Der Streikaufruf der sozialistischen Gewerkschaften CGSP und ACOD führt am Dienstag landesweit zu Störungen im Transportsektor, allerdings ist die Lage sehr unterschiedlich. Streikhochburgen sind Brüssel, Lüttich, Mons und Tournai.
An einigen Orten in der Provinz Lüttich und in der Provinz Hennegau blockieren Streikende Bahngleise. Infrabel versucht die Aktion mit Hilfe von Polizei und Gerichtsvollziehern zu beenden.
Nach Angaben eines Bahnsprechers fahren etwa 40 Prozent der Züge nicht. Allerdings ist die Wallonie von Störungen im Zugverkehr stärker betroffen als Flandern. In Flandern fahren zumindest auf allen großen Strecken Züge, auch von und nach Brüssel. In der Wallonie fahren hingegen auf einigen Strecken gar keine Züge, so zum Beispiel von Namur nach Brüssel.
Auch viele Beschäftigte der Öffentlichen Nahverkehrsunternehmen TEC, De Lijn und Stib beteiligen sich an dem Streik. In Brüssel ist der öffentliche Nahverkehr daher fast komplett lahm gelegt. Das Gleiche gilt für die TEC-Busse in vielen Provinzen, so auch im Raum Lüttich-Verviers. Aber nicht alle Busverbindungen sind von dem Streik betroffen. Insbesondere private Anbieter, die im Auftrag der TEC unterwegs sind, halten ihren Dienst in der Regel aufrecht.
Auch auf den Autobahnverkehr in Belgien hat der Streik Auswirkungen: Insgesamt staute sich der Verkehr auf einer Länge von 400 Kilometern. Davon entfiel mit 260 Kilometern der größte Teil auf Flandern. Das ist der bisherige Rekord im morgendlichen Berufsverkehr für das laufende Jahr.
Nach Gewerkschaftsangaben legt der Streik auch den Betrieb bei der Post teilweise lahm. In Lüttich, Namur und Charleroi würde die Post nicht ausgetragen, dort würden lediglich die Zeitungen zugestellt. Ebenso bei den Verwaltungen in den Öffentlichen Sozialhilfezentren, bei Polizei und Feuerwehr sowie in den Krankenhäusern, Schulen und Containerparks muss mit Arbeitsniederlegungen gerechnet werden.
Um ihre Solidarität mit den Forderungen der CGSP Gewerkschaft zu unterstreichen, beteiligen sich auch zahlreiche Medien an dem Streiktag. Um ihre Solidarität zum Ausdruck zu bringen, senden RTBF und VRT ihre Nachrichten nicht zur vollen Stunde, sondern einige Sekunden später. Ansonsten läuft der Sendebetrieb in den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten wie gewohnt.
Streik auch im Privatsektor
Der Streik im Öffentlichen Dienst ist auch schon auf den Privatsektor übergegriffen: Streikende haben am Dienstagmorgen das Audi-Werk in Brüssel lahmgelegt. Verschiedene Zweige der Metallgewerkschaften in der Wallonie hatten angekündigt, sich dem Streikaufruf anzuschließen, so auch in Brüssel.
Vor den Eingängen des Audi-Werkes stehen Streikposten. Ein Unternehmenssprecher hat bestätigt, dass die Produktion stillsteht.
Streik in Ostbelgien
Auch in Ostbelgien standen seit Dienstagmorgen 6 Uhr Gewerkschaftsmitglieder auf der Straße, um die Aktion zu unterstützen. Erste Station war das Busdepot in Kelmis. "Die Stimmung ist gut. Wir sind 40 Leute. Hier fahren keine Busse raus, hier fahren keine Busse rein", sagte CGSP-Regionalsekretärin Evi Niessen im BRF. Alles verlaufe sehr friedlich, so Niessen. Insgesamt betrachtet, wertete Niessen die Aktion schon am frühen Morgen als Erfolg.
Nach der Aktion in Kelmis nahm die CGSP die Lage am Bahnhof in Welkenraedt in Augenschein. Ihren Abschluss fand die Aktion vor dem Gebäude des BRF.
Stillstand gab es in Ostbelgien im Vergleich zum Landesinneren aber eher wenig. Die TEC-Busse blieben im Depot. Post und Bahnverkehr wurden teilweise lahm gelegt. Auch einige Containerparks blieben geschlossen. Bei Schulen und Verwaltungen gab es nur einzelne Streikteilnehmer. Vollständige Schließungen gab es hier nicht. Im Süden der Gemeinschaft war fast gar nichts zu spüren, da die Mitarbeiter von privaten Busunternehmern sich nicht an der Aktion beteiligten.
Trotzdem sind die Gewerkschaften mit dem Ergebnis zufrieden. Man habe das Ziel erreicht, den Schultransport im Norden der DG zu stören und teilweise bis zu 100 Personen bei den Kundgebungen gehabt. Wie viele Menschen insgesamt in der DG gestreikt haben, muss noch ausgewertet werden.
Hintergrund
Die sozialistischen Gewerkschaften in beiden Landesteilen haben einen Schwarzen Dienstag angekündigt. Die CGSP in der Wallonie und die ACOD in Flandern protestieren damit gegen die Pläne der Regierung von Premier Charles Michel. Die will im öffentlichen Dienst sparen.
Beispielsweise bei den Beamtenpensionen. Der Zugang zur Frühpension soll erschwert werden, die Arbeitszeit auf 67 Jahre verlängert werden. Studienjahre und Dienstjahre im Privatsektor sollen nicht mehr auf die Beamtenpension angerechnet werden. Generell sollen Ernennungen im öffentlichen Dienst drastisch reduziert werden. Dazu soll ein Minimaldienst bei Streiks, vor allem bei der Bahn garantiert werden.
