"Hohe Pensionen steigen ab 2018", titelt De Standaard. Le Soir weiß es genauer: "Renten: Das Ende der Obergrenze von 1.672 Euro". Pensionsminister Daniel Bacquelaine plant nach der Erhöhung des Renteneintrittsalters eine neue Reform. Die wird im Wesentlichen Besserverdienende betreffen. Es ist so: Für Renten galt im Privatsektor bislang eine Obergrenze von 1.672 Euro netto für einen Alleinstehenden. In der Praxis bedeutet das: Wer mehr als 53.000 Euro brutto pro Jahr verdient und deswegen höhere Rentenbeiträge bezahlt, der bekommt dafür trotzdem keine höhere Pension. An dieser Obergrenze hat sich in den letzten 20 Jahren nichts geändert. Ab 2018 will Bacquelaine jetzt diese Obergrenze anheben.
Gute Neuigkeit auch auf Seite eins von Het Laatste Nieuws: "Wenn man billigeren Strom möchte, dann ist jetzt der richtige Zeitpunkt". Hintergrund: Seit die Meiler Doel 3 und Tihange 2 wieder am Netz sind, gibt es ein spürbar größeres Stromangebot. Entsprechend sind die Strompreise seit November merklich günstiger geworden.
Tunnel der Zwietracht
Innenpolitisch droht indes ein handfester gemeinschaftspolitischer Streit um die Brüsseler Autotunnels. La Libre Belgique spricht auf ihrer Titelseite auch schon von den "Tunneln der Zwietracht". Viele dieser Bauwerke sind ja in einem schlechten Zustand; der verkehrstechnisch wichtige Stéphanie-Tunnel musste aus Sicherheitsgründen sogar geschlossen werden. Die Problematik war am Mittwoch kurzfristig auf die Tagesordnung des sogenannten Konzertierungsausschusses gesetzt worden. In diesem Gremium sitzen ja Vertreter aller Regierungen des Landes. Am Mittwoch ist die Konzertierung aber in eine "Schlammschlacht" ausgeartet, wie es De Standaard formuliert. Premierminister Charles Michel hatte sich nämlich im Anschluss "erstaunt" darüber gezeigt, dass die Brüsseler Regionalregierung nach wie vor nicht wirklich einen Plan hat, wie man das Problem lösen könnte. Der Brüsseler PS-Ministerpräsident Rudi Vervoort reagierte hörbar verstimmt auf den Vorwurf des föderalen Kollegen.
"Was für ein unwürdiges Theater!", wettert Le Soir in seinem Leitartikel. Der Konzertierungsausschuss hat gerade wieder den Beweis dafür erbracht, dass es sich dabei eigentlich nur um eine Show-Veranstaltung handelt. Die Hauptschuld trägt hier der Premier. Eine wirkliche Führungspersönlichkeit darf es nicht zulassen, dass eine Sitzung, die Lösungen für alle Belgier, und nebenbei auch Europäer, herbeiführen soll, zu einer Massenschlägerei verkommt. Die Botschaft an die Außenwelt: Belgien ist ein Land, das nicht regiert wird.
Die Grenzen des Kooperationsföderalismus
"Bedauerlich, beklagenswert, jämmerlich!", meint auch resigniert La Libre Belgique. Hier zeigen sich die Grenzen des belgischen Föderalmodells. Die sind nämlich dann erreicht, wenn nicht auf allen Ebenen dieselben Mehrheiten an der Macht sind. Im Moment ist auf föderaler Ebene die PS in der Opposition, in Brüssel stellt sie den Ministerpräsidenten, wo dann die MR ihrerseits in der Opposition sitzt. Heißt im Klartext: Derzeit kann von einem "Kooperationsföderalismus" keine Rede sein, vielmehr steckt man sich gegenseitig Stöcke in die Speichen.
Wie sehr Flamen und Frankophone da unterschiedlicher Meinung sind, das zeigt sich auch in den Leitartikeln verschiedener flämischer Blätter. "Brüssel kann nicht ewig scheitern", tobt etwa De Standaard. Die Hauptstadt kann nicht immer wieder den Status einer vollwertigen Region für sich beanspruchen, wenn sie nicht mal dazu in der Lage ist, ihre Zuständigkeiten effizient zu verwalten. Das Einzige, was die Brüsseler Regionalverantwortlichen sehr gut können, das ist die Hand aufzuhalten und um mehr Geld zu betteln. Kundenfreundlicher ist die Stadt aber dadurch noch nie geworden. Bei der politischen Zerstückelung sollte man da schon einmal anfangen: ein Bürgermeister, ein Polizeichef, ein Gemeinderat und darüber hinaus kein Tralala mehr.
Het Laatste Nieuws hingegen glaubt, dass sich auch die Flamen an die eigene Brust klopfen sollten. Denn nicht vergessen: Die Brüsseler Mobilitätsminister waren 20 Jahre lang allesamt niederländischsprachig. Hier gilt also offensichtlich das, was auch schon in Flandern erkennbar ist: Was wir selbst machen, das machen wir auch in Brüssel nicht besser. So zu tun, als wäre die Verkehrsproblematik in der Hauptstadt allein eine Brüsseler Angelegenheit, das ist viel zu kurz gegriffen. Und in der Zwischenzeit hat Donald Trump nicht ganz Unrecht: Ja, Brüssel ist ein Höllenloch, zumindest sein Untergrund.
Neue Enthüllungen im Fall Karin Gérard
Unterdessen geht die Saga um die Brüsseler Schwurgerichtspräsidentin Karin Gérard weiter. Viele Zeitungen greifen heute die Story von La Dernière Heure auf. "Richterin fingierte Überfall", schreibt Het Laatste Nieuws auf Seite eins. Het Nieuwsblad setzt hingegen immer noch ein Fragezeichen: "Betrunken hingefallen - oder doch beraubt?" La Dernière Heure kartet heute ihrerseits nach: "Neue Enthüllungen, die gegen Karin Gérard sprechen", verspricht das Blatt auf Seite eins. Demnach sei inzwischen etwa eindeutig klar, dass die Richterin nicht, wie von ihr ausgesagt, aus dem Justizpalast kam, sondern aus einem Café in Saint-Gilles.
"Wie konnte eine hohe Richterin nur allen Ernstes davon ausgehen, dass die Ermittler dieses Ammenmärchen glauben würden?", fragt sich La Dernière Heure in ihrem Leitartikel. Nur weil die Polizei bisher Salah Abdeslam noch nicht schnappen konnte, muss sie den Leuten doch nicht gleich alles abkaufen. Irgendwie mag es so aussehen, als habe Karin Gérard bewusst beruflichen Selbstmord begehen wollen. Insofern wäre die Frau eigentlich ein Fall für Sigmund Freud.
Unfassbare Vorwürfe aus Griechenland gegen Theo Francken
Einige Zeitungen schließlich berichten über einen fiesen Vorwurf, der derzeit gegen Theo Francken im Raum steht. Het Nieuwsblad wähnt den Asylstaatssekretär schon "in der Bredouille". Der griechische Migrationsminister behauptete im Fernsehen, dass der belgische Vertreter im Ministerrat unfassbare Aussagen gemacht habe. Nämlich, dass man die Flüchtlinge auch "zurück ins Meer treiben" könne, und "wenn sie dabei ertrinken" würden.
Bei besagter Sitzung wurde Belgien eben durch Theo Francken vertreten. Der nennt die Vorwürfe unter anderem in De Standaard und Het Nieuwsblad schlichtweg "grotesk".
Roger Pint - Bild: Nicolas Maeterlinck/BELGA