Imam Abdelhadi Sewif hat sich einen Anwalt genommen. Der soll für sein Bleiberecht kämpfen. Anwalt, Hicham Chibane durfte am Dienstag vor dem Ausländergerichtshof die Position des Imams darlegen. Gegenüber der RTBF fasste er diese wie folgt zusammen: "Mein Mandant, der Imam, lebt jetzt seit 13 Jahren hier in Belgien, seit 13 Jahren predigt er. Und der Inhalt dieser Predigten oder seine sonstigen Äußerungen waren immer im Einklang mit den Werten einer demokratischen Gesellschaft. Ganz im Gegenteil zu dem, was die Staatssicherheit behauptet."
Tatsächlich sieht die Staatssicherheit das ganz anders. Schon im März hatte sie sich geweigert, dem Imam der Großen Moschee die Aufenthaltsgenehmigung zu verlängern. Erst Anfang Oktober wurde das bekannt. Damals begründete Theo Francken den Entschluss wie folgt: "Das ist ein Salafist. Das ist ein sehr bekannter und einflussreicher Imam mit sehr radikalen Ideen über einen radikalen Islam."
"Der Geistliche hat gelogen"
Was genau der Staatssicherheitsdienst dem Imam vorwirft, ist nicht bekannt. Allerdings ist es nicht das erste Mal, dass die Große Moschee in Brüssel als Hort von Hasspredigern im Zentrum der Aufmerksamkeit steht. Schon 2015 wurde ein Geistlicher aus der Moschee des Landes verwiesen, weil er Verbindungen zu Dschihadisten gefördert haben soll. Im Februar musste sich der zweite Imam der Moschee vor dem Untersuchungsausschuss zu den Brüsseler Attentaten von März 2016 äußern.
Der CDH-Kammerabgeordnete Charles Dallemagne war damals bei der Anhörung dabei. Er sagt: "Der Geistliche hat gelogen". Er hat einmal gelogen als er die Tatsache verneint hat, dass es Verbindungen zwischen der Moschee und Dschihadisten im Irak und Syrien gibt. Diese Verbindungen gibt es, und einige dieser Dschihadisten haben sogar eine Ausbildung in der Großen Moschee bekommen. Ein zweites Mal hat er bezüglich der Finanzen gelogen. Er hat behauptet, dass die Große Moschee nicht durch internationale Gelder finanziert wird. Dabei erhält die Moschee ja bekanntlich Geld aus Saudi-Arabien.
Verfahrensfehler?
Im aktuellen Fall baut der Verteidiger des Imams auf eine Art Verfahrensfehler, den Francken bei seinem Ausweisungsbeschluss gemacht haben könnte. Denn, so sagt der Anwalt: vor der Ausweisung habe keiner seinen Mandanten, also den Imam angehört. Er hat sich nicht gegen die Vorwürfe verteidigen können. Und dass sei zumindest zurzeit noch gesetzeswidrig. "Der Herr Staatssekretär hat wahrscheinlich einem neuen Gesetz vorgreifen wollen. Dieses neue Gesetz erlaubt es tatsächlich, Menschen auszuweisen, ohne sie vorher anhören zu müssen. Aber gegen diesen Gesetzestext wird zurzeit vor dem Verfassungsgericht geklagt. Ich glaube, dass die Behörden und der Staatssekretär voreilig gehandelt haben", sagt der Anwalt.
Möglich, dass der Anwalt des Imams mit dieser Strategie durchkommt. Sechs Wochen wollen sich die Richter des Ausländergerichtshofs jetzt Zeit für ihren Urteilsspruch lassen. Doch egal, wie dieser ausfallen sollte: Francken will sich dadurch nicht beeinflussen lassen in seinem Vorgehen. Deutlich sagte er: "Ich werde weitermachen. Ausländische Imame, die Hass predigen, sind hier nicht willkommen. Ich werde diese Linie weiterverfolgen in meinem politischen Handeln."
Kay Wagner