PostNL-Chefin Herna Verhagen trat am Mittwoch vor die Presse und machte kurzen Prozess: "Wir sind nicht davon überzeugt, dass eine Fusion Bpost-PostNL erfolgreich sein wird. Und dafür gibt es mehrere Gründe: Der Einfluss Belgiens in Kombination mit einem komplizierten Governance-Modell macht das Geschäft ineffizient und nicht fit, um auf die Herausforderungen der Zukunft zu reagieren."
Damit setzt Verhagen einen Schlussstrich unter die mehrmonatigen Versuche der Belgier, die Niederländer zu übernehmen. Vier Mal hielt Bpost um die Hand von PostNL an - und vier Mal wurden die Umwerbungsversuche zurückgewiesen. Die Gründe für die geplante freundliche Übernahme lagen auf der Hand: Bpost und PostNL könnten zusammen stärker werden, um die 28 Millionen potentiellen Kunden gemeinsam zu bedienen.
Eine Chronologie: Erste Annäherungsversuche gab es bereits im März, doch das Angebot wurde sofort zurückgewiesen. Im Mai dann ein verbessertes Angebot: Bpost bietet 5,10 Euro pro Anteil, das sind insgesamt zwei Milliarden Euro. Wieder nichts. Mehrere Monate tut sich gar nichts, dann im November ein drittes, erneut verbessertes Angebot der Belgier: Bpost erhöht auf 5,65 Euro, eine verbesserte Pensionsregelung und das Versprechen, keine großen Entlassungen vorzunehmen.
Doch die Niederländer stört vor allem eines: Der belgische Staat will auch nach der Fusion mit 40 Prozent der Anteile entscheidendes Stimmrecht behalten. Für die Niederländer, die ihre Post schon vor zehn Jahren komplett privatisiert haben, wäre das ein Rückschritt. In den vergangenen Tagen dann ein allerletzter Versuch: Bpost erhöht auf 5,75 Euro pro Anteil, macht immerhin 2,5 Milliarden Euro, und garantiert, den Einfluss Belgiens zu beschränken und den der Niederländer zu vergrößern. Doch es hat alles nichts genützt.
Bpost-Chef Koen Van Gerven war dann auch enttäuscht. Es sei eine enorme Gelegenheit gewesen, sagte er am Mittwoch in der VRT. Man hätte aus eins plus eins drei machen können. Das wäre für alle schön gewesen: für die Kunden, die Mitarbeiter und für Belgien und die Niederlande.
"Das Haus des Nachbarn kann man nicht jeden Tag kaufen, und wenn sich die Möglichkeit bietet, dann muss man mit großer Überzeugung an die Sache herangehen. Und das ist, was ich getan habe.", so Van Gerven. Schaden habe das Image von Bpost durch die missglückte Übernahme nicht genommen. Vielmehr beweise das Ganze zum einen zwar, dass Bpost energisch sein könne, zum anderen aber auch, dass das Unternehmen nicht bereit sei, jeden Preis zu zahlen.
Von zwei Milliarden auf 2,5 Milliarden hatte Bpost ihr Angebot erhöht. Und darüber hinaus auch Zugeständnisse gemacht. Diese waren auch durchaus berechtigt, sagt der Bpost-Chef. Er mache sich keine Vorwürfe. Das Angebot sei marktgerecht gewesen und auch viele Anteilseigner von PostNL sahen das ähnlich. Doch nachdem auch das letzte, definitive Angebot von den Niederländern vom Tisch gefegt worden war, beendete Bpost das Ganze.
Viele Beobachter sehen hinter dem "Nein" der Niederländer vor allem politische Gründe: Wirtschaftspatriotismus und Angst vor dem staatlichen Einfluss der Belgier. Und möglicherweise ist das derzeitige Geschäftsmodell der niederländischen Post gar nicht mal so unattraktiv. Auch Koen Van Gerven weiß keine Antwort, man habe niemals mit PostNL an einem Tisch gesessen. Eines scheine aber deutlich: Es waren keine rationalen Gründe. Vielmehr ging es um Ressentiments, um Politik. Aber niemals um den Kern der Sache.
In der Tat - bis auf wenige Ausnahmen waren alle gegen das Übernahmeangebot: Aufsichts- und Verwaltungsrat der PostNL, Betriebsrat, Parlament und Regierung in Den Haag. Dass die niederländische Politik eine sehr große Rolle gespielt habe, ist für Van Gerven mehr als deutlich. Die Belgier hätten sich da korrekt und professionell verhalten - im Gegensatz zu den Niederländern.
Van Gerven hätte viel lieber die Verhandlungen hinter verschlossenen Türen geführt. Durch das Öffentlichmachen sei er in Zugzwang geraten. Er glaube, auf niederländischer Seite habe man das verhindern wollen und alles dafür getan, die Debatte öffentlich zu machen.
Das Kapitel PostNL will Bpost jetzt schließen. Van Gerven rechnet nicht mehr damit, dass überstimmte Anteilseigner von PostNL eine Übernahme erzwingen wollen. Und in eine feindliche Übernahme will er keine Energie stecken. Jetzt sei es an der Zeit, sich um das Wachstum von Bpost zu kümmern. Mit DHL hat Bpost bereits einen Vertrag für die Paketzustellung in Belgien geschlossen.
Volker Krings - Bilder: Siska Gremmelprez (belga)/Sander Koning (anp/afp)/Nicolas Maeterlinck (belga)