28 Maßnahmen hatte Premierminister Charles Michel stolz zu verkünden. Die sollen mit jährlich 105 Millionen Euro zu Buche schlagen. Da fällt auf den ersten Blick vor allem ein Kapitel ins Auge: Die "nicht-reduzierbaren Gefängnisstrafen". Im Grunde geistert diese Idee bereits seit der Dutroux-Affäre durch die Rue de la Loi. Demnach sollte man also dafür sorgen, dass Verbrecher, die wirklich schwerwiegende Straftaten begangen haben, möglichst nicht vorzeitig aus der Haft entlassen werden können. Die Einführung von "nicht-reduzierbaren Gefängnisstrafen" stand im Grundsatz auch schon im Regierungsabkommen. Und jetzt setzt die Koalition also das Konzept um.
Demnach ist es künftig so: Bei besonders schweren Vergehen kann ein Richter schon in seinem Urteil eine Mindesthaftzeit festschreiben, was also z.B. zur Folge hat, dass der Verurteilte nicht nach einem Drittel der Strafe freikommen kann. Genau das habe doch in der Vergangenheit immer wieder für Unverständnis bei den Bürgern gesorgt, begründet Justizminister Koen Geens die Maßnahme. Das sei also de facto eine Art Sicherungsverwahrung, die der Richter da anordnen könne, sagt Geens. Das allerdings nur in besonders schweren Fällen. Und das sei eigentlich eine Frage des gesunden Menschenverstandes, sagt Premierminister Charles Michel, der voll hinter der Maßnahme steht.
Speicherung von Fingerabdrücken
Das aber ist, wie gesagt, nur eine von 28 Maßnahmen, die die Regierung da am Sonntag beschlossen hat. Und die decken quasi das gesamte Spektrum in der Justiz- und Sicherheitspolitik ab.
Ein weiterer Schwerpunkt ist da etwa der Kampf gegen den Terrorismus. Hier will man das Übel an zumindest einer seiner Wurzeln packen. Denn, was stellt man fest: Quasi eine Grundbedingung für das Funktionieren einer jeden Terrorzelle sind falsche Identitäten und damit verbunden falsche Ausweispapiere. Deswegen sollen künftig die Fingerabdrücke der Bürger auf dem Chip ihrer Identitätskarte gespeichert werden. Das eben nur, um den Ausweis einer Person zweifelsfrei zuordnen zu können, sagte Innenminister Jan Jambon.
Es kommt aber keine zentrale Datenbank, in der all diese Fingerabdrücke gespeichert wären. Das hat die liberale OpenVLD durchgesetzt. "Uns liegt der Datenschutz am Herzen", begründete OpenVLD-Vizepremier Alexander De Croo seine Haltung. Legitim sei allerdings, dass man die Fingerabdrücke nutze, um den Personalausweis sicherer zu machen.
Zusammenarbeit von Ermittlungsbehörden und Informanten
Immer noch im Zusammenhang mit der Terrorismus-Bekämpfung wird jetzt den Ermittlungsbehörden die Möglichkeit gegeben, mit V-Männern zu arbeiten, Informanten also, die etwa eine Terrorzelle infiltriert haben. Außerdem sollen die Datenbanken der Polizei und der Justiz weiter zentralisiert und optimiert werden.
Darüber hinaus kommt - nach langem Hin und Her - nun doch eine Kronzeugenregelung: Mitglieder einer kriminellen Vereinigung können Strafmilderung bekommen, wenn sie der Justiz gegenüber auspacken. Das gilt aber ausdrücklich nicht für den Bereich Terrorismus.
Strengere Ahndung bei Verkehrsdelikten
Das Maßnahmenpaket der Regierung betrifft aber auch ganz andere Aspekte der Politik der Strafverfolgung: So sollen auch Verkehrsdelikte effizienter und zum Teil auch strenger geahndet werden. Unter anderem soll auch der Einsatz der so genannten Alkolock-Wegfahrsperre bei Alkoholsündern nun endlich auch konsequent durchgesetzt werden.
Und noch in einem anderen Register wird die Kapazität in geschlossenen Abschiebezentren deutlich erhöht, um 400 Plätze auf dann über 1.000. "So viele gab's noch nie", sagte Asylstaatssekretär Theo Francken. Und so könne man noch besser gegen die illegale Einwanderung vorgehen.
Die Opposition und auch viele Leitartikler in den Zeitungen gaben sich aber in ersten Reaktionen eher unbeeindruckt. Viele dieser Maßnahmen waren eigentlich schon bekannt; wirkliche Überraschungen gab's keine.
Roger Pint - Bild: Nicolas Maeterlinck/BELGA