"Ja, in der Tat: Der Nato-Gipfel am kommenden Donnerstag ist schon ein außergewöhnliches Ereignis", räumt Premier Charles Michel ein. "In Belgien haben wir zwar Erfahrung mit internationalen Veranstaltungen, aber das ist schon eine Klasse für sich." Und, in der Tat: Staats- und Regierungschefs aus 28 Staaten werden erwartet - und darunter sind wirkliche Schwergewichte: allen voran US-Präsident Donald Trump. Allein wegen seiner Präsenz in Brüssel gilt maximale Sicherheitsstufe.
Trump wird schon am kommenden Mittwoch anreisen. Mittwochabend soll die Airforce One am Brussels Airport landen. Und da würden schon gewaltige Sicherheitsvorkehrungen getroffen, sagt Arnaud Feist, Geschäftsführer des Brussels Airport. Unter anderem werde bei der Ankunft des amerikanischen Präsidenten der komplette belgische Luftraum gesperrt. Dadurch werde es aber allenfalls zu leichten Verspätungen im Flugbetrieb in Zaventem kommen.
400 Mitarbeiter des Secret Service begleiten Trump
Wie gewohnt, werden die Amerikaner auch diesmal nichts dem Zufall überlassen. Unter anderem haben sie die acht Tonnen schwere, gepanzerte Limousine des Präsidenten im Gepäck, plus dann nochmal 400 Mitarbeiter des Secret Service. Wohin sich der Tross dann in Bewegung setzten wird: Fragezeichen. Es heißt, Trump werde nicht, wie sein Vorgänger Obama, in einem Hotel übernachten, sondern in der amerikanischen Botschaft in unmittelbarer Nähe des Brüsseler Parks.
Da Trump nunmal aus diversen Gründen nicht ganz unumstritten ist - um es mal diplomatisch auszudrücken -, ist schon im Vorfeld mit Protesten zu rechnen. Unter anderem am Mittwoch ist eine Kundgebung geplant. Spontanaktionen sind wohl auch nicht auszuschließen. Entsprechend groß wird dann auch das Aufgebot an Polizisten sein.
Bei all dem gelte es aber auch, dafür zu sorgen, dass der Verkehr in der Hauptstadt nicht vollends zusammenbricht. Das ist insbesondere Sache der verschiedenen lokalen Polizeizonen. Die Polizeizone Brüssel-Ixelles wisse, was da auf sie zukomme, sagte Sprecherin Ilse Van der Keere in der RTBF.
Fokus auch auf Erdogan gerichtet
Neben Trump richtet sich der Fokus auch auf den türkischen Präsidenten Erdogan. Bei ihm gibt es neben den Sicherheitserwägungen noch einen anderen Aspekt, der die Behörden beschäftigt. Erdogan hat in der Vergangenheit häufig solche Termine benutzt, um vor Sympathisanten zu sprechen. Seit dem Verfassungsreferendum in der Türkei und dem vorangegangenen Wahlkampf sind solche Termine aber "problematisch". Darauf angesprochen erklärte Premier Charles Michel, dass man diese Möglichkeit auf dem Schirm habe. "Wir sind bemüht, Einzelheiten über den Terminplan einzelner Staatschefs in Erfahrung zu bringen", sagte Michel. Man habe da auch Ereignisse vor Augen, die sich in der Vergangenheit im In- und Ausland abgespielt haben.
Zwischen den Zeilen spielt Michel hier wohl auf das Verhalten der Leibwächter von Erdogan an, die sich nicht nur vor einigen Tagen in Washington Schlägereien geliefert haben, sondern vor einigen Jahren auch schon mit belgischen Sicherheitskräften.
Michel soll Klartext reden
Am Donnerstagnachmittag wurde der Premier in der Kammer aber auch noch einmal von verschiedenen Fraktionen dazu angehalten, Leuten wie Trump oder Erdogan gegenüber Klartext zu reden. "Klar", antwortet der Regierungschef, "das machen wir natürlich!" Die belgische Regierung werde noch einmal an die Werte erinnern, die uns im Prinzip verbinden sollten - auch an die gemeinsamen Engagements wie den Kampf gegen den Klimawandel.
Ob und in welchem Rahmen es überhaupt bilaterale Gespräche geben wird, ist aber noch völlig offen. Im Moment ändert sich das Programm insbesondere von Donald Trump quasi stündlich. Selbst ein ursprünglich angekündigtes Treffen mit König Philippe gilt im Augenblick als fraglich.
Roger Pint - Bild: Laurie Dieffembacq/BELGA