Die Ausgangslage war klar: Die Opposition würde schimpfen und eventuell den Rücktritt von Francken fordern. Francken würde gar nichts sagen, denn er ist zurzeit in New York, um dort bei den Vereinten Nationen für einen Sitz Belgiens im UN-Sicherheitsrat zu werben. Vertreten wurde Francken durch Parteifreund und Innenminister Jan Jambon. Man konnte gespannt sein, was er im Namen Franckens so sagen würde.
Doch zunächst war die Opposition dran. Wouter De Vriendt für Groen rief den Stein des Anstoßes nochmal in Erinnerung. "Während der sudanesische Diktator Ahmad al-Bashir vom Internationalen Strafgerichtshof gesucht wird, werden seine Handlanger von Theo Francken in unser Land geholt. So etwas gab es noch nie", sagte er. Die Zusammenarbeit mit einer Diktatur sei ein gewissenloses Vorgehen. Die Menschen, die vor dem Diktator geflohen sind, würden jetzt durch seine Mitarbeiter identifiziert, quasi verraten von Belgien. Das passt nicht zu unseren üblichen Normen. Demokratische Widerständler gegen Diktatoren müssen wir beschützen, nicht verraten.
Auch die CDH-Abgeordnete Catherine Fonck wurde sehr deutlich. "Wir kennen das Regime im Sudan. Wir kennen auch Herrn Theo Francken. Und wenn diese beiden eine Abmachung treffen, ohne jegliche Transparenz, dann ist das Grund genug, beunruhigt zu sein. Das ist wie wenn der Teufel mit dem Teufel einen Pakt schließt", sagte sie. Und die PS-Politikerin schmetterte, an Jambon gewandt, in den Raum: "Entfernen Sie Francken aus dieser Regierung und geben Sie unserem Rechtsstaat seine Würde wieder!"
N-VA-Fraktion verlässt den Sitzungssaal
Als Benoît Hellings von Ecolo ans Mikrofon trat, verließen die N-VA Abgeordneten geschlossen als Fraktion den Raum. Damit protestierten sie gegen die Nazi-Karikatur von Ecolo J. Ecolo hatte sich von dieser Aktion der Jugendsektion distanziert, aber nicht dafür entschuldigt.
"Sie stehen wegen einer Karikatur auf, ja?", fragte Hellings provokativ. Und fügte hinzu: "Sie müssten jedes Mal aufstehen, wenn die Menschenrechte in diesem Land verletzt werden, und woanders."
Wouter De Vriendt bezeichnet das als ein politisches Spiel, ein politisches Theater der N-VA. Doch Patrick Dewael von der Open VLD stärkte dem Koalitionspartner den Rücken. Was er da gestern gesehen habe, diese Fotomontage von Theo Francken, dafür habe er nur ein Wort: ekelig, abscheulich. So etwas mache man einfach nicht.
Rückendeckung von Jambon
Damit war auch die Aktion von Ecolo J angesprochen worden, und Jan Jambon konnte endlich antworten. Bei allen Fragen der Abgeordneten hatte er ruhig zugehört, sich keine Notizen gemacht, und als er dran kam, zog einen fertigen Text aus einer Hülle und begann zu lesen. "Zustände, wie im Dschungel von Calais", so Jambon, "darf es niemals in unserem Land geben. Niemals. Und das ist die Meinung der ganzen Regierung."
Es sei internationaler Standard, dass man bei der Identifikation von Menschen, die keine Papiere hätten, mit den Herkunftsstaaten zusammenarbeite. Delegationen solcher Staaten seien auch in der Vergangenheit schon in Belgien gewesen. Auch Frankreich habe im Februar mit dem Sudan zusammengearbeitet. Das hat zur Ausstellung von elf Durchreisebescheinigungen geführt.
In unseren heutigen Zeiten sei es fundamental wichtig zu wissen, wer sich in unserem Land befindet, sagte Jambon auch. "Und ich will mit dieser Botschaft schließen, dass ich und die komplette Regierung wie ein Mann hinter der Politik von unserem Staatssekretär stehen", endet Jambon.
Klar, dass die Oposition damit nicht zufrieden war. "Für uns ist die Debatte damit nicht vorbei", sage De Vriendt. Nächste Woche Dienstag soll Premierminister Charles Michel zu der Sache Stellung nehmen.
Kay Wagner - Bild: Nicolas Maeterlinck/BELGA