Reynders wiederholte zunächst sein Mea Culpa, also das Eingeständnis, dass die Stimme Belgiens für die Aufnahme Saudi-Arabiens nicht wirklich das Gelbe vom Ei gewesen sei. "Das tut mir leid", sagte Reynders. "Ich verstehe die Reaktion und die Erschütterung, die das hervorgerufen hat. Ich entschuldige mich bei all denjenigen, die sich tief verletzt gefühlt haben und schockiert waren als bekannt wurde, wie sich Belgien im Wirtschafts- und Sozialausschuss der UN verhalten hat."
Doch das war es dann schon fast mit dem, was Reynders sich und seinen Mitarbeitern zur Last legen wollte. Diese, also seine Mitarbeiter, hätten sich völlig korrekt verhalten. Er wiederhole da nochmal gerne, was er schon vergangene Woche gesagt habe: Alle Diplomaten, die an der Sache beteiligt gewesen wären, hätten sich ganz professionell an Vorgaben gehalten, die es für Abstimmungen im UN-Wirtschafts- und Sozialausschuss gebe. Und diese Vorgaben lauten: Wenn die Zahl der Kandidaten genauso hoch ist wie die Zahl der Sitze, die neu zu besetzen sind, wird für alle Kandidaten gestimmt. Und so sei es auch kein Wunder, dass Saudi-Arabien mit in das Gremium gewählt worden sei. Denn es habe nun mal nur so viele Kandidaten gegeben, wie es auch Sitze neu zu besetzen gab.
Keine Wirtschaftsmissionen mehr nach Saudi-Arabien
Damit war für Reynders die Sache Saudi-Arabien im UN-Ausschuss für Frauenrechte erledigt. Jetzt wechselte Reynders das Thema. Zwar blieb er bei Saudi-Arabien. Doch sprach er jetzt zunächst die wirtschaftlichen Beziehung an. Er sei der Ansicht, dass die Föderalregierung nicht mehr an Wirtschaftsmissionen nach Saudi-Arabien teilnehmen sollte, ohne dass zuvor eine gründliche Evaluierung der Menschenrechtssituationen in dem Land von der Regierung und vom Parlament vorgenommen worden sei.
Auch die Regionen, so Reynders, sollten überlegen, ob sie so etwas machen wollen. Er erinnere gerne daran, dass es die Regionen seien, die die Länder auswählen, die Mitglieder der Föderalregierung im Rahmen der Außenhandelsagentur besuchen.
Waffenembargo
Und dann drehte Reynders die Sache noch weiter und sprach über Waffenexporte. Auch hier sei er der Ansicht, dass Belgien ein Waffenembargo gegenüber Saudi-Arabien beschließen sollte. Reynders fragte aber weiter - und das war seinerseits ein Angriff auf die wallonische Regierung, die sich ja gegen ein klares Waffenembargo gegenüber Saudi-Arabien ausspricht: "Sind auch die Regionen bereit dazu, bei dem Thema Waffenbembargo genauso zu handeln, wie man es jetzt von uns bei der Frage der Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau verlangt?" Also aufgrund der Menschenrechtslage in Saudi-Arabien ein solches Embargo zu unterstützen? Um ein Exempel zu statuieren? Oder bleiben die Regionen bei ihrer Position, die er sehr wohl vernommen habe, nämlich für Waffenexporte eine Lösung auf europäischer Ebene anzustreben, wo es von vornherein klar ist, dass das lange dauern und schwierig sein wird.
So war letztlich Reynders weit weg von der eigentlichen Frage des Ausschusses und hatte seinerseits die Opposition in Bedrängnis gebracht. Die ließ sich dadurch jedoch nicht beirren und hielt an ihrer Kritik an Reynders fest. Der habe letztlich auch das Vertrauen der Kammerabgeordneten erschüttert, in dem er zunächst gar nicht hatte zugeben wollen, dass er von der Abstimmung zur UN-Frauenrechtskommission gewusst habe. Das sei Mauschelei und nicht zu akzeptieren, wie SP.A-Politiker Dirk Van der Maelen sagte.
Alle Empörung der Opposition wird allerdings letztlich umsonst sein: Die Mehrheit in der Kammer hat kein Interesse daran, ihren Außenminister zu Fall zu bringen. Reynders hat sich entschuldigt, dem Ausschuss gestellt - das wird der Mehrheit als Reynders‘ Gang nach Canossa reichen.
Kay Wagner - Bild: Laurie Dieffembacq/BELGA