François Bellot hat von seiner Vorgängerin Jacqueline Galant nicht nur das Ministeramt geerbt, sondern auch gleich eine ganze Reihe von explosiven Dossiers. Angefangen beim Überflug über Brüssel und der damit verbundenen Lärmbelästigung für die Bewohner der Hauptstadt bzw. des Brüsseler Rands. Schon seit Beginn der Legislaturperiode wartet man da auf einen neuen Plan, der die Flugrouten über dem Landesflughafen Zaventem regelt. Doch so viel gleich vorweg: Von François Bellot gab es da bei seinem gestrigen Auftritt in der Kammer immer noch nicht mehr als ein paar allgemeine Bemerkungen.
Das gilt aber im Wesentlichen auch für andere, wichtige Zuständigkeitsbereiche des MR-Politikers. Viele Abgeordnete hätten sich da mehr Konkretes gewünscht.
Beispiel SNCB: Seit Monaten wartet man auf einen wirklichen Zukunftsplan für die Bahn. Stattdessen hakt es aber schon bei Personalfragen. Der aktuelle SNCB-Chef, Jo Cornu ist auf Abruf. Eigentlich wollte er schon Mitte des Jahres seinen Posten abgegeben haben. Cornu ist aber immer noch da. Die Regierung findet augenscheinlich keinen Nachfolger. Dabei ist das Rekrutierungsverfahren eigentlich schon seit September abgeschlossen. Und ohne neuen Chef gibt’s eben auch keine neuen Impulse, insbesondere keinen neuen Strategieplan. Stillstand eben.
SNCB: Minimaldienst im Streikfall
Genau diesen Eindruck will François Bellot derweil offenkundig noch vermeiden. In einigen Bereichen zeigt er demonstrativ Präsenz. Beispiel: Minimaldienstleistung im Streikfall. Die Regierung hat klargemacht, dass das zu ihren Prioritäten gehört. Bislang hatte man es den Sozialpartnern innerhalb der SNCB überlassen, sich im Rahmen des Sozialen Dialogs auf die genauen Modalitäten zu verständigen. Bisher scheiterte eine Lösung aber insbesondere am "Nein" der Gewerkschaften, die einen Minimaldienst im Streikfall ablehnen.
Im Parlament stellte François Bellot jetzt allen Beteiligten ein Ultimatum: Wenn es bis Ende des Jahres keine Einigung gibt, dann nimmt die Regierung das Heft in die Hand und die Staatsbahn bekommt ein entsprechendes Gesetz aufs Auge gedrückt.
Bei Bahn muss sich was bewegen
Anderes Beispiel: die andauernden Verspätungen. Gerade in den letzten Wochen hat sich das Problem noch weiter zugespitzt. Und dafür könne man nicht immer nur äußere Umstände verantwortlich machen. Wenn Infrabel oder die SNCB etwa geltend machen, dass es ja Arbeiten an gewissen Strecken gebe, so könne er nur feststellen, dass diese Arbeiten schon seit längerer Zeit laufen. Und vor dem 1. Oktober habe es nicht eine derartige Häufung von Problemen gegeben.
Jetzt jedenfalls sei er mit seiner Geduld am Ende, sagt Bellot. Bei allem Verständnis, aber bei der Bahn müsse sich was bewegen. Und wenn man insbesondere im Verwaltungsrat, wo ja die Vertreter der Anteilseigner tagen, den Ernst der Lage nicht erkennen, dann werde er hart durchgreifen, sagt Bellot. François Bellot zeigt also demonstrativ die Zähne...
Parlamentarier vermissen globalen Ansatz
Vielen Parlamentariern reicht das aber nicht. Sie vermissen einen globalen Ansatz. Punktuell in einigen bestimmten Bereichen Flagge zu zeigen, das sei eine Sache. Man warte aber immer noch auf die großen Reformen, sagte etwa der CD&V-Abgeordnete Jef Van den Bergh. In den letzten zwei Jahren sei viel zu wenig passiert. Man warte zum Beispiel schon auf einen neuen Geschäftsführungsvertrag.
Das sagt also ein CD&V-Abgeordneter. CD&V? Richtig! Jef Van den Bergh gehört einer Mehrheitspartei an und er sagt Dinge, die die Opposition nicht besser formulieren könnte. Auch die N-VA übte zum Teil harsche Kritik an dem MR-Minister. Dass Bellot eigentlich erst seit sieben Monaten im Amt ist, scheint inzwischen also nicht mehr zu zählen.
Spätestens seit Mittwoch dürfte Bellot wissen, dass er jetzt schnellstens liefern muss. Wohl wissend, dass er nicht der erste wäre, der sich an Akten wie dem Überflug über Brüssel oder der SNCB die Finger verbrennt...
Roger Pint - Bild: Dirk Waem/BELGA