Der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte, kam per Twitter. Ende Juli postete Prinz Laurent ein Foto. Geschossen wurde das Bild am 19. Juli. Zu sehen sind acht Männer und Frauen, die eine große Geburtstagstorte anschneiden: chinesische Militärangehörige, aber auch Prinz Laurent selbst, der eine Marineuniform trägt.
https://twitter.com/Laurent_of_B/status/891222981506203648
Dieses Foto sorgt jetzt für Wirbel. Das Problem sind Ort und Anlass. Der Ort, das ist die chinesische Botschaft in Brüssel. Und Anlass ist ein Empfang zum 90. Jahrestag der Gründung der chinesischen Volksarmee. "Beides zusammen ergibt eine Veranstaltung mit zumindest offiziellem Charakter", sagte auch der Staatsrechtler Xavier Miny in der RTBF. Untermauert wird der Eindruck noch durch die Uniform eines "Kapitäns zur See", die Laurent trägt.
Für genau solche Anlässe gilt aber seit 2013 für alle Mitglieder der Königsfamilie ein Verhaltenskodex. Im Grunde könnte der Text den Titel "Laurent-Gesetz" tragen, zustande gekommen ist der Kodex nämlich eigentlich als eine Konsequenz aus dessen ständigen Entgleisungen und Fehltritten.
Der Verhaltenskodex besagt unter anderem, dass Kontakte von Mitgliedern der Königsfamilie mit ausländischen Amtsträgern vorab von der Regierung genehmigt werden müssen. Genau das hat Prinz Laurent aber offensichtlich nicht getan. Und für einen solchen Fall sieht der Kodex tatsächlich auch potentielle Sanktionen vor. Demnach kann die Regierung dem Parlament vorschlagen, "eine Beschneidung der dem Betreffenden zugewiesenen staatlichen Dotation vorzunehmen".
Die Regierung hat also die Möglichkeit, dem Prinzen ganz oder teilweise zu staatlichen Zuwendungen zu streichen. Im Moment bekommt Prinz Laurent eine Dotation von jährlich 300.000 Euro.
Prinz Laurent gab zu seiner Verteidigung an, dass es sich um eine "rein private" Einladung gehandelt habe. Nur ist ein Prinz eben keine normale Privatperson. Und genau das ist offensichtlich auch die Lesart von Premierminister Charles Michel. Dem Regierungschef muss jedenfalls irgendwann in den letzten 24 Stunden der Geduldsfaden gerissen sein. Michel will besagten Artikel aktivieren. Prinz Laurent soll bestraft werden.
Reihe von Fettnäpfchen
Das kommt nicht aus heiterem Himmel. Prinz Laurent hat in den letzten 20 Jahren wohl der Reihe nach alle Premierminister irgendwann mal in die Bredouille gebracht. Mal hatte er ein skurriles Aufforstungsprojekt im Libyen von Kolonel Gaddafi angeleiert, 2007 musste Laurent vor Gericht erscheinen, weil die von ihm bewohnte Villa Clémentine mit abgezweigten Marinegeldern renoviert worden war, 2011 war der Prinz hinterm Rücken der Regierung mit dem kongolesischen Präsidenten Joseph Kabila zusammengetroffen, denkwürdig war auch die Geschichte, als er seinen Ski-Urlaub als berufliche Kosten von der Steuer absetzen wollte.
Trotz aller Warnungen ging es weiter von einem Fettnäpfchen ins andere. Ende letzten Jahres musste Charles Michel dem Prinzen wieder die Leviten lesen, weil Laurent unerlaubterweise mit dem Premierminister von Sri Lanka zusammengetroffen war. Noch ein aller letztes Mal erinnerte Michel den Prinzen an die geltenden Regeln.
Irgendwann ist das Maß voll. Zumal es vor der Geschichte mit der chinesischen Geburtstagstorte anscheinend schon einen "Beinahe-Eklat" gab. Nach Informationen der Zeitung Le Soir wäre Laurent um ein Haar auf einer Veranstaltung von Anhängern des türkischen Präsidenten Erdogan aufgetreten. Erst im letzten Moment bekam die Regierung Wind davon. Der Termin wurde abgesagt.
Gefundenes Fressen
"Schluss jetzt!", sagt jetzt also der Premier. Das offensichtlich mit dem Segen des Palastes, wo anscheinend auch eine Hutschnur geplatzt ist. Doch haben die Koalitionspartner da gleich ihre Kettenhunde losgelassen. N-VA-Fraktionschef Peter De Roover etwa sprang gleich in die Bresche und machte klar: "Geht es nach uns, dann kriegt Prinz Laurent ab jetzt nichts mehr."
Bei den beiden anderen flämischen Regierungsparteien, OpenVLD und CD&V, hört man da kaum gemäßigtere Töne. Laurents Dotation ist offensichtlich zum Abschuss freigegeben. Charles Michel will seinerseits offensichtlich nicht gleich die Atombombe auspacken. Im Raum steht eine Beschneidung der Dotation um zehn Prozent, immerhin 30.000 Euro.
Laurent die Dotation ganz zu streichen, davor warnen im Übrigen auch Experten. Wenn man ihm den Geldhahn zudreht, so heißt es, dann fühle sich Laurent an keinerlei Regeln mehr gebunden. Und dann gerade er womöglich definitiv außer Kontrolle.
Prinz Laurent also wieder in seiner Paraderolle: als Enfant terrible des belgischen Königshauses.
Roger Pint - Bild: Thierry Roge/Belga