Umfragen kommentiere er nie, geschweige denn, wenn sie von der MR bezahlt wurden. Und doch dürfte Elio Di Rupo die Zahlen durchaus registriert haben, die die Zeitung L'Echo da am Samstag veröffentlicht hat. Die PS bei 16 Prozent - das Ergebnis würde dadurch buchstäblich halbiert.
Doch warum sagt der PS-Vorsitzende, dass die Umfrage von der MR bezahlt worden sei? Nun, weil es so ist. Das hatte L'Echo am Samstag auch ausdrücklich eingeräumt. Die frankophonen Liberalen hätten besagte Umfrage in Auftrag gegeben und auch die Kosten übernommen. Dies allerdings aus einem einzigen Grund, nämlich, weil das Politbarometer von RTBF und La Libre Belgique offensichtlich annulliert wurde.
Doch das ist eine andere Geschichte. Ob nun mit oder ohne Umfrage: Jeder, auch die PS, spürt, dass es für die Sozialisten im Moment nur nach unten gehen kann. Publifin, ISPPC, Samusocial - die jüngsten Affären waren wohl "die Skandale zu viel". "Klar haben wir schon bessere Zeiten erlebt", sagte auch die PS-Spitzenpolitikerin Laurette Onkelinx. "Wir wollen aber die Krise als Chance sehen für eine interne Revolution."
"Interne Revolution"
Und diese "interne Revolution", die stand am Sonntag auf dem Programm. Sonderparteitag an den "Lacs de l'Eau d'Heure", dem größten künstlichen See der Wallonie. Dort sollte eigentlich nur der traditionelle "Familientag" stattfinden. Aus aktuellem Anlass wurde aber die Reformagenda auf die Tagesordnung gesetzt.
Im Zentrum: ein "Kumulationsverbot". Frage war nur: Welche Art der Häufung man sich selber verbieten wollte. Zwei Optionen lagen auf dem Tisch. Entweder, man verbietet sämtliche Ämterhäufung, also nach der Formel: "Ein Politiker, ein Mandat". Oder eben, man sagt: Ein Politiker darf doch immer noch mehrere Ämter bekleiden, seine Bezüge werden aber gedeckelt, er kann also seine finanziellen Entschädigungen nicht grenzenlos anhäufen. PS-Präsident Di Rupo gab das Ergebnis über Facebook-Livestream bekannt. Presse war nämlich im Saal nicht zugelassen.
Die Parteibasis entschied sich also für ein Verbot der "Gehälterkumulation". Für sämtliche Bezüge gilt eine Obergrenze, und zwar das Gehalt eines Parlamentariers. Hinzu kommt: Bei Gemeinden ab 50.000 Einwohnern greift dann doch ein parteiinternes Verbot der Ämterhäufung. Heißt konkret, dass man das Amt des Bürgermeisters nicht mehr gleichzeitig mit dem Mandat als Parlamentarier ausüben darf. Das alles greift also spätestens nach der Kommunalwahl im kommenden Jahr.
Kein Verbot von Ämterhäufung
So weit, so gut. Doch ist das immer nur die schwächere der beiden Optionen, die auf dem Tisch lagen. Viele, insbesondere an der Basis, hatten für ein generelles Verbot von Ämterhäufung plädiert, eben: ein Politiker, ein Mandat. Der amtierende wallonische Ministerpräsident Paul Magnette hatte öffentlich auch diese Variante bevorzugt. Dass die Delegierten sich am Ende doch gegen diese "absolute Lösung" ausgesprochen haben, nun, dafür gibt es anscheinend eine Erklärung: Es seien eben die Mandatsträger gewesen, die sich offenbar nicht selbst ihre Ämter amputieren wollten.
An der Basis ist man dagegen unzufrieden: Die "kleinen Parteimitglieder" reagieren eher zurückhaltend, manche auch wütend, enttäuscht in jedem Fall darüber, dass die Partei am Ende nicht den Willen oder die Kraft hatte, konsequent mit der Vergangenheit zu brechen.
PS-Chef Elio Di Rupo wollte das alles nicht kommentieren. Das sei nunmal die Entscheidung der Basis. Und er als Präsident könne jetzt doch nichts anderes erzählen als das, wofür sich die Mitglieder entschieden haben.
Für die Partei unglücklich, um nicht zu sagen gefährlich ist dabei die Tatsache, dass das Votum recht knapp ausfiel: 52 zu 48. Von einer drohenden Spaltung könne aber keine Rede sein, sagt Di Rupo: Man könne doch schonmal unterschiedlicher Meinung sein, Hauptsache, das Kumulationsverbot komme. Und damit will die PS jetzt also die Seite umblättern und wieder nach vorne blicken. Die parteiinternen Risse allerdings, die bleiben. Und auch die Fassade ist wohl noch nicht wiederhergestellt.
Roger Pint - Bild: Nicolas Maeterlinck/BELGA