bei den Menschen, die sich von Beruf aus mit dem Fall beschäftigen. Bei Anwälten, bei Journalisten.
Und diese Angstkultur habe sich auch schon auf ihn ausgebreitet. Der Anwalt sagt: "Ich habe meinen Mitarbeitern schon gesagt: Wenn ich morgen einen Unfall habe oder man sagt, dass ich Selbstmord begangen habe, dann ist das kein Unfall und kein Selbstmord. Das ist natürlich nur ein Gefühl, aber in dieser Angelegenheit ist schon so viel passiert, verdächtige Selbstmorde, verdächtige Unfälle und solche Sachen. Wenn man das alles zusammen betrachtet - das ist unglaublich."
Alles überzogene Dramaturgie? Die Antwort wird - wie so vieles beim Dossier der Killerbande von Brabant - zunächst ungeklärt bleiben. Vielleicht für immer. Aber eine Aufklärung der Geschichte - das sei das, was der "Riese" wohl mit seinen Geständnissen gegenüber seinen Angehörigen habe erreichen wollen. Das behauptet zumindest der Anwalt des Bruders. "Die Familie des Riesen ist davon überzeugt, dass es der Wille des Riesen war, dass die Wahrheit ans Licht kommt", sagt er.
Kay Wagner