Es ist schon paradox: Da gibt es –zur Abwechslung- mal gute Neuigkeiten, und genau die sorgen dann aber auch gleich wieder für Streitigkeiten.
Aber erstmal zu den besagten "guten Neuigkeiten". Die gab es erstmal von der Nationalbank. Die hat gerade ihren Jahresbericht 2016 vorgelegt. Und daraus geht hervor, dass in Belgien im vergangenen Jahr knapp 60.000 neue Arbeitsplätze geschaffen worden sind. Und das trotz eines eher verhaltenen Wachstums von 1,2 Prozent.
Für die Nationalbank ist das ein Zeichen dafür, dass die Regierung mit ihrer Politik ihr Quäntchen dazu beigetragen hat. Gemeint sind insbesondere die Maßnahmen zur Senkung der Lohnkosten. Dazu zählen der Taxshift, aber auch der Indexsprung.
Die Regierung sieht sich jedenfalls in ihrer Politik bestätigt. "Na bitte!", sagte etwa ein breit lächelnder OpenVLD-Vizepremier Alexander De Croo in der VRT. "Wir haben die Lohnkosten gesenkt und damit Jobs geschaffen, zugleich haben wir die Kaufkraft der Bürger angehoben. Das ist das, was wir versprochen haben. Und jetzt, nach zwei Jahren, wirft diese Politik erste Früchte ab."
Auch der N-VA Vizepremier und Innenminister Jan Jambon ist sichtlich zufrieden. "Ist doch toll, wenn man so viele Menschen aus der Arbeitslosigkeit herausholen kann", sagte Jambon in der VRT.
Die Gewerkschaften haben da aber eben eine ganz andere Lesart. "Die belgischen Zahlen sind vielleicht gut, aber im Vergleich zu anderen Ländern nicht gut genug", analysieren gleichermaßen CSC und FGTB. In punkto Wachstum und der Schaffung neuer Arbeitsplätze liege Belgien unter dem Durchschnitt in der Eurozone, sagte etwa FGTB-Chef Rudy De Leeuw.
"Und was lernen wir daraus", sagt De Leeuw: "Die Politik der Regierung ist eigentlich eher das Problem: Hätten wir in Belgien eine gerechtere Lastenverteilung, mehr soziale Gerechtigkeit, weniger Armut, dann läge das Wachstum höher."
"Die Wirtschaftsdaten sind gut, weil es uns gibt", sagt die Regierung. "Die Zahlen wären besser, wenn es Euch nicht gäbe", erwidern die Gewerkschaften.
Richtig wütend werden die Gewerkschaften allerdings, wenn die Nationalbank in dieser Sache der Regierung recht zu geben scheint. Wenn sie etwa die Politik der Lohnmäßigung lobt.
"Das ist doch Wasser auf den Mühlen derer, die den Index infrage stellen, die bei der nächsten Gelegenheit schon wieder einen Indexsprung durchführen wollen, wetterte FGTB-Generalsekretär Marc Goblet.
Eben deswegen haben sich die Gewerkschaften denn auch geweigert, den Bericht der Nationalbank zu unterschreiben. Die Gewerkschaften sitzen ja im Lenkungsausschuss der Einrichtung.
In der Zwischenzeit ist das so genannte Planbüro jedenfalls zu dem Schluss gekommen, dass der positive Trend andauern wird. Demnach wird das Wirtschaftswachstum im laufenden Jahr mit 1,4 Prozent sogar etwas höher ausfallen als ursprünglich prognostiziert. Das Planbüro rechnet mit der Schaffung von über 100.000 neuen Jobs.
Sorgenkind ist und bleibt aber der Haushalt, genauer gesagt die Staatsverschuldung. 2016 belief sich das Defizit auf doch wieder 2,8 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Der Schuldenberg wächst und wächst und wächst.
Dabei wäre eigentlich ein großes Investitionsprogramm überfällig, empfiehlt die Nationalbank. Die Infrastruktur komme in die Jahre und ein großes Bauprogramm würde zudem die Wirtschaft weiter ankurbeln, sagte Jan Smets, Gouverneur der Nationalbank, in der VRT. Und dabei müsse man eben aufpassen, dass der Haushalt nicht aus dem Ruder läuft.
Wirtschaftsminister Kris Peeters hat offensichtlich genau diese Botschaft beherzigt. Die Regierung denke an ein Investitionsprogramm im Gegenwert von zwei Milliarden. Nur müsse man das eben mit den Regionen absprechen.
Roger Pint - Foto: Benoit Doppagne/Belga