Erstmal das, was bislang schon galt: Es bleibt dabei, dass im Umkreis von 20 Kilometern um eine Atomanlage an alle Bewohner Jodtabletten ausgegeben werden. Diese Jodtabletten sollen im Falle eines Atomunfalls dafür sorgen, dass die Schilddrüse mit Jod gesättigt wird. Dadurch wird verhindert, dass sich radioaktives Jod in der Schilddrüse ansammelt.
Innenminister Jan Jambon hat den bestehenden Plan dennoch in einigen Punkten angepasst. Wichtigster Punkt, den er im zuständigen Ausschuss der Kammer präsentierte: Die Zone, in der Jodtabletten verteilt werden, wird ausgeweitet, und zwar auf einen Radius von 100 Kilometer.
Das gelte dann allerdings nur für spezielle Zielgruppen: In einem Umkreis von 100 Kilometern sollen Jodtabletten schwangeren Frauen sowie Kindern und Jugendlichen zur Verfügung gestellt werden. Die Betreffenden können die Tabletten dann also in Apotheken abholen. "Da das Land so groß bzw. so klein ist, wie es ist, gilt die Maßnahme de facto für das ganze Land", sagte Jambon am Mittwochmorgen in der RTBF.
Warum keine Jodtabletten für alle?
"Für das ganze Land, aber warum nicht für alle?", fragte sich da aber im Parlament schon Jean-Marc Nollet von den oppositionellen Grünen. "Alle, die also nicht jung und auch nicht schwanger sind, müssen gucken, wie sie fertig werden", wetterte Nollet. Und mit dieser Maßnahme setze sich der Minister zudem über die Empfehlungen des Hohen Gesundheitsrates hinweg, bemerkte Michel de Lamotte von der ebenfalls oppositionellen CDH.
In der Tat: Der Hohe Gesundheitsrat, und auch Gesundheitsministerin Maggie De Block, haben gleichermaßen dafür plädiert, dass Jodtabletten im ganzen Land ausgegeben werden - und das für ausnahmslos alle Bürger.
Jambon hält das für unnötig. Es sei wissenschaftlich erwiesen, dass Jodtabletten ab einem Umkreis von 20 Kilometern für Nicht-Risiko-Gruppen unwirksam seien. Konkret: bei einem erwachsenen Mann, der außerhalb dieser Zone lebt, reiche es, die Fenster und Türen geschlossen zu halten. Jodtabletten seien da völlig überflüssig "und wir machen nichts, was nicht sein muss", sagt Jambon.
Böse Zungen würden sagen, dass das aus Sicht des Innenministers im Grunde nur "zynisch konsequent" ist. Eine dieser bösen Zungen, das ist z.B. der Leitartikler der Tageszeitung Het Nieuwsblad. Konsequent sei Jambon in dem Sinne, dass er ja immer wieder unter Berufung auf die Atomaufsichtsbehörde FANK erklärt, die Atomkraftwerke seien sicher. Wenn jetzt doch systematisch Jodtabletten an alle Bürger ausgegeben würden, dann könnte da vielleicht der Eindruck entstehen, dass man im Grunde seinen eigenen Aussagen selbst nicht glaubt.
Andere glauben, dass Jambon schlicht und einfach die höheren Kosten scheut und deshalb die Ausgabe von Jodtabletten einschränkt.
Neue Panne im Reaktor Doel 4
Gerade in dem Moment, als Jambon im Ausschuss seinen Plan präsentierte, gab es übrigens im Reaktor Doel 4 eine neue Panne. Dabei wurde ein Arbeiter durch eine plötzlich ausgetretene Wolke von heißem Wasserdampf schwerst verbrannt. Wie es hieß, habe sich das Unglück im nicht-nuklearen Bereich der Anlage ereignet. Der Reaktor schaltete sich jedenfalls automatisch ab.
Doel 4, das ist der Reaktorblock, der vor rund zweieinhalb Jahren nach stillgelegt werden musste und zwar in Folge eines Vorfalls, der in der Folge als "Sabotageakt" eingestuft wurde. Die genauen Hintergründe sind bis heute ungeklärt.
Roger Pint - Bild: Dirk Waem/BELGA
Schüttelt man mal den Staub ab von der Frage der Wirksamkeit von Jodtabletten (und wenn ja, für wen) und von Fahrgastregistrierungen: Warum fällt Jambon immer wieder zweifelhaft in der belgischen Politik auf?
Weil er Innenminister und Vizepremier ist? Weil er nebenbei auch der N- VA verpflichtet ist? Weil ein bisschen Aktionismus immer ganz gut aussieht? Oder weil er selbst keine sinnvollen Konzepte zur Hand hat?
EIne Rakete zum Mond - anders hilft wohl nichts im Falle eines SuperGAUs... Wie schön die Welt 2017 doch ist! Explosiv wie noch nie!