Erst der Lockdown Ende November, dann die Anschläge vom 22. März... Die letzten knapp acht Monate waren schwierig für die Geschäftswelt, insbesondere in Brüssel. Was das konkret bedeutet, das hat nun eine Studie zu beziffern versucht, die das Wirtschaftsministerium auf Gesuch des zuständigen Ministers Kris Peeters durchgeführt hat.
Und die bisher vorliegenden Zahlen sprechen für sich: Für das Hotel- und Gaststättengewerbe, insbesondere in Brüssel, waren die letzten acht Monate eine einzige Katastrophe. Den düsteren Auftakt gab es ja schon im November letzten Jahres mit dem Lockdown: Nachdem die Behörden Terrorwarnstufe 4 ausgelöst hatten, war die Hauptstadt tagelang wie ausgestorben. Und die Auswirkungen waren auch noch einen Monat später spürbar. Selten wohl waren die Endjahresfesttage so trist wie 2015. Und als sich die Lage gerade wieder halbwegs zu normalisieren schien, da gab's dann die dramatischen Anschläge vom 22. März.
Brüssel: Umsatzeinbußen von 120 Millionen Euro
Entsprechend gesalzen fällt also die Rechnung für den Horeca-Sektor aus: In Brüssel musste das Hotel- und Gaststättengewerbe Umsatzeinbußen in Höhe von 120 Millionen Euro hinnehmen.
In Prozenten ausgedrückt zeigt sich noch eher das wahre Ausmaß: minus 14 Prozent Umsatz bei den Restaurants, minus 16 Prozent bei den Hotels und minus 18 bei den Cafés. Das ist knapp ein Fünftel weniger als im Vergleichszeitraum des Jahres 2015. Davon verschont blieb auch nicht das Hotel- und Gaststättengewerbe in Flandern und in der Wallonie, wobei die Einbußen da aber längst nicht so spektakulär ausfallen.
Feierabendbierchen auf dem heimischen Sofa
So ganz wollten insbesondere die Hauptstädter aber anscheinend doch nicht auf ihr Feierabendbierchen verzichten: Im gleichen Zeitraum verzeichneten die Getränkehändler nämlich ein kräftiges Plus. Die Menschen haben sich eben auf das heimische Sofa verlagert.
Doch ist der HORECA-Sektor nicht der einzige, der unter der terroristischen Bedrohung zu leiden hatte. Auch der Einzelhandel wurde empfindlich getroffen. Beispiel: In Brüssel verzeichnete die Bekleidungsbranche einen Umsatzverlust von 17 Prozent. In Flandern und in der Wallonie ist die Lage allerdings ähnlich. Und das gilt im Grunde für alle untersuchten Sektoren: Auch außerhalb von Brüssel hat die terroristische Bedrohung sichtbar das Verbraucherverhalten negativ beeinflusst.
Gesamtschaden knapp eine Milliarde Euro
Besagte Studie des Wirtschaftsministeriums hat dann also am Ende all diese Zahlen addiert: Erst die Umsatzeinbußen im Horeca-Sektor: ein Minus von über 120 Millionen allein in Brüssel, 30 Millionen in Flandern, 20 in der Wallonie - macht zusammen rund 175 Millionen. Obendrauf kommen dann nochmal die Mindereinnahmen für den Staat, der ja wegen all dem weniger Steuern kassiert hat. Hier geht die Studie im Moment von einem Minus von 760 Millionen aus. Gesamtschaden also: knapp eine Milliarde Euro. Das entspricht 0,1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes.
Und das sei wohl leider auch noch nicht das Ende der Fahnenstange, sagt Wirtschaftsminister Kris Peeters in Het Laatste Nieuws. Bis sich die Lage wirklich wieder normalisiert, könnten wohl noch Monate vergehen.
Dabei kämpfen viele der betroffenen Betriebe längst um ihre Existenz, wenn sie nicht schon den Bach runtergegangen sind. Das zeigt sich an einem Parameter: der Zahl der in Anspruch genommenen Kurzarbeitstage. Die Regierung hatte die Maßnahme ausgeweitet und lässt in diesem Zusammenhang auch "höhere Gewalt" als Begründung für wirtschaftliche Arbeitslosigkeit durchgehen.
Betriebe kämpfen um ihre Existenz
Im Einzelhandel wurden die Mitarbeiter auf dieser Grundlage noch im vergangenen Monat Mai für insgesamt 10.000 Tage in Kurzarbeit geschickt, "technische Arbeitslosigkeit", wie man sagt. Das ist 20 Prozent mehr als im Mai 2015.
Im Hotel- und Gaststättengewerbe ist die Lage noch viel schlimmer: Hier liegt die Zahl der Tage von vorübergehender Arbeitslosigkeit um über 150 Prozent höher als ein Jahr zuvor, fast eine Verdreifachung also... Beide dieser bedrohlichen Kurven zeigen steil nach oben: Sowohl im Einzelhandel als auch im Horeca-Sektor stehen also zahlreiche Betriebe nach wie vor mit dem Rücken zur Wand und entsprechend viele Arbeitsplätze auf der Kippe.
Die Regierung unterstreicht zwar, dass man eine Reihe von Hilfen und Erleichterungen auf den Weg gebracht hat, um den Betrieben unter die Arme zu greifen. Die Erschütterungen waren dann aber anscheinend doch zu stark.
Und, dass sich da gerade im Moment wieder die Schreckensmeldungen aus der ganzen Welt häufen, dürfte auch nicht wirklich dazu beitragen, dass die Menschen wieder zu ihrem "normalen Leben" zurückkehren...
Roger Pint - Archivbild: Arthur Gekiere (belga)