Eine Junge, vielleicht 15 Jahre alt, der offensichtlich durch die Straßen von Verviers spaziert. Erst singt er nur, dann beginnt er mit einer Brandrede: "Alle Christen sollten ermordet werden", sagt er auf Arabisch. Zu sehen ist das alles auf einem Internet-Video, das auf einer französischen Webseite aufgetaucht ist.
Der Junge wurde inzwischen identifiziert: Es handele sich um den Sohn von Shayh Alami, einem einschlägig bekannten Hassprediger aus Dison. Das bestätigten die Bürgermeisterin von Verviers, Muriel Targnion, und auch der föderale Asylstaatssekretär Theo Francken.
Schon zum zweiten Mal läuft ein Verfahren zur Ausweisung des Mannes. Er hat aber Einspruch eingelegt. Der Imam wird verdächtigt, Mitglieder der Vervierser Terrorzelle radikalisiert zu haben. Shayh Alami hat einen marokkanischen, aber auch einen niederländischen Pass, was seine Abschiebung offenbar erschwert.
Er hoffe, sagte Francken in der VRT, dass die zuständige Berufungsinstanz hier bald eine Entscheidung treffe. Dass es sich bei dem Jungen aus dem Internet-Video um den Sohn des Hasspredigers handelt, das wundere ihn gar nicht, sagte Francken. Der Imam habe seine Kinder extrem konservativ erzogen. Die Kinder seien nie auf eine belgische Schule gegangen, angeblich, weil dort angeblich allzu westliche Werte vermittelt würden.
Francken stößt an seine Grenzen
Es ist das zweite Mal innerhalb von wenigen Tagen, dass Francken in der Defensive ist. Auch im Zusammenhang mit dem Anschlag von Charleroi musste sich der Asylstaatssekretär rechtfertigen. Bei dem Täter handelte es sich um einen Algerier, der sich illegal im Land aufhielt. Dessen Abschiebung scheiterte ebenfalls als rechtlichen Hürden.
"Francken stößt an seine Grenzen", frotzelte denn auch schon die linksliberale flämische Tageszeitung De Morgen. Nach dem Motto: Da sieht er mal, dass alles doch nicht immer so einfach ist, wie die N-VA das darstellen will. Und auch Francken spürt durchaus den Widerspruch zwischen Wunsch und Realität. Er versprach jedenfalls schon, dass die Zahl der Plätze in geschlossenen Abschiebeheimen verdoppelt werden soll.
Doch nicht nur der Asylstaatssekretär ist unglücklich mit der derzeitigen Rechtspraxis. Auch die kommunalen Behörden weigern sich, länger tatenlos zuschauen zu müssen. "Müssen diese Leute erst eine Straftat begangen haben, ehe man eingreifen kann?", fragt die Vervierser Bürgermeisterin Muriel Targnion. "Reicht es nicht, dass man über Gesprächsprotokolle verfügt, dass es auch Aktionen gibt, die auf eine gewisse Gewaltbereitschaft hindeuten?"
Im Grunde sagt die PS-Politikerin hier ziemlich genau das, was N-VA-Chef Bart De Wever in seiner Eigenschaft als Bürgermeister von Antwerpen auch schon beklagt hatte. Spätestens der singende Nachwuchs-Islamist aus Verviers hat wohl die Debatte über die Bekämpfung der Radikalisierung neu angefacht.
Roger Pint - Bild: Aurore Belot/Belga
Das glaubt man ja kaum noch.
Statt hier nur zu frotzeln sollte man der Sache vielleicht mal auf den Grund gehen und forschen, wer denn diese "lähmenden" Gesetze beschlossen hat. Die jetzige föderale Regierung könnte diese Gesetze höchstens abändern.