Generell würden die Einsparungen und fehlende Investitionen im öffentlichen Sektor auf dem Rücken des Personals ausgetragen.
Fast auf den Tag genau drei Jahre nach Einsetzung der Regierung sind die sozialistischen Gewerkschaften auf Konfrontationskurs mit der Mitte-rechts-Regierung. Dabei sind sie jedoch isoliert. Die christlichen und liberalen Gewerkschaften CSC und CGSLB beteiligen sich nicht an dem Aktionstag.
vrt/rtbf/belga/sh/ake/dop - Bilder: Anne Kelleter/Melanie Ganser/BRF
Und mal wieder trifft es die, die nichts damit zu tun haben. Danke CGSP, du weisst dir "Freunde" zu machen. Und möge man mir nicht mit Solidarität kommen - nicht jeder vertritt die gleichen Ansichten und andersrum kennen die den Begriff "Solidarität" ja auch nicht.
Nach dem Motto 'mit dem öffentlichen Dienst habe ich "nichts zu tun"' ist das blödsinnigste Argument, das man geben kann. Sie sind ein belgischer Staatsbürger oder Aufenthaltsberechtigter, also betrifft sie alles, was den öffentlichen Dienst betrifft. Oder glauben Sie, alles im Leben regelt sich von selbst? Ohne die Einbettung ihres alltäglichen Lebens in öffentliche Dienste hätten sie keinen Strom, kein Wasser, kein Auto, kein Dach über dem Kopf, keine Straßen, kein Internet, keinen Flug in den Urlaub, keine sicheren Lebensmittel, keine Sicherheit im Alltag, keinen Schutz vor Willkür und Terrorismus, keine Bewegungsfreiheit, keine Meinungsfreiheit, keine Gleichberechtigung, und vor allem keinen Anspruch darauf, die Hand aufzuhalten und auf die Solidarität ihrer Mitbürger zu zählen, wenn ihre Existenz bedroht ist. Sie sollten verstehen, dass es um ein höhereres Gut als ihre eigene Bequemlichkeit geht. Die CGSP will keine "Freunde" machen, sondern das Allgemeinwohl sicherstellen. Also auch ihr Wohl!
Hier will ja niemand den öffentlichen Dienst zerstören, auch die Regierung nicht. Das in der Ecke aber gerade in unserem Land gesparrt werden muss und kann steht für mich außer Frage. Wer soll das denn alles zahlen, was wir uns hier erlauben? Die hohe Steuerlast die wir derzeit haben gefällt ja auch niemandem.
Das man dabei hier oder da über die Stränge schlägt stimmt leider & das gehört korrigiert, aber nicht so. Zumal das in meinen Augen auch ein politischer Streik ist, und den kann ich einfach nicht mittragen - ich steh immerhin dahinter. Wem die Geschehnisse nicht passen: bald folgen wieder Wahlen, und dann steht jedem frei daran etwas zu ändern - die Mehrheit gewinnt & dann ist das so.
Wem die Parteien nicht gefallen: jeder kann selber eintreten, sich für Dinge einsetzen oder eben eine eigene gründen & es besser machen. Die Gewerkschaften sind aber nicht demokratisch legitimiert.
Wenn man sich die Gewerkschaftsvertreter anhoert, scheint es aber eher darum zu gehen, andere bei der Arbeit zu stoeren. Das wird doch als Erfolg gewertet. Gewerkschaften haben sicherlich ihre Daseinsberechtigung aber nicht als Geiselnehmer, Schlaeger, Krawallmacher, Zerstoerer als was sie sich selber oft darstellen.
Uebrigens, dieser Streik geht wie in den letzten Jahren gegen unsere Regierung. Dafuer hat die Demokratie aber schon ein anderes Instrument vorgesehen. Es nennt sich “Wahlen”. Die Mehrheit hat fuer diese Regierung gestimmt, da sollte auch die Minderheit gewaltbereiter Krawallmacher nicht drueber hinwegtaeuschen.
Herr Jonas, bezüglich "was man sich alles erlaubt": ich glaube kaum, dass öffentliche Dienste in Saus und Braus leben und das Geld zum Fenster hinausschmeißen - dazu müssten sie zuerst einmal überhaupt Geld haben, was aber dank des blinden Sparkurses der Regierung unter Federführung der NV-A nicht der Fall ist. Die Taktik der NV-A ist eine Unterfinanzierung von Schlüsselbereichen des öffentlichen Sektors und Aneignung von Kernministerien des Staats (Inneres, Finanzen, Verteidigung, Wissenschaftspolitik, usw.) um den Staat von innen auszuhöhlen und besser regionalisieren zu können, als Vorstufe zur flämischen Unabhängigkeit. Also: ja, man (NV-A) will die öffentlichen Dienste zerstören, nur manche (MR) sind zu naïv es zu sehen oder nehmen es billigend in Kauf, um an der Macht zu sein.
Wenn Zugführer streiken fahren Züge nicht - das ist keine Geiselnahme, sondern eine Reaktion auf verschlechterte Arbeitsbedingungen und die bewusst macht, wie wichtig diese öffentlichen Funktionen sind, die gebührend wertgeschätzt werden sollten.
Man kann es nennen wie man will, diese Streiks in der jüngeren Geschichte sind nur politisch motiviert.
Die Gewerkschafts-Bonzen sollen verhandeln, denn dafür sind sie gewählt worden.
Mit diesen Streiks, schadet man dem Land und somit auch der Bevölkerung.
Und vor allem finde ich diese Streikposten ein absolutes Unding, wenn jemand arbeiten will, darf niemand ihm den Weg zur Arbeit verweigern. Das ist ganz unterste Schublade und militanter Aktionismus der "Arbeitervertretungen".