"Die Türkei macht Druck auf die EU", titelt Het Belang van Limburg. "Die Türken spielen ein knallhartes Spiel", so die Schlagzeile von Het Nieuwsblad. "Die Türkei setzt Europa das Messer an die Kehle", schreibt De Morgen auf Seite eins.
In Brüssel haben die 28 EU-Staats- und Regierungschefs mit ihrem türkischen Amtskollegen über eine Regulierung der Flüchtlingsströme beraten. Zwar wurden einige grundsätzliche Einigungen erzielt; für die Details wollte sich aber eine Reihe von EU-Staaten noch Zeit geben. Man vertagte sich also auf den nächsten Gipfel in zehn Tagen.
Ankaras Wunschliste
Grund für das Zögern ist die überraschend lange Wunschliste, die Ankara in Brüssel vorgelegt hat. "Die Türkei treibt die Preise nach oben", schreiben La Libre Belgique und Het Belang van Limburg. So verlangt Ankara als Gegenleistung für die Rücknahme von Flüchtlingen unter anderem sechs Milliarden Euro und schnellere Beitrittsverhandlungen mit der EU. Ein Prinzip wurde offenbar aber schon festgehalten: Europa schickt Flüchtlinge aus Griechenland wieder in die Türkei, lässt dafür aber ebenso viele Migranten aus der Türkei in die EU einreisen. "Das 'türkische Angebot' war doch ein bisschen seltsam", schreibt Le Soir. So mancher hat hier die unsichtbare Hand der Deutschen und Niederländer gesehen. Entsprechend war die Atmosphäre beim Brüsseler Gipfel von Anfang an gestört.
Die Europäer haben mit ihren erneuten Streitereien den Türken Tür und Tor geöffnet und den roten Teppich ausgerollt, wettert L'Écho in seinem Kommentar. Für den türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu war es dann auch ein Leichtes, die Europäer niederzuringen und seine Bedingungen zu diktieren. Und ganz nebenbei hatte Europa die Menschenrechte und auch die Pressefreiheit offensichtlich an der Garderobe vergessen.
EU frisst Erdogan aus der Hand
Europa saß auf den blanken Knien, meint auch Het Laatste Nieuws. Eigentlich hat Europa den Autokraten Erdogan so nötig wie Zahnschmerzen; gerade jetzt ist es aber leider etwas anders. Jetzt brauchen wir den Diktator vom Bosporus dann doch wieder. Erdogan lässt die Europäer das spüren. Und im Namen der Realpolitik fallen dann mal eben die Menschenrechte unter den Tisch, nach dem Motto: Un moment de gêne est vite passé, ein peinlicher Augenblick ist schnell vergessen.
Auch De Standaard ist richtig wütend. Machtlos und gespalten ist Europa zum Spielball des Autokraten von Ankara geworden. Einer der stärksten Wirtschaftsakteure der Welt frisst dem Diktator Erdogan aus der Hand. Das alles nur, weil Europa den Flüchtlingsstrom nicht in den Griff bekommt und stattdessen die Türkei die Arbeit machen lassen will, wie hoch die moralischen, finanziellen und politischen Kosten auch sein mögen. Wie lange noch müssen sich die Europäer beleidigen und lächerlich machen lassen? Die Frage ist doch, ob die Türkei unter diesen Umständen überhaupt ein Interesse daran hat, Europa ernsthaft zu helfen.
Haushaltsloch - Van Overtveldt unter Druck
Zweites großes Thema ist das neuerliche Loch im föderalen Haushalt. Vor der anstehenden Haushaltskontrolle fehlen offenbar zwei Milliarden Euro. "Und das ist schon eine gehörige Entgleisung", urteilt L'Écho.
Als Sündenbock muss hier der N-VA-Finanzminister Johan Van Overtveldt herhalten. Die CD&V übte bereits beißende Kritik am föderalen Kassenwart. Zu allem Überfluss veröffentlichen De Morgen und Het Laatste Nieuws jetzt eine Reihe von internen E-Mails aus dem Kabinett von Van Overtveldt. Daraus geht offenbar ganz klar hervor, dass der Finanzminister systematisch Warnungen aus der Verwaltung und vom Rechnungshof in den Wind geschlagen hat. "Van Overtveldt hat die Zahlen selber aufgeblasen", so denn auch das Fazit von Het Laatste Nieuws.
Fakt ist jedenfalls, dass die Regierung plant, möglicherweise erst ein Jahr später als geplant, ein ausgeglichener Haushalt vorzulegen, sprich: 2019.
Wie verschiedene Zeitungen berichten, wäre die EU damit nur sehr bedingt einverstanden. Laut De Standaard droht Belgien sogar wegen Nichteinhaltung des Haushaltsfahrplans wieder auf der Strafbank zu landen. "Die Eurogruppe stellt Belgien ein sehr schlechtes Zeugnis aus", schreibt auch Het Laatste Nieuws.
Ein Aufschub des Haushaltsgleichgewichts, das wäre die ultimative Desavouierung der Schwedischen Koalition, glaubt Le Soir. Gerade die N-VA hatte doch quasi eine Zeitenwende versprochen. Das war wohl nichts. Und eben die flämischen Nationalisten geraten dadurch auch bei ihren eigenen Leuten unter Druck. In solchen Momenten können Parteien unberechenbar werden, warnt Le Soir.
La Libre Belgique hingegen will nicht ausschließen, dass das Ganze bis zu einem gewissen Maß inszeniert ist. Jedenfalls stützt das Haushaltsloch die N-VA-These, wonach Sozialleistungen weiter beschnitten werden müssen.
Wer braucht eine Flämische Verfassung?
Viele Zeitungen sind jedenfalls der Ansicht, dass sich der jüngste Vorstoß des flämischen N-VA-Ministerpräsidenten Geert Bourgeois eben in diesem Kontext einbettet. Bourgeois hat ja am Montag eine Lanze gebrochen für eine "flämische Verfassung".
"Womit kommt der denn jetzt?", fragt sich da De Morgen. Die Forderung nach einem flämischen Grundgesetz ist nicht nur politisch unrealistisch, sondern auch vollkommen unnötig. Das braucht die Welt nicht, erst recht nicht, wenn man sich eben diese Welt anschaut, fügt auch Gazet van Antwerpen hinzu. Flüchtlingskrise, Syrien, der Gipfel mit der Türkei, da sollte man sich doch eher um eine europäische Verfassung sorgen. Für De Morgen und Het Belang van Limburg lässt das Ganze nur einen Schluss zu: Die Parteien sind ständig im Wahlkampfmodus, selbst wenn die nächste Wahl erst in drei Jahren stattfindet.
Ein Journalist von De Morgen veröffentlicht heute ein Buch über das Busunglück vor vier Jahren in Siders mit 28 Toten. Sein Fazit: Vieles weist darauf hin, dass der Busfahrer Selbstmord begangen hat.
Einige Zeitungen machen schließlich auf mit dem heutigen Weltfrauentag. "Es hat sich viel getan", sagen drei Frauen auf Seite eins des GrenzEchos; es bleibt aber ein "ständiger Kampf", sagen andere auf der Titelseite von La Libre Belgique. Ein Frauentag ist und bleibt nötig, meint auch Het Nieuwsblad in seinem Leitartikel. Solange Frauen für dieselbe Arbeit weniger verdienen als Männer, ist der Kampf nicht gewonnen.