Die übergroße Mehrzahl der belgischen Universitäten will ein Zeichen setzen - aus Protest gegen die Entlassungswelle, die die türkische Regierung von Präsident Recep Tayip Erdogan seit dem gescheiterten Putschversuch durchführt und in Folge dessen mehrere Tausend Uniprofessoren und Akademiker suspendiert wurden.
Die Katholischen Universitäten von Löwen und Neu-Löwen sorgen sich aber auch um die Sicherheit ihrer Studenten vor Ort. Denn die Lage in der Türkei könne sich jederzeit zuspitzen, sagt UCL-Vize-Rektor Marc Lits. Aus Sicherheitsgründen würden zumindest im ersten Halbjahr - das heißt bis Dezember - keine Studenten in die Türkei geschickt. Danach wird die UCL die Lage erneut bewerten.
Ein vorläufiges Türkei-Verbot haben ebenfalls die Unis von Löwen, Gent, Hasselt und Namur ausgesprochen. ULB und ULg, sprich die Universitäten von Brüssel und Lüttich, wollen sich dagegen nicht an dem "akademischen Boykott" ihrer Kollegen beteiligen. Es werde kein generelles Türkei-Verbot ausgesprochen. Unter anderem, um die verbleibenden demokratischen Kräfte im Land zu unterstützen. Und ihnen nicht die Türen vor der Nase zuzuschlagen, sagt Serge Jaumain, Vize-Rektor der ULB.
Dennoch: Sollte die Entlassungs- und Verhaftungswelle in der Türkei weitergehen und die Arbeit von Wissenschaftlern und Akademikern eingeschränkt werden, werde auch die ULB drastische Konsequenzen treffen. Allerdings sei es dafür noch zu früh, so Vize-Rektor Jaumain.
Trotzdem wird derzeit kein ULB-Student gezwungen, in die Türkei zu gehen. Wer hier bleiben will oder lieber in ein anderes Land, dem wollen die Verwaltungen der diversen Fakultäten unter die Arme greifen. Auch an der Uni Löwen sucht man derzeit mit den betroffenen Studenten nach Alternativen. Angeboten werden Austausche an Partner-Unis in anderen Ländern.
Die Erasmus-Erfahrung sollten die jungen Leute auf jeden Fall machen. Das halbe Jahr im Ausland sei besonders wichtig für sie, sagt UCL-Vize-Rektor Lits.
Alain Kniebs - Illustrationsbild: Siska Gremmelprez/BELGA