"Vielen Dank an André Gilles für die Antworten, die er uns liefern wollte". Die Betonung liegt wohl auf "wollte" - in den Worten des CDH-Politikers Pascal Baurain lag so ein Hauch von Ironie. Der vergangene Freitagabend: Pascal Baurain hatte gerade seine erste Sitzung hinter sich gebracht als Vorsitzender des Sonderausschusses, der Licht in die Publifin-Affäre bringen sollte.
Gleich zum Auftakt hatte die Kommission André Gilles eingeladen, den bisherigen Verwaltungsratsvorsitzenden der Interkommunalen Publifin. Von dem PS-Politiker erhofften sich die Abgeordneten Antworten auf einige brennende Fragen, wie zum Beispiel: Wer hat überhaupt die horrenden Sitzungsgelder beschlossen? Oder: Wieviel haben eigentlich die einzelnen Protagonisten genau verdient, allen voran die Verwaltungsratsmitglieder, aber auch die Vorstandsmitglieder der Publifin-Tochter Nethys?
Antworten gab es keine aus dem Mund von André Gilles. Immer und immer wieder redete er um den heißen Brei herum, versteckte sich unter anderem hinter der Tatsache, dass Nethys schließlich ein Privatunternehmen sei, das nur indirekt von Publifin also der öffentlichen Hand kontrolliert werden.
Keine Antworten von André Gilles
Der MR-Fraktionsführer Pierre-Yves Jeholet war der erste, dem der Kragen platzte: "Ob nun privat oder öffentlich, ob nun politischer Amtsträger oder nicht: Wir wollen endlich die Zahlen", wetterte Jeholet. "Oder haben sie doch was zu verbergen?"
Keine Chance! Wie eine Spieluhr, die man wieder aufgezogen hatte, gab's das gleiche Lied. André Gilles blieb dabei, dass er die Bezüge von Managern nicht bekanntgeben werde. Das gebe es nirgendwo. Und wenn er nach dem Wochenende wieder angehört werde, dann liefere er nur die Zahlen, die er liefern wolle.
"Das könnte ihnen wohl so passen!", tobte die Opposition. "Wenn Sie bei dieser Verweigerungshaltung bleiben", wandte sich der Ecolo-Abgeordnete Stéphane Hazée an André Gilles, "wenn das so weitergeht, dann haben wir sehr bald ein Problem." Hier zeige sich doch schon, dass die Opposition recht hatte, als sie eine richtige Untersuchungskommission gefordert hatte, fügt Hazée hinzu. Im Gegensatz zu einem Sonderausschuss hat Untersuchungskommission nämlich durchaus wirksamere Instrumente, sie verfügt über die Mittel eines Untersuchungsrichters...
Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss - insbesondere die PS wollte davon bislang nichts wissen. Doch hat der mauernde André Gilles auch den Koalitionspartner CDH offensichtlich so genervt, dass man seine Meinung geändert hat. In einigen Zeitungen plädierten CDH-Leute offen dafür, den Sonderausschuss in eine Untersuchungskommission umzuwandeln. Zuletzt sogar der CDH-Vizeministerpräsident Maxime Prévot.
Keine Abgeordnete aus Provinz Lüttich im Gremium
Ob nun auf Druck des Koalitionspartners oder nicht: Die PS lenkte ein. "Ok, die bisherige Formel scheint nicht zu funktionieren", räumte der PS-Ministerpräsident Paul Magnette ein. Ein Untersuchungsausschuss wäre da wohl die bessere Lösung, dies aber nur unter der Bedingung, dass diejenigen, die befangen sind, sich freiwillig aus dem Gremium zurückziehen.
Wer ist damit gemeint? Nun, wie PS-Fraktionschef Christophe Collignon erklärte, sollten alle Abgeordneten auf Distanz gehen, die aus der Provinz Lüttich kommen. Er selbst gehe als Bürgermeister von Huy mit guten Beispiel voran.
"Och wenn's nur das ist", reagierte Pierre-Yves Jeholet, der als Bürgermeister von Herve ebenfalls betroffen ist: Im Sinne der Arbeit der Kommission werde er sich dann auch aus dem Ausschuss zurückziehen.
Fazit: Mit der Schaffung eines Untersuchungsausschusses wird jetzt also genau das passieren, was vor allem die PS partout nicht wollte. Weiterhin mag es also so aussehen, als hetze die wallonische Regierung den Entwicklungen in der Publifin-Affäre einfach nur hinterher...
Roger Pint - Bild: Dirk Waem/BELGA