"Jetzt hat die Polizei wirklich die Nase voll", titelt La Dernière Heure. "Die Flughafenpolizei geht mit den Sicherheitsvorkehrungen in Zaventem hart ins Gericht", so die Schlagzeile von Gazet van Antwerpen.
Die Flughafenpolizei hat sich in einem offenen Brief an die Regierung gewandt, indem sie auf eine Reihe von Missständen aufmerksam macht. Darin wird unter anderem eine beängstigende Feststellung gemacht: Nach Überzeugung der Ordnungskräfte arbeiten am Landesflughafen Sympathisanten der Terrororganisation IS. Mindestens 50 Menschen, die am Flughafen arbeiten, seien radikalisiert oder hätten eine kriminelle Vergangenheit. Einige davon seien in den Geschäften im Flughafen tätig, andere beim Putzdienst, und einige dieser mutmaßlichen IS-Sympathisanten arbeiteten auch bei der Gepäckabfertigung.
Flughafenpolizei kritisiert Sicherheitsmaßnahmen
Das bringt Het Nieuwsblad zu der unheimlichen Schlagzeile: "Die Terroristen hatten Helfer am Flughafen". Jedenfalls könne man davon ausgehen, dass einige Airport-Mitarbeiter der Terrorzelle wichtige Informationen weitergegeben haben.
In La Dernière Heure formuliert die Flughafenpolizei neun Dringlichkeitsmaßnahmen, die sofort ergriffen werden müssten. Beispiel: Künftig dürfe es Fahrzeugen nicht mehr erlaubt sein, näher als 100 Meter an das Flughafengebäude heran zu kommen. Das wäre also das Ende der sogenannten Kiss&Fly-Zone. Sollten die Regierung und die Flughafenverantwortlichen nicht auf diese Forderungen eingehen, droht die Flughafenpolizei mit Streik.
Der Brussels Airport ist derweil immer noch geschlossen. Frühestens am Nachmittag ist mit einer zaghaften Wiederaufnahme des Flugbetriebs zu rechnen, wie unter anderem La Dernière Heure berichtet. Der Normalzustand kann aber frühestens in drei Monaten wieder hergestellt werden. Die Folge steht auf Seite eins von Het Laatste Nieuws: "Die Regionalflughäfen schlagen Alarm", schreibt das Blatt. Die Airports in Charleroi, Lüttich, Ostende und Deurne haben ja einen Teil des Flugbetriebs des Brussels Airport übernommen. Sie alle sind aber mehr oder weniger überfordert. Und spätestens zu Beginn der Sommerferien drohe ein Chaos. "Brüssel, wir haben ein Problem", so fasst Het Laatste Nieuws denn auch die Botschaft der Regionalflughäfen zusammen.
Gezerre um Untersuchungsausschuss
Die politische Aufarbeitung der Anschläge ist derweil am Mittwoch ins Stocken geraten. "Fehlstart für die parlamentarische Untersuchungskommission", titelt Le Soir. Die Parteien sind sich nach wie vor nicht darüber einig, was genau der Ausschuss untersuchen soll. Die MR will dafür sorgen, dass auch die Vergangenheit durchleuchtet wird. Man sollte also auch der Frage nachgehen, wie es dazu gekommen ist, dass sich in gewissen Vierteln in Brüssel Parallelwelten bilden konnten. Indirekt geht es hier wohl auch um die Rolle des ehemaligen Bürgermeisters von Molenbeek, Philippe Moureaux. "MR und PS sind sich uneins über den Auftrag der Untersuchungskommission", schreibt denn auch Het Belang van Limburg.
L'Avenir hat Verständnis für das derzeitige politische Gezerre. Beide Standpunkte sind vertretbar, meint das Blatt in seinem Leitartikel. Zugleich ist klar, dass keine Partei und auch nicht die Regierung alleine am Ende am Pranger stehen will.
De Standaard bestätigt diesen Eindruck: "Die MR befürchtet, dass Charles Michel und seine Regierung zur Zielscheibe des Untersuchungsausschusses werden", schreibt das Blatt. Deswegen will man vorab sicherstellen, dass auch die Sozialisten ihr Fett weg kriegen.
