Es könnte der lang ersehnte Durchbruch in den mittlerweile über dreißig Jahre dauernden Ermittlungen sein. Wie am Wochenende bekannt wurde, hat der Bruder von Christiaan B. erklärt, dass dieser ihm auf dem Sterbebett gestanden habe, der Riese der Killerbande von Brabant zu sein.
"Das sind wichtige Neuigkeiten", sagt der Kriminologe Cyrille Fijnaut. Ob das späte Geständnis allerdings ein Durchbruch sei, müssten die Untersuchungen ergeben. Entscheidend sei, ob die Aussagen des Bruders vertrauenswürdig seien.
Nach Informationen der VRT haben die Ermittler auch Einblick in die medizinische Akte des Mannes genommen. Es stellte sich heraus, dass er in den Jahren 1984 und 1985 war er immer zu den Zeitpunkten krank geschrieben war, wenn die Killerbande zuschlug.
Christiaan B. war seinerzeit Mitglied der Gendarmerie-Eliteeinheit Diane, der heutigen "Zentraldirektion Sondereinheiten" bei der Föderalen Polizei. Jetzt sollen seine ehemaligen Kollegen, die Ende der 70 und Anfang der 80er Jahre dabei waren, befragt werden.
Der Name war schon 1998 aufgetaucht, als ein Jugendfreund ihn auf den Fahndungsfotos erkannt und den Behörden gemeldet hatte. Christiaan B. verstarb 2015 an den Folgen seiner schweren Alkoholkrankheit.
Keine neue Spur
Die Killerbande von Brabant hatte in den 1980er Jahren bei bewaffneten Raubüberfällen für Angst und Schrecken und 28 Tote gesorgt. Nach dem blutigen Überfall auf einen Delhaize in Aalst mit acht Toten am 9. November 1985 endeten die Anschläge abrupt.
Der Verdacht, dass es sich bei den Tätern um sehr gut ausgebildete Mitglieder einer Spezialeinheit handeln könnte, stand schon immer im Raum. Dass es sogar Beamte der damaligen Gendarmerie gewesen sein könnte, ebenfalls.
Die Ermittlungen in Richtung Gendarmerie seien allerdings nicht gründlich, nicht kohärent und auch nicht schnell genug gewesen, sagt Kriminologe Cyrille Fijnaut, der die Arbeit der Parlamentarischen Untersuchungskommission zwei Jahre lang untersucht hat.
Ab 1982 habe man gegen Gendarmen und Einheiten der Gendarmerie ermittelt. Dutzende Beamte seien in den Fokus geraten. Ob der Betroffene unter den Verdächtigen war, weiß Fijnout nicht. Wundern würde es ihn allerdings nicht.
Andere Kenner der Affäre sind da skeptischer, beispielsweise die Journalistin Hilde Geens. Sie wundert sich, dass der "Riese" Gendarm gewesen sein soll. Das berühmte Phantombild Nummer 19 habe damals im ganzen Land gehangen - und sicherlich auch in jeder Gendarmeriewache.
"Der Mann soll also die ganze Zeit unter seinem Foto gesessen haben? Und weder er, noch seine Kollegen sollen ihn erkannt haben?", fragt Geens. Hilde Geens ist Autorin eines Buches über die Brabanter Killerbande, genauso wie ihr Kollege Dirk Barrez. Er ist erstaunt darüber, dass offensichtlichen Spuren nicht nachgegangen wurde. Christiaan B. war nicht nur Gendarm in Aalst, dem Ort des letzten Anschlags der Brabanter Killerbande, sondern auch Mitglied der Spezialeinheit Diane.
Schlampige Ermittlungen
Hinweise, dass Leute von Diane etwas mit der Killerbande von Brabant zu tun haben könnten, habe es schon lange gegeben, sagt Barrez. Dass man die Phantombilder der Killer nicht mit den Mitgliedern der Spezialeinheit verglichen habe, sei ein erneuter Beweis dafür, dass die Ermittlungen unglaublich schlecht durchgeführt wurden.
Hilde Geens sieht das ähnlich: Geständnisse und Aussagen habe es schon sehr oft gegeben, aber entweder landeten sie im Papierkorb oder endeten mit einem Freispruch.
"Ist das Unvermögen oder Unwille? Will man die Verbrechen nicht aufklären?", fragt Barrez. "Und wenn Christiaan B einer der Täter ist, wer waren dann die Auftraggeber? Wer steckte dahinter?" Er bleibt skeptisch: Nach 35 Jahren würde es ihn doch sehr verwundern, wenn man am Ende alle Einzelheiten erfahren würde.
Am Dienstagnachmittag wird sich Justizminister Koen Geens übrigens im Justizausschuss der Kammer den Fragen der Abgeordneten zu den jüngsten Ermittlungen im Fall der Killerbande von Brabant stellen. Die Grünen-Fraktion im Parlament hatte dies am Sonntag gefordert und äußerte sich erfreut, dass ihrem Antrag stattgegeben wurde.
Volker Krings - Bild: Belga