War das nun Arbeitsverweigerung? Politisches Kalkül? Oder einfach nur unverschämt? Tatsache ist: Die Sondersitzung zum Eierskandal der beiden Kammerausschüsse Wirtschaft und Volksgesundheit hörte am Donnerstagabend mit einer Überraschung auf. Denn noch bevor am Ende der Aussprache über das weitere Vorgehen abgestimmt werden konnte, hatten die Mitglieder der Regierungsparteien den Saal bereits verlassen. Eine Abstimmung war deshalb nicht mehr möglich. Frage: Was sollte das?
Es passt zumindest in das Bild, das die beiden anwesenden Minister zuvor in der Sitzung abgegeben hatten. Die Botschaft von Landwirtschaftsminister Denis Ducarme und Gesundheitsministerin Maggie De Block war unausgesprochen eindeutig: Wir haben alles im Griff, die Sache ist bei uns bestens aufgehoben und eigentlich auch schon fast erledigt.
Denn Fipronil in belgischen Eiern braucht keiner mehr zu fürchten. Das sagte jedenfalls Ducarme. "Wir kommen Schritt für Schritt aus der Fipronil-Krise heraus", so der MR-Minister. "In den belgischen Eiern, die jetzt auf dem Markt sind, ist garantiert kein Fipronil mehr drin."
Nichts anderes bestätigte Maggie De Block. Sie sagte: "Alle Ergebnisse zeigen, dass es nie eine Gefahr für die Volksgesundheit gegeben hat. Deshalb kann jeder ungefährdet in aller Ruhe morgens zum Frühstück ein leckeres gekochtes Ei genießen."
Fipronil schon im September in belgischen Eiern
Kein Problem war für die Minister, dass zuvor der Chef der Agentur für die Sicherheit der Nahrungsmittelkette Afsca zugegeben hatte, dass schon im September 2016 Fipronil in belgischen Eiern vorhanden war. Das hätten nachträgliche Proben ergeben, teilte Herman Diricks mit. Ein Aufreger war das nicht. Zumal die Konzentration von Fipronil damals wohl auch weit unter dem Wert lag, der nach EU-Vorgaben bedenklich für den Menschen sein könnte.
Kein Problem auch für Ducarme, den Abgeordneten keinen Einblick in den Afsca-Bericht zu geben, den Afsca noch für Ducarmes Vorgänger Willy Borsus angefertigt und diesem am 25. Juli übergeben hatte. Hatte Ducarme die Einsicht in der ersten Sondersitzung der Ausschüsse noch mit dem Argument zurückgewiesen, dass er ein Hexenjagd auf Borsus verhindern wollte, so versteckte sich Ducarme jetzt hinter dem Untersuchungsrichter. Der habe ihn gebeten, so Ducarme, den Bericht nicht zu veröffentlichen, um die laufenden Ermittlungen nicht zu gefährden. Daran wolle er sich halten, so Ducarme. Man dürfe die Ermittlungen nicht behindern.
Auch ein anderes Dokument wollte Ducarme den Abgeordneten nicht geben. Das Dokument sei im Internet veröffentlicht, da könne man sich das ja anschauen, so der Minister. Eine gute Zusammenarbeit mit dem Ausschuss sieht sicherlich anders aus.
Belgien als Saubermann
Und Ducarme scheint daran auch nicht wirklich interessiert. Vielmehr ist Schulterklopfen sein Ding. "Wir gehören zu den ganz wenigen Ländern in Europa, die Tests in allen Betrieben mit Hühnerhaltung und Eierproduktion durchführen konnten", sagte Ducarme. "Und es sei daran erinnert, dass bislang insgesamt 18 europäische Länder von der Krise betroffen sind."
Belgien als Vorbild, Belgien als Saubermann - dieses Bild gefällt Ducarme. Und seine Regierungsmehrheit in den Ausschüssen hatte die Botschaft verstanden. Noch eine Sitzung im August zum Eierskandal? Ach nein, lieber nicht. September wird reichen. Regierung und Afsca sollten lieber mal in Ruhe die Sache weiterverfolgen. Und eine Anhörung von Borsus im Ausschuss? Auch das nicht nötig, findet die Mehrheit.
Die Opposition hingegen tobte. "Diese Selbstzufriedenheit der Regierungsmitglieder wird der Sache nicht gerecht", wetterte der Ecolo-Fraktionsvorsitzende Jean-Marc Nollet. Das Verhalten der Minister und der Mehrheit sei ein Versuch, Verantwortlichkeiten aus der Vergangenheit zu vertuschen. Zu viele Fragen seien noch offen. Würden sie nicht geklärt, wäre das auch ein Schlag ins Gesicht der Verbraucher.
Kay Wagner - Bilder: John Thys (AFP)/Eric Lalmand (BELGA)