Alles Bitten hat bislang nichts genutzt. Der Bürgermeister von Schaerbeek, Bernard Clerfayt, auf dessen Gemeindegebiet der Brüsseler Nordbahnhof liegt, hat bereits mehrmals an Asylstaatssekretär Theo Francken appelliert. Francken solle doch bitte dafür sorgen, dass ein Aufnahmelager für die vielen Flüchtlinge eingerichtet werde, die wild im Nordbahnhof campen. Die Lage sei nicht haltbar.
Doch an Francken prallen diese Bitten ab. Francken begründet: Diese Menschen wollen nicht in Belgien bleiben, sie wollen weiter nach Großbritannien reisen. "Ich werde keine Auffanglager für illegale Migranten bauen." Man sollte sie aufgreifen und zurückschicken, wenn sie nicht freiwillig gehen. Deshalb ist auch nichts gemacht worden bisher. Noch immer ist die Situation im Nordbahnhof eigentlich unhaltbar.
In Schlafsäcken auf dem Boden
Ein Fernsehteam der VRT hat sich dort jetzt umgeschaut. Mittags gegen 13:00 Uhr filmten sie dort Dutzende Menschen, die in Schlafsäcken auf dem Boden lagen. Die Sanitäranlagen waren verdreckt, stanken stark nach Urin. Allein konnte sich das Team nicht bewegen, es wurde von zwei Polizisten begleitet - zur Sicherheit.
Mit dabei war auch Bob Pleysier. Der Rentner hatte jahrelang als leitender Beamter im Föderalen Amt für Asyl gearbeitet. Er sagt: "Ich denke, dass man hier zu drastischen Maßnahmen greifen muss. Man kann nicht tolerieren, dass hier 700 Menschen ohne Papiere rumhängen. Ich weiß nicht, wie das sein kann, wie die Anwohner das aushalten. Meiner Meinung nach müsste man den Menschen, die Ausweispapiere haben, sagen: Verlasst diesen Ort freiwillig. Und von denjenigen, die keine Papiere hat, nimmt man die Fingerabdrücke auf. Damit sind sie im europäischen System registriert."
Bei den Flüchtlingen im Nordbahnhof wird dieser Vorschlag wohl kaum auf Gegenliebe stoßen. Das bestätigen die Aussagen des afrikanischen Flüchtlings, der dem VRT-Team Antworten gab. Er sagt, dass er sich in Italien darum bemüht habe, Asyl zu erhalten. Doch da habe man ihm gesagt: "Du kannst natürlich Asyl in Italien beantragen. Aber nach vier, fünf Monaten werden wir dich rausschmeißen. Ohne Geld, ohne Zuhause. Für mich heißt das: Sie raten mir, das Land zu verlassen." Und so sei er eben nach Belgien gekommen. Auch hier würde er bleiben, eigentlich in jedem Land, das ihn aufnehmen würde. Aber, so sagt er: "Wenn ich in die Länder komme, sagen sie mir: Dein Fingerabdruck ist schon registriert. Wir können dich nicht aufnehmen."
Hilfe von zahlreichen Freiwilligen
Also wird er weiterreisen. Beim Überleben am Nordbahnhof und im Maximilianpark helfen ihm und den anderen Flüchtlingen zahlreiche Freiwillige, die sich vor allem aus humanitären Gründen für die Menschen einsetzen. Wie diese Dame von der kleinen Gruppe Cuisto Solidaire, über deren Arbeit die RTBF im August einen Bericht gedreht hat. Die Frau bereitet täglich Sandwiches für die Flüchtlinge vor. Sie hat ein Lösung für das Problem: "Mein Traum ist es", sagt sie, "dass jeder Straßenzug sich um einen Flüchtling kümmert. Das würde mit Sicherheit klappen. Überall gibt es sicher mal ein leerstehendes Haus, ein leerstehendes Zimmer. Oder man stellt das Zimmer eines Kindes zu Verfügung, das ausgezogen ist, Man könnte die Dinge wirklich einfach gestalten. Wir haben alle Möglichkeiten dazu."
Und auch der Straßenreiniger, der regelmäßig am Maximilianpark sauber macht, hat eher eine humane Lösung für das Problem bereit. "Es ist nicht einfach, hier zu arbeiten. Es sind viele Einwanderer hier, viele Flüchtlinge. Also auch viel Schmutz und Dreck. Sie hoffen, nach England zu kommen. Ich denke, wir sollten ihnen dabei helfen, nach England zu gelangen. Man könnte ihnen vielleicht sogar ein Schiff zur Verfügung stellen. Aber auf jeden Fall sollte man sie nach England durchlassen", sagt er.
Kay Wagner - Bild: Laurie Dieffembacq/BELGA
Auch Belgien hat Flüchtlinge aufzunehmen. Nicht einfach alles abwälzen auf Deutschland und Schweden!