Was war das damals noch ein Wirbel, als im September 2000 im Antwerpener Stadtteil Borgerhout eine Babyklappe eingerichtet wurde. "Das wird doch nur einen Ansaugeffekt erzeugen", hieß es damals.
Die Kritiker befürchteten jedenfalls, dass eine solche Klappe nur dafür sorgen werde, dass immer mehr Frauen ihr Kind diskret abgeben. Das ist nicht passiert. Bis 2016 war der Alarm in der Klappe erst neun Mal ertönt. Im Durchschnitt war das ein Findelkind alle zwei Jahre.
Seit einigen Monaten hat sich das aber spürbar geändert. Im Winter lag die kleine Anna in der Baby-Klappe. Und in den letzten fünf Monaten kamen nochmal gleich drei Jungs hinzu. "Drei gesunde Babys waren es", sagte Katrin Beyer von der Organisation Moeders voor Moeders in der VRT. "Drei Jungs, die natürlich schnell auch Namen bekommen haben. Wir haben einen Theo, einen Simon und einen Felix."
So eine Häufung haben die Frauen von der Organisation Moeders voor Moeders auch noch nicht erlebt. "Und jedes Mal sind wir in unseren Gedanken auch bei der Mutter", sagt Katrin Beyer. "Was muss die Frau für innere Konflikte durchlebt haben, bevor sie die Entscheidung getroffen hat, ihr Kind hier in diese Schublade zu legen."
Warum in den letzten Monaten gleich vier verzweifelte Frauen ihr Kind abgelegt haben, über die möglichen Gründe kann man allenfalls spekulieren. Für Katrin Beyer von der Organisation Moeders voor Moeders ist eben die Anonymität aber immer noch der entscheidende Faktor.
Anonym oder "diskret"
Eine "diskrete Geburt" - die Mutter hinterlässt ihre persönlichen Daten, um es dem Kind zu ermöglichen, eines Tages mit ihr Kontakt aufzunehmen - als Alternative wird in ihren Augen nicht funktionieren. "Die Frauen, die ihre Kinder bei uns abgeben, würden auf dieses Angebot nicht eingehen. Die wollen um jeden Preis anonym bleiben", sagt Katrin Beyer. Die Babyklappe sei keine Patentlösung, aber immer noch besser als ein Gebüsch oder ein Mülleimer.
"Die Klappe schafft kein Problem, sie löst eins", das ist die Botschaft. Ein Problem, das sich natürlich längst nicht auf den Großraum Antwerpen beschränkt. Wegen der Anonymität gibt es natürlich kein genaues Bild. "Aber wir bekommen auf unserer Beratungshotline oft Anrufe auf Französisch. Auf dieser Grundlage kann man behaupten, dass die große Mehrheit der Fälle nicht aus dem Raum Antwerpen kommt."
Vor diesem Hintergrund kann Katrin Beyer nur bedauern, was gerade in der Brüsseler Stadtgemeinde Evere passiert ist. Dort war ein vergleichbares Projekt geplant - die zweite belgische Babyklappe. Die war sogar schon eingeweiht, als die Stadtverwaltung das Projekt doch noch stoppte.
Der Bürgermeister versteckte sich da hinter dem geltenden Recht. Laut Gesetz sind anonyme Geburten verboten. Und die Klappe sei demzufolge eine "Anstiftung zu einer Straftat".
In Antwerpen kennt man dieses Argument. "Uns wäre es auch lieber, wenn unsere Babyklappe wirklich die letzte aller Möglichkeiten wäre", sagt Katrin Beyer. Zwischen Adoption und Babyklappe müsse es noch weitere Möglichkeiten geben. Statt einer "diskreten" Geburt sollte es Frauen ermöglicht werden, in aller Legalität anonym ihr Kind zur Welt zu bringen - ohne die Auflage, ihre persönlichen Daten preiszugeben.
"Und wissen sie was?", sagt Katrin Beyer. "Oft ist es so, dass die jungen Mütter nach der Geburt dann doch ihren Namen hinterlassen."
Roger Pint - Bild: Jonas Roosens/Belga