Angefangen hatte alles mit geheimen Videoaufnahmen, die das Internet-Portal Apache veröffentlicht hatte. Zu sehen ist ein exklusives Sternerestaurant. Wie sich zeigt, feiert hier ein bekannter Antwerpener Immobilien-Magnat seinen 45ten Geburtstag. Dieser Erik Van der Paal ist in der Scheldestadt alles andere als ein Unbekannter. Sein Unternehmen hat gerade erst einen lukrativen Bauauftrag in Antwerpen an Land gezogen.
Die Bilder erinnern aber so ein bisschen wie das Who's Who der belgischen Politik. Ein ums andere Mal laufen bekannte Gesichter an der Kamera vorbei. Politiker aller Couleur, sogar Frankophone, von PS und MR. Bis auch der Antwerpener Bürgermeister und N-VA-Chef Bart De Wever um die Ecke kommt. In seinem Gefolge: Berater und auch Schöffen, quasi das halbe Antwerpener Gemeindekollegium.
Druck auf De Wever stieg
Die Bilder verfehlten ihre Wirkung nicht. "Ach so! Der Herr Bürgermeister lässt sich von einem Bauunternehmer einladen. Könnte fast nach Klüngel aussehen", gifteten Kritiker im Chor. "Das sei so lächerlich, das man gar nicht darauf reagieren müsse", ließ De Wever lapidar verlauten. Doch der Druck stieg.
Die Opposition feuerte aus allen Rohren. "Was sehen wir auf den Bildern?", fragt rhetorisch Wouter Van Besien von Groen. Wir sehen die Antwerpener Stadtväter, wie sie quasi an einem Tisch sitzen mit einem Bauunternehmer. Da bestehe doch die Gefahr, dass das Gemeindekollegium bei städtebaulichen Entscheidungen eben diese Leute dann bevorzugt.
Das lockte De Wever dann doch aus der Reserve. "Mein Gott, worüber reden wir hier denn?", reagierte der N-VA-Chef. Er habe auf besagter Party eine einzige Cola Zero getrunken. Dafür könne man doch jetzt nicht seine Integrität in Zweifel ziehen. Er empfinde das als eine persönliche Beleidigung, sagte De Wever.
Nur war die Sache damit noch nicht vorbei. Der SP.A-Politiker Tom Meeuws ging Ende vergangenen Woche voll in die Vollen. "Sie müssen wissen", sagte Meeuws in der VRT: "Hier werden Baugenehmigungen regelrecht gekauft, indem die betreffenden Unternehmen eben versprechen, zusätzlich noch eine Turnhalle oder ein Konzertsaal zu bauen. Er wolle aber nicht, dass die Zahl der Krippenplätze oder der Grundschulen am Ende quasi den Unternehmen "abgekauft" werden müssen.
Bumm! Der hatte gesessen. Bart De Wever berief umgehend eine Pressekonferenz ein. Den Tränen nahe wies er die Vorwürfe zurück. Glatte Lügen seien das. Man könne gerne alle Bauanträge der letzten Jahre abklopfen. Da sei alles mit rechten Dingen zugegangen. Er sei traurig, richtig traurig.
Bumerang für Meeuws
Dieser Tom Meeuws, der die volle Breitseite abgegeben hatte, der bekam dann aber die Geschichte wie einen Bumerang zurück. Plötzlich tauchten Infos auf, wonach auch er sehr intensive und freundschaftliche Kontakte zum Bauunternehmer Erik Van der Paal pflegte. Bis hin zu Beratertätigkeiten. Untermauert wurde das von ziemlich peinlichen Whatsapp-Mitteilungen, die auf einmal kursierten.
Der Grüne Wouter von Besien muss da wohl "grün" geworden sein. Seine Partei ist mit der SP.A von Tom Meeuws nämlich ein Kartell eingegangen. Die Liste "Samen" will bei den Kommunalwahlen im kommenden Jahr De Wever und seine N-VA herausfordern. Für ihn, für seine Partei, sei Integrität natürlich von tragender Bedeutung, sagte Van Besien. Und er werde sich umgehend mit Tom Meeuws aussprechen.
Diese Aussprache hat stattgefunden. Die Liste "Samen" bleibt bis auf weiteres zusammen. Was bleibt, ist ein Scherbenhaufen. Und ein wohl übler Vorgeschmack auf den anstehenden kommunalen Wahlkampf.
Roger Pint - Foto: Kristof Van Accom/Belga