La Libre Belgique warnt aber davor, dass man am Ende vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sieht. Wichtigste Mission des Ausschusses ist es, die brennenden Fragen in Bezug auf mögliche Ermittlungspannen zu beantworten. Alle Parteien sollten doch bitte der Versuchung widerstehen, in irgendeiner Weise politisches Kapital aus den Attentaten schlagen zu wollen.
Kritik von Wirtschaftsbossen
In Het Nieuwsblad glaubt eine Reihe von ehemaligen Topmanagern derweil, das Hauptproblem schon erkannt zu haben. "Dieses politische System ist nicht mehr zu halten", sagen unter anderem Ex-Post-Geschäftsführer Johnny Thijs und der frühere SNCB-Chef Karel Vinck. Sie und andere kritisieren insbesondere, dass im politisch zersplitterten Belgien die Verantwortlichkeiten nicht klar definiert sind. Die früheren Industriekapitäne fordern denn auch einen radikalen "Systemwechsel".
Wenn die sich da mal nicht überschätzen, meint Het Nieuwsblad in seinem Leitartikel. Ein Land zu regieren, das ist nur bedingt vergleichbar mit dem Führen eines Unternehmens. Und zum Thema Verantwortlichkeiten: Waren es nicht auch Manager, die die Bankenkrise verursacht haben? Und wie viele davon wurden am Ende dafür bestraft? Die Politik kann zweifelsohne von der Privatwirtschaft lernen. Zugleich sollten sich Manager aber auch nicht zu groß aufblasen.
Staatsreform als Pannenquelle?
Auch Het Belang van Limburg ist der Ansicht, dass die innerbelgische und auch internationale Kritik an Belgien zumindest in Teilen unbegründet ist. Ist Belgien ein "Failed state", ein gescheiterter Staat? Die politische Zersplitterung mag in vielen Bereichen als Ursache von Missständen durchgehen, räumt das Blatt ein. Beispiel: Unsere Mobilitätsprobleme sind gigantisch, Belgien hat aber vier Mobilitätsminister, die alle jeweils in eine andere Richtung laufen. Aber: Was die Staatsreformen mit den Anschlägen zu tun haben sollen, ist ein Rätsel. Die Terrorabwehr ist von A bis Z eine rein föderale Zuständigkeit.
Auch Gazet van Antwerpen kann die Kritik an Belgien nur bedingt nachvollziehen. Inzwischen hat sich herausgestellt, dass auch die Niederlande und die Türkei in dieser Sache Fehler gemacht haben. Man sollte die Frage vielleicht mal anders stellen: Die Suche nach Schuldigen ist müßig, sollte man nicht vielmehr dafür sorgen, dass Informationen künftig besser und schneller ausgetauscht werden?
Surreales Brüssel
Het Laatste Nieuws wettert seinerseits einmal mehr gegen die politischen Strukturen in der Hauptstadt: 19 Gemeinden, sechs Polizeizonen, und doch will das surreale Brüssel den Realitäten immer noch nicht ins Auge sehen, beklagt das Blatt in einem überdimensionierten Leitartikel. In der Hauptstadt weiß die rechte Hand nicht, was die linke tut. Und selbst 35 Tote können die Frankophonen nicht davon überzeugen, dass das der falsche Weg ist.
"Molenbeek wappnet sich gegen Extrem-Rechts", so derweil die Aufmachergeschichte von De Morgen. Rechtsradikale aus ganz Europa wollen am Wochenende in Molenbeek protestieren. In Brüssel wurde deshalb schon ein Versammlungsverbot verhängt.
"Wer sich nicht integriert, muss gehen", schreibt De Standaard auf Seite eins. Das ist die Quintessenz eines neuen Gesetzentwurfs, den die Regierung am Mittwoch verabschiedet hat. Demnach müssen neu zugezogene Ausländer künftig also den Beweis erbringen, dass sie aktiv bemüht sind, sich zu integrieren.
Roger Pint - Bild: Laurie Dieffembacq/BELGA