Türken, die in Belgien leben, können sich ab Montag an dem Referendum in der Türkei beteiligen. Sie können darüber abstimmen, ob die Machtbefugnisse von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan wachsen sollen oder nicht. An zwei Orten können die in Belgien lebenden Türken oder Belgo-Türken ihre Stimme abgeben, nämlich in den Konsulaten in Brüssel oder Antwerpen.
Nach offiziellen Angaben haben sich rund 60.000 Wahlberechtigte eingeschrieben. Und da nur in Brüssel und Antwerpen gewählt werden darf, wird erst am Wochenende mit dem großen Ansturm gerechnet - und dann kann es erfahrungsgemäß auch ziemlich lange Warteschlangen geben.
Nach Schätzungen leben etwa 5,5 Millionen türkische Staatsbürger im Ausland. Sie sind die ersten, die ihre Stimme abgeben dürfen - und das bis zum 9. April. Danach werden die Wahlurnen in die Türkei gebracht und die Stimmen dort ausgezählt. In der Türkei findet das Referendum erst am 16. April statt.
Zünglein an der Waage
Auf den Wahlzetteln gibt es nur zwei Kästchen: Ja oder Nein zur von Präsident Erdogan gewollten Verfassungsreform. Beobachtern zufolge ist es möglich, dass die Auslandstürken sozusagen das Zünglein an der Waage sind. Der Ausgang des Referendums in der Türkei gilt nämlich als offen.
Die Türken in Belgien - und in Europa generell - sind erfahrungsgemäß eigentlich eher auf der Seite der in Ankara regierenden AKP. Man darf nicht vergessen: Die AKP ist eine islamisch-geprägte Partei und die Menschen, die nach Europa gekommen sind, stammen meistens aus ländlichen Gebieten in Anatolien, wo die Gesellschaft noch sehr konservativ-religiös geprägt war. Das hat sich offensichtlich auch zumindest teilweise auf die nächsten Generationen übertragen.
Fakt ist jedenfalls: Bei der letzten Parlamentswahl haben rund 60 Prozent der in Belgien lebenden Türken für die AKP von Präsident Erdogan gestimmt. Ob das jetzt aber quasi als Referenz durchgehen kann, muss sich zeigen.
Türkische Gemeinschaft in Belgien tief gespalten
Wie man hört, ist die türkische Gemeinschaft in Belgien in der Frage, ob der türkische Präsident mehr Macht bekommen soll, ziemlich geteilter Meinung. Es wird jedenfalls angeregt diskutiert - und das sogar noch in den Warteschlangen vor den beiden Konsulaten in Brüssel und Antwerpen. Befürworter und Gegner können da auch schonmal leidenschaftlich streiten.
Erstmal gibt es die Ja-Sager. "Ja", das heißt auf Türkisch "Evet". Da hört man häufig Sätze wie: Wir vertrauen Erdogan, er hat uns bis jetzt nicht enttäuscht, er ist gut für die Türkei.
Und dann gibt es auch diejenigen, die unter keinen Umständen wollen, dass Erdogan noch mehr Macht bekommt. "Erdogan hin oder her", sagt ein Mann. Es sei ungesund, wenn ein Politiker zu viel Macht bekommt - und gerade Erdogan habe ja schon gezeigt, wozu er fähig ist. Viele seiner Gegner seien ja schon im Gefängnis gelandet. Und einer sagt ganz klar: "Nein, wir wollen keinen Diktator!".
Auch die türkische Gemeinschaft in Belgien ist also tief gespalten - und das wird wohl auch nach der Wahl so bleiben.
Auslandstürken stimmen über mehr Macht für Erdogan ab
belga/dpa/est/mh/rop - Bild: Christof Stache/AFP