"Keine Einigung, noch mehr Drohungen", titelt Het Laatste Nieuws. "Chaos auf den Schienen sofort nach den Weihnachtsferien", heißt es bei La Libre Belgique. Und De Morgen schreibt: "Peeters will vermitteln zwischen Bahn und Gewerkschaften".
Zu den am Mittwoch gescheiterten Schlichtungsgesprächen zwischen Bahnführung und Gewerkschaften der SNCB kommentiert die Wirtschaftszeitung L'Echo: Beide Seiten sollten noch mal in sich gehen und überlegen, was sie da gerade machen. Schnell würden sie dann feststellen, dass das nichts Gutes ist. Mit dieser Einsicht sollten beide Seiten es dann noch einmal miteinander versuchen, indem sie zunächst ihre Forderungen um ein paar Stufen herunterschrauben. Mit ein bisschen weniger Emotionen lässt es sich besser verhandeln. Das wäre im Sinne Aller, vor allem der Bahnnutzer. Dann sollten sie einen Vermittler akzeptieren. Wirtschaftsminister Kris Peeters hat sich dafür angeboten. Das alles wäre im Sinne aller, vor allem der Bahnnutzer, meint L'Echo.
Das Streikrecht endet, wo die Freiheit der Bürger beginnt
La Libre Belgique fragt sich: Ist es noch möglich, den Streik zu vermeiden? Fünf Tage, an denen das Land im Januar stillstehen wird? Man muss es hoffen. Keine Gewerkschaft hat das Recht - und seien ihre Gründe noch so gut - andere Leute daran zu hindern, zur Schule, zur Arbeit, ins Krankenhaus zu gehen. Das Streikrecht ist wichtig und muss respektiert werden. Aber es hat dort seine Grenzen, wo die Freiheit der Bürger beginnt, meint La Libre Belgique.
De Standaard analysiert das Verhalten der Gewerkschaften: Die Entscheidung, schon in einem so frühen Stadium der Verhandlungen mit fünf Streiktagen zu drohen, ist einmalig in der Geschichte Belgiens. Und sie ist ein Fehler. Sie setzt die Gewerkschaften unnötig unter Druck. Sollten sie nichts erreichen, wäre das fatal und würde künftige Drohungen auf Jahre hin belasten, glaubt De Standaard.
Für Het Belang van Limburg hat die Auseinandersetzung einen klaren politischen Hintergrund: Wenn es nur um die Eisenbahn selbst ginge, wäre die Sache schnell geregelt. Die Forderung der Chefetage, eine Stunde pro Woche länger zu arbeiten, ohne Lohnausgleich, weil dadurch der marode Betrieb gerettet werden kann, würde in der Privatwirtschaft direkt von allen Arbeitnehmern akzeptiert werden. Doch bei der SNCB geht es aktuell eben nicht um das Wohl des Unternehmens, und schon gar nicht um das Wohl der Reisenden, sondern um ein politisches Machtspiel. Das sieht man vor allem an der Haltung der sozialistischen Gewerkschaften. Und hier besonders bei den frankophonen, so Het Belang van Limburg.
Die politische Dimension des Konflikts sieht auch Het Nieuwsblad und bedauert dies: Das wird dazu führen, dass Bahndirektion und Föderalregierung die Gewerkschaften vor die Wand laufen lassen. Das ist katastrophal für die Zukunft der SNCB. Das zerstört ein Fundament, nämlich die partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, die jahrzehntelang gut funktioniert hat. Das wird negative Auswirkungen auf die Leistungen der Bahn haben. In Zeiten, in denen umweltbewusstes Verhalten auch politisch gewollt wird und wir immer mehr mit Verkehrsproblemen zu kämpfen haben, ist das fürwahr keine gute Nachricht, findet Het Nieuwsblad.
Staatsfeind Nummer Eins nur wegen Polizeivorschrift entkommen?
Mit einem anderen Thema befasst sich La Dernière Heure in ihrem Kommentar. Der mutmaßliche Attentäter von Paris, Salah Abdeslam, soll der Polizei in Molenbeek nur knapp entkommen sein. Die Polizei habe ihn nur deshalb nicht festnehmen können, weil Hausdurchsuchungen zwischen 21 Uhr und 5 Uhr verboten sind. Dazu meint das Blatt: Justizminister Koen Geens war am Mittwoch schnell dabei, diese Sache zu kommentieren. 15 Minuten hätten gefehlt, um Salah Abdeslam zu fassen.
Hätte die Polizei, so die Botschaft von Geens, schon in der Nacht das Haus durchsuchen dürfen, säße Abdeslam längst hinter Gittern. Der Minister will dadurch für sein Projekt werben, Hausdurchsuchungen künftig rund um die Uhr zu ermöglichen. Tatsächlich aber hat er Belgien mal wieder lächerlich gemacht. Welches Land lässt seinen Staatsfeind Nummer Eins denn tatsächlich laufen, nur weil eine Vorschrift es ihm untersagt, 15 Minuten früher in ein Haus zu stürmen, fragt sich rhetorisch La Dernière Heure.
EU-Flüchtlingspolitik erneut Gipfelthema
De Morgen schreibt zum EU-Gipfel, der heute in Brüssel beginnt: Thema Nummer Eins wird die Flüchtlingspolitik sein. Wieder einmal. Am Ende werden wir hören, welch tollen Maßnahmen Europa beschlossen hat, um die Situation zu meistern. Doch das ist nur Fassade, ein Schattenspiel, um uns zu täuschen. Von allen Maßnahmen, die bislang auf EU-Ebene beschlossen wurden, hat noch keine richtig gegriffen.
Die Flüchtlingswelle wird nicht von unseren Politikern aufgefangen, sondern von vielen mutigen Bürgern, stellt De Morgen fest.
Kay Wagner - Bild: Elisabeth Callens (belga)