Ist es nun ein politischer Streik, oder nicht? Für den Chef des Arbeitgeberverbandes Pieter Timmermans, ist die Antwort eindeutig: "Klar, es ist zuallererst ein politischer Streik und erst in zweiter Linie ein Protest gegen Maßnahmen der Regierung. Denn im Prinzip", so Timmermans in der RTBF am Dienstagmorgen, "wenn man mit einer angekündigten Maßnahme nicht einverstanden ist, dann wird sich konzertiert. Und erst am Ende dieser Diskussion entscheidet man dann: Streik oder nicht."
"Für die sozialistischen Gewerkschaften liegt genau da der Hund begraben", sagte Michel Meyer, Nationalpräsident der sozialistischen Gewerkschaft für den öffentlichen Dienst CGSP. Die Föderalregierung habe die Gewerkschaften zu Konzertierungen eingeladen. Dabei ginge es aber nur um Kosmetik. Daraufhin hätten seine Mitglieder gesagt: "Es reicht, wir sind mit dieser Vorgehensweise nicht einverstanden." Also: Streik!
Für den Arbeitgeberchef Timmermans ist das aber nicht die Lösung. Wenn man zu einer Einigung kommen wolle, dann geht das auch. Schließlich habe die Geschichte gezeigt: Am Verhandlungstisch gibt es mehr zu gewinnen, als auf der Straße.
Vordergründig richtet sich der heutige Protesttag gegen verschiedene Maßnahmen der Föderal- und Regionalregierungen: Beamtenpensionen, Schwere Berufe, Personalkürzungen, Minimaldienst, etc… Premier Charles Michels heutige Rede zur Lage der Nation, seine Regierungserklärung fast auf den Tag genau drei Jahre nach Antritt seiner Mitte-Rechts-Regierung bietet da den willkommenen Anlass.
Der Tag ist absichtlich so gewählt und deshalb sei es irgendwie auch eine politische Aktion. "Streik ist dann, wenn man unzufrieden ist mit den Chefs, und die Regierung das sind nun mal die Chefs des öffentlichen Dienstes. Und wir sind unzufrieden mit ihnen", so Meyer.
Dass die sozialistischen Gewerkschaften die einzigen sind, die am Dienstag auf Straße gehen, stört Meyer nicht. Warum die andern nicht dabei sind? Ja, weil die christliche CSC die CD&V mit in der Regierung sitzen hat, und die liberale Gewerkschaft die MR. Das sei quasi ein "politischer Nicht-Streik", auch wenn man in der Kritik an der Regierung durchaus auf einer Linie sei. Angestellte und Arbeiter müssten das Versagen der Regierung ausbaden. Während auf der einen Seite die Unternehmenssteuern gesenkt würden, müsste der Angestellte, Arbeiter oder Beamte die Zeche zahlen.
Arbeitgeberchef Timmermans wehrt sich gegen die Kritik, die Michel-Regierung sei die Regierung der Arbeitgeber. Es sei vielmehr die Regierung der Arbeit. Er lädt die sozialistische Gewerkschaft dazu ein, wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Um so Lösungen zu finden für die Probleme, die beide Seiten betreffen: Arbeitgeber und Gewerkschaften.
Volker Krings - Bild: Anne Kelleter/BRF