Wenn stimmt, was die EU-Kommission vermutet, dann hat AB Inbev seine Kunden auf dem heimischen Markt richtiggehend gemolken. Die zuständige EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager lässt sich in einem Kommuniqué wie folgt zitieren: "Die belgischen Verbraucher mussten möglicherweise für ihr bevorzugtes Bier mehr zahlen."
Jupiler und Leffe teurer als nötig
Beide Biere werden nach wie vor ausschließlich in Belgien gebraut. Den Wettbewerbshütern ist aber aufgefallen, dass sich die Verpackungen der für den Export bestimmten Produkte in den letzten Jahren verändert haben.
Es geht quasi ums Kleingedruckte, genau gesagt um die Beschriftung: Lange Zeit wurden in Belgien, den Niederlanden und Frankreich eigentlich die gleichen Bierdosen verkauft, die dann also eine zweisprachige Aufschrift trugen: auf Französisch und Niederländisch.
Bis 2014. Da wurde plötzlich der französische Text auf Dosen in den Niederlanden entfernt, bzw. der niederländische Text auf den für Frankreich bestimmten Büchsen. Auf dem holländischen Markt braucht man schließlich keine französische Aufschrift. Und der französische Biertrinker dürfte auch nicht den niederländischen Text vermisst haben.
In den Niederlanden billiger
Hier muss man jetzt eben um die Ecke denken. Ricardo Cardoso, Sprecher der EU-Kommission erklärt "Indem man auf eine einsprachige Beschriftung der Büchsen umgestiegen ist, hat man womöglich eine Wiedereinfuhr der Produkte nach Belgien verhindern wollen. In Belgien muss die Aufschrift ja dann zweisprachig sein, niederländisch und französisch."
Der Groschen fällt in dem Moment, wo man weiß, dass AB Inbev eben in den Niederlanden und Frankreich seine Verkaufsschlager Jupiler und Leffe in der Regel billiger verkauft. Weil der Markt umkämpfter ist bzw. man die Produkte dort auch erstmal mit offensiven Strategien etablieren muss.
Kleine Klammer: Das erklärt jetzt auch, warum man in gewissen Mitternachtsläden etwa in Brüssel auch schonmal preisgünstige Jupiler-Büchsen findet, die dann aber die nicht gerade typisch belgische Aufschrift "Oranje boven" tragen.
Wie dem auch sein: Damit eben kein Schlaumeier die Büchsen quasi "hintenrum" wieder nach Belgien einführt und dann günstiger anbieten kann, soll AB Inbev eben zu dem Trick mit der Beschriftung gegriffen haben. "Und das wäre ein Verstoß gegen europäische Wettbewerbsregeln", macht Kommissionssprecher Cardoso klar.
"Hier handelt es sich aber erstmal um einen Verdacht", betont er. Man habe dem AB-Inbev-Konzern jetzt eine Mitteilung zukommen lassen, die die Beschwerdepunkte aufliste. Das Unternehmen habe natürlich jetzt die Möglichkeit, dazu Stellung zu beziehen. Das alles sei keine Vorwegnahme des Ergebnisses, sondern allenfalls ein erster formaler Schritt.
Einzelhandel wundert sich seit langem
Dennoch gab's schon Applaus für den Vorstoß der EU-Kommission; und zwar aus Belgien. Der Einzelhandelsverband Comeos etwa bestätigt, dass der Einkaufspreis für AB-Inbev-Bier in Belgien höher liegt als in den Nachbarländern." Der Unterschied kann sich auf bis zu 30 Prozent belaufen", sagt Comeos-Chef Dominique Michel in der VRT.
Und auch das Hotel- und Gaststättengewerbe stellt sich seit Jahren Fragen. Zum Beispiel diese, sagt Danny Van Assche von Horeca-Vlaanderen: "Sind die regelmäßigen Bierpreiserhöhungen wirklich gerechtfertigt?"
Das sei jedenfalls bestimmt mal eine Untersuchung wert, sagt der Sprecher. Von AB-Inbev hieß es bislang lapidar, dass man konstruktiv mit der EU-Kommission zusammenarbeiten werde...