"Der Rechnungshof bestätigt doch nur das, was wir schon seit Monaten predigen", sagt der PS-Abgeordnete Ahmed Laaouej. Und in der Tat: Das neueste Gutachten der Behörde ist eine Steilvorlage für die Opposition. Auf den ersten Blick lesen sich viele Passagen des Berichtes wie eine wahre Kritik-Litanei.
Beispiel: Im Bereich der Sozialen Sicherheit kann der Rechnungshof einige Maßnahmen der Regierung offensichtlich nicht nachvollziehen, in dem Sinne, dass sie zu vage formuliert seien. Aus diesem Grund sei es den Experten nicht möglich, zu überprüfen, ob die Rechnung denn auch aufgehen könnte. Konkret: Die Regierung plant neue Einsparungen in Höhe von 1,2 Milliarden Euro, davon 900 Millionen im Gesundheitswesen. Ob das Geld am Ende aber auch so reinkommen wird, das kann der Rechnungshof nicht sagen.
"Da haben wir es doch schon wieder", wettert Ahmed Laaouej. Einmal mehr blähe diese Regierung ihre Einnahmen künstlich auf. Genau davor habe der Rechnungshof die Koalition schon mehrmals gewarnt, aber dieses Spielchen gehe offensichtlich munter weiter.
Georges Gilkinet von Ecolo schlägt in dieselbe Kerbe. "Einige glauben wohl, dass sie über einen Zauberstab verfügen", sagt Gilkinet. Da werden Maßnahmen ausbaldowert, die auf keiner seriösen Grundlage stehen - reines Wunschdenken. Das sei doch sehr bedenklich.
Viele Fragezeichen
Zumal der Rechnungshof da mit seiner Kritik noch längst nicht fertig ist. Anderes Beispiel: Der Taxshift. Gemeint ist ja die allgemeine Senkung der Lohnnebenkosten, wodurch man ja die Wettbewerbsfähigkeit verbessern wollte. Damit verbunden sind auch Steuersenkungen für kleine und mittlere Gehälter. Doch hinter all dem stehen für den Rechnungshof auch noch viele Fragezeichen. Auch hier kann sich das Expertengremium kein klares Bild machen, was die finanziellen Folgen dieses Maßnahmenpakets angeht.
Das alles sei doch geradezu beängstigend, sagt der PS-Haushaltsexperte Ahmed Laaouej. Man müsse sich das mal vorstellen: Diese Regierung muss in den nächsten zwei Jahren weitere zehn Milliarden Euro finden, plus nochmal vier im Jahr 2019. Die Rechnung werde schon immer gesalzener.
"Jetzt aber mal langsam!", meldete sich dann aber die MR-Haushaltsministerin Sophie Wilmès zu Wort. Der Rechnungshof mache erstmal nur seinen Job. Es sei seine Aufgabe, kritisch zu sein. Das helfe der Regierung bei ihrer Arbeit. Und ja, das Gutachten sei kritisch, aber bitteschön, nicht "vernichtend". Das alles sei doch nicht wirklich neu, sagt Wilmès. "Schauen Sie sich mal die Berichte des Rechnungshofes aus den letzten Jahren an! Da gab's doch immer Maßnahmen, deren finanzielle Auswirkungen der Rechnungshof nicht beziffern konnte."
Einnahmen konsequent zu hoch eingeschätzt
Ein Problem räumt die Ministerin aber ein: Man müsse zugeben, dass die Einnahmen in den letzten Jahren konsequent zu hoch eingeschätzt wurden. In diesem Punkt habe der Rechnungshof also nicht unrecht. Genau deshalb habe man eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die dem Problem auf den Grund gehen soll, eben um zu vermeiden, dass sich das in Zukunft wiederholt.
Und was ist mit der EU-Kommission, die ja vor einigen Tagen auch Kritik am belgischen Budget geübt hat? Auch dafür gebe es eine einfache Erklärung, sagt Wilmès. "Man hat einige Maßnahmen aus technischen Gründen verschoben und die Kommission wolle einfach nur sichergehen, dass Belgien auch seine Versprechen einlöst - und das machen wir natürlich."
Die Regierung gibt sich also mehr denn je davon überzeugt, dass der Haushalt im grünen Bereich ist. Die Opposition läutet demgegenüber einmal mehr die Alarmglocke und sieht sich darin durch den Rechnungshof bestätigt. Aus der Rue de la Loi kommen also im Augenblick doch ziemlich widersprüchliche Signale...
Roger Pint - Bild: Dirk Waem/BELGA