Wer hat so etwas nicht schon einmal gehört, wenn er in Lüttich, Brüssel oder einer anderen französischsprachigen Stadt in Belgien unterwegs war: Ein Bettler am Straßenrand, der nach etwas Geld fragt. Das gibt es natürlich auch in Antwerpen. Dort sprechen die Bettler dann im besten Fall Flämisch, doch sonst ist alles so, wie woanders auch. Auch Antwerpens Bürgermeister Bart De Wever weiß, was sich auf den Straßen seiner Stadt beim Betteln abspielt. Und dabei es gibt eine Art des Bettelns, die er gar nicht mag. Er nennt es aggressives Betteln.
In Städten weiß jeder, was das ist, sagt er gegenüber der RTBF. Das sind Menschen, die auf die Terrassen von Cafés betteln kommen, an Kreuzungen stehen, oft mit Kindern auf dem Arm oder Menschen mit Behinderung. Diese Bilder sind wohlbekannt, und wir wollen sie nicht mehr sehen, sagt De Wever.
Die Menschen, die diese Art des "aggressiven Bettelns", wie Bart De Wever es nennt, praktizieren, sind meist wohl organisiert. Oft kommen sie aus Osteuropa, wurden von organisierten Banden in westeuropäische Städte gebracht, um dort Geld für die Bandenchefs zu sammeln. Auch das ist in Antwerpen bekannt. 16 Organisationen soll es geben, die täglich ihre Menschen auf die Straßen der Stadt lassen. Direkt gegen diese Organisationen vorzugehen, ist dabei ziemlich schwer. Die Seilschaften reichen bis in die Herkunftsländer der Bettler, das wäre eher eine Aufgabe der Staatsanwaltschaft und Europol.
Antwerpen versucht deshalb das zu tun, was man mit lokalen Mitteln machen kann. Jüngste Idee: Den Bettlern das Geld wegnehmen. Bürgermeister De Wever begründet das so: "Das klassische System mit administrativen Strafen und Gefängnis funktioniert nicht", sagt er. "Die einzige Methode, die wirklich wirkt ist, direkt zu handeln. Indem man direkt das erbettelte Geld beschlagnahmt. Das werden sie sofort spüren."
Diejenigen, die das spüren sollen, sind die Banden, die das erbettelte Geld letztlich einsammeln und meist für sich behalten. Beschlagnahmt die Polizei das Geld, wird das Geschäft des Bettelns nicht mehr interessant für die Banden, verschwinden also auch die aggressiven Bettler von der Straße. So die Rechnung in Antwerpen. Das sei vor allem ein Kampf gegen den Menschenhandel und das Ausbeuten von Menschen, so De Wever. Die Maßnahme sei nicht gegen Bettler grundsätzlich gerichtet.
Das Geld, das die Polizei den Bettlern abnehmen soll, soll zunächst bei der Polizei selbst gelagert werden. Verlangt es keiner zurück, wovon De Wever ausgeht, soll es dem öffentlichen Sozialdienst zur Verfügung gestellt werden.
Rechtsexperten sind sich nicht sicher, ob es wirklich legal ist, Bettlern das Geld abzunehmen. In Ostenende wird das jedoch bereits praktiziert. Wer in Ostende in Gegenden bettelt, die für das Betteln nicht freigegeben sind, der muss schon heute damit rechnen, dass die Polizei ihm sein Geld abnimmt.
Kay Wagner - Illustrationsbild: Siska Gremmelprez/BELGA