Eine Geste, zuallererst. Halten wir innen. Verneigen wir uns vor den Opfern. Teilen wir den Schmerz der Familien. Eine Notwendigkeit. Danken wir denen, die den Verletzten am Dienstag erste Hilfe geleistet haben. Ein Gefühl. Zorn. Abscheu. Wut. Ein Schrei, nein. Eine Haltung. Stellen wir uns der Herausforderung. Selbstbewusst. Mit diesen Sätzen beginnt La Libre Belgique ihren Kommentar, der sich natürlich mit den Terroranschlägen am Dienstag in Brüssel beschäftigt. Auch für alle anderen Zeitungen gibt es fast nur dieses Thema.
"Horror!", titelt La Dernière Heure. "Vereint in Trauer", heißt es bei L'Avenir auf Seite eins. "Sie wollten noch viel mehr Menschen töten", so die Schlagzeile von Het Laatste Nieuws. In Sonderausgaben berichten die meisten Zeitungen über die tödlichen Anschläge am Dienstag am Brüsseler Flughafen Zaventem und in der Metrostation Maelbeek, mitten im Brüsseler Europaviertel.
Belgien ist im Krieg angekommen
Kommentierend meint dazu De Standaard: Nichts ist mehr, wie es war. Belgien ist in dem Krieg angekommen, den die Terroristen mit den Anschlägen von Paris begonnen haben. Unumgänglich wird unser Leben noch mehr als bisher von Sicherheitsmaßregeln bestimmt werden, von der Einschränkung der Bewegungsfreiheit und der Privatsphäre. Im Krieg gelten andere Gesetze. Und wir führen einen Krieg gegen Gegner, die sich an keine Regeln halten, so De Standaard.
Het Nieuwsblad sieht den Dienstag als eine weitere Episode in einer schon langen Serie von Anschlägen: Die Bilder aus der Welt gleichen sich immer mehr. New York, Madrid, London, Paris, und nun Brüssel. Der 22. März ist unser "Schwarzer Dienstag", ein Tag, den wir nie mehr vergessen werden. Aber auf der Weltkarte des Terrors ist das Datum nur eins unter vielen. Immer wieder gibt es die gleiche blinde Gewalt, immer wieder die gleiche blinde Panik", schreibt resigniert Het Nieuwsblad.
Brüssel ins Herz getroffen
La Libre Belgique kommentiert: Belgien hatte sich an das Klima gewöhnt, an die dauernde Bedrohung, die seit den Pariser Attentaten auch über unserem Land lag. Wir hatten gehofft, dass die Terroristen uns letztlich doch verschonen würden mit ihrer blinden, blutigen Barbarei. Wir haben uns getäuscht. Brüssel ist mitten ins Herz getroffen worden. Trotzdem: Absolut nichts, noch nicht mal diese barbarischen Anschläge dürfen uns daran hindern, unsere Werte zu verteidigen. Nämlich Freiheit und Toleranz. Denn wenn wir der Hoffnungslosigkeit verfallen, dem Hass und der Gewalt gegenüber egal wem, wäre es genau das, was diese Fanatiker wollen, glaubt La Libre Belgique.
Einen etwas anderen Ton schlägt La Dernière Heure ein: Die massive Militärpräsenz hat das doppelte Blutbad von Dienstag nicht verhindern können. Wir haben uns also nur virtuell in Sicherheit wiegen können. Jetzt muss man das Übel an den Wurzeln packen. Und dabei müssen wir schwere Geschütze auffahren. Gleichzeitig wäre es gut, wenn die Vertreter eines fortschrittlichen und aufgeklärten Islams sich auch auflehnen würden gegen diese Barbarei. Sie sind nämlich auch ein Teil der Lösung, findet La Dernière Heure.
Die Wirtschaftszeitung L'Écho fände es gut, wenn man die Verbreitung der Scharia unter Strafe stellen würde: Denn die Anschläge sind ein Ausdruck dieser Ideologie, die sich dort eingenistet hat, wo die westlichen Demokratien versagt haben, meint L'Écho.
"Einheit macht stark"
L'Avenir schreibt: Wir sollten uns in diesen schweren Stunden an die Devise erinnern, die sich unser Land gegeben hat: Einheit macht stark. Denn wir wissen, dass das, was am Dienstag geschehen ist, sich wiederholen kann. Diese verblendeten Verrückten werden vor nichts zurückschrecken, um ihre obskure Ideologie durchzusetzen. Dagegen hilft nur vereinter Widerstand, und der ist nur dann möglich, wenn sich alle Teile der Gesellschaft an dieser gerade von Belgien viel beschworenen Einheit beteiligen, so L'Avenir.
Die flämische Wirtschaftszeitung De Tijd sieht das ähnlich: Wir besiegen den Terrorismus nur als ganze Gesellschaft, die Moslems eingeschlossen. Mit Polarisierungen kommen wir nicht weiter. Und auch Sicherheitsvorkehrungen alleine sind nicht mehr genug. Ein großes Problem sind dabei natürlich die jungen Menschen, die mit den Syrienrückkehrern sympathisieren und die Salah Abdeslam sowie andere Terroristen wie Stars verehren, stellt De Tijd fest.
"Lassen wir uns einschüchtern?"
"Auch Belgien ist jetzt auf dem Schlachtfeld", kommentiert derweil De Morgen. Auch für diese Zeitung ist klar, dass wir seit am Dienstag nicht mehr so weiterleben können, wie bisher. Die wichtigste Frage dabei aber lautet, wie wir ein geändertes Leben in Einklang bringen können mit den Normen und Werten eines freien, offenen und gleichberechtigten Zusammenlebens aller, formuliert ratlos De Morgen.
Auch Het Belang van Limburg stellt sich die Frage: Wie können wir angemessen auf Dienstag reagieren? Lassen wir uns einschüchtern von den Terroristen, oder reagieren wir damit, dass wir unseren Widerstand mobilisieren? Es wird ein Gemisch von beidem sein. Denn ob wir wollen oder nicht: Die Toten von am Dienstag werden nicht spurlos an uns vorbeigehen. Sie werden, bewusst oder unbewusst, einen Einfluss auf unsere mentale Widerstandskraft haben", glaubt Het Belang van Limburg.
Alain Kniebs - Bild: Dirk Waem/BELGA