Der CD&V-Abgeordnete Hendrik Bogaert sieht in der doppelten Staatsangehörigkeit ein Integrations-Hindernis. Der flämische Christdemokrat strebt eine gesamteuropäische Lösung der Problematik an. Asyl-Staatssekretär Theo Francken (NV-A) zeigte sich in einer ersten Reaktion offen für den Vorschlag. Die große Anzahl der Ja-Stimmer in Belgien sei besorgniserregend und diene nicht der Integration. Sie hätten für jemanden gestimmt, der die Todesstrafe einführen wolle, der Journalisten ohne Gerichtsverhandlung einsperre, und Menschenrechte schände. Es sei offensichtlich, dass die Türkei die hiesigen Belgo-Türken im Blick habe. Dies tue das Land über die Dyianet-Moscheen. Das ist das Amt für Religiöse Angelegenheiten in der Türkei.
Francken erinnerte daran, dass er bereits jetzt, Zitat, "Importimamen" für nicht anerkannte Moscheen keine langfrsitige Aufenthaltsgenehmigung gebe. Er begrüßte in diesem Zusammenhang den Vorstoß der flämischen Regionalministerin Homans mit Blick au anerkannte Moscheen. Das sei aber im Befugnisbereich der flämischen Regierung, fügte er hinzu.
Die flämische OpenVLD-Abgeordnete Ann Brusseel signalisierte Zustimmung. In einer Reaktion auf das Verhalten der Belgo-Türken bei dem Referendum meinte sie, es sei nicht hinnehmbar, dass EU-Bürger einem gefährlichen Diktator an der Außengrenze der EU ihre politische Unterstützung gegeben hätten.
Beke: nicht selbstredend
Für Bogaerts Parteichef, Wouter Beke, ist eine Abschaffung der doppelten Nationalität nicht selbstredend. Das wäre zwar logisch, sagte er, aber nicht ohne Hindernisse.
Zunächst gebe es Staaten, wie etwa Marokko oder Syrien, die es nicht zulassen, dass ihre Bürger ihre Nationalität aufgeben. Also selbst, wenn Belgien die doppelte Nationalität nicht zulasse, würden sie Marokkaner oder Syrer bleiben. So gebe es durchaus Menschen in Belgien, die lieber die alleinige belgische Nationalität hätten, die andere aber nicht abgeben könnten.
Problematisch sei es etwa für Terrorverdächtige: Die könne man dann nicht mehr ausweisen, sie blieben Belgier. Denen man die belgische Nationalität dann aber nicht mehr aberkennen könne, weil man laut internationalem Recht niemanden staatenlos machen dürfe. Und schließlich gebe es ja auch noch Belgier im Ausland mit doppelter Staatsangehörigkeit.
Reynders äußert Besorgnis
Außenminister Didier Reynders (MR) äußerte Besorgnis im Hinblick auf die politische Entwicklung in der Türkei. Die von Präsident Erdogan angekündigte Wiedereinführung der Todesstrafe bezeichnete Reynders als "rote Linie" für die Europäische Union.
Dass so viele Belgo-Türken Erdogan unterstützten, sei für ihn keine wirkliche Überraschung, so der Minister. Es sei im Interesse Europas, dass der Gesprächsfaden mit den offiziellen Stellen in der Türkei nicht abbreche, meinte Reynders in Anspielung auf das Flüchtlingsabkommen mit Ankara.
Erdogan gewinnt knapp Referendum
vrt/fs/rkr - Bild: Laurie Dieffembacq/BELGA