"Brüssel bleibt im Ausnahmezustand", titelt das GrenzEcho. "Mindestens noch eine Woche Geisel der Angst", so Het Nieuwsblad. Und Le Soir schreibt: "Schulen werden wieder öffnen, trotz Terrorwarnstufe 4".
Die Schlagzeilen aller Zeitungen drehen sich heute um die Entscheidungen von Montagabend zur Sicherheitslage in Brüssel. Die Terrorwarnstufe in der Hauptstadt bleibt bis kommenden Montag auf der Maximalstufe 4. Schulen und die Metro sollen am Mittwoch wieder öffnen. Auch in den Kommentaren greifen die Zeitungen diese Entscheidungen auf.
La Libre Belgique schreibt: Die Entscheidungen rufen Verwirrung und Unverständnis hervor. Die Terrorwarnstufe bleibt auf vier, aber Schulen und Metro sollen wieder öffnen? Das ist widersprüchlich. Okay: Die Situation ist komplex, die Bedrohung extrem. Das mag der Grund dafür sein, dass sich die Regierung schwertut mit ihren Entscheidungen. Auf der einen Seite muss sie für Sicherheit sorgen, auf der anderen Seite darf sie Wirtschaft und soziales Leben nicht abwürgen. Trotzdem: Die Art und Weise, wie die Regierung am Montag ihre Maßnahmen vorgestellt hat, trägt nicht dazu bei, die Bevölkerung zu beruhigen, findet La Libre Belgique.
Wie lange soll das alles noch dauern?
Zustimmung dagegen kommt von der Wirtschaftszeitung L'Echo. Die Terrorwarnstufe wurde auf Stufe 4 gesetzt, weil die Bedrohung so groß schien. Zurzeit gibt es nichts, das uns annehmen lässt, dass die Bedrohung abgenommen hat. Dadurch ist die Regierung in einem Dilemma. Wie lange sollen die extremen Maßnahmen, die für unsere Sicherheit getroffen worden sind, noch aufrechterhalten werden? Wie lange wird es dauern, bis die Bedrohung weniger wird? Schwierig, darauf Antworten zu finden. Aber immerhin: Die Regierung Michel hat eine Antwort gegeben, so L'Echo.
De Morgen meint: Es ist heute noch zu früh, um zu sagen, ob die Entscheidung der Regierung richtig ist. Aber in einer parlamentarischen Demokratie kommt immer der Tag, an dem sich die Regierung für ihr Handeln rechtfertigen muss. Sie muss Parlament und Bevölkerung die Gründe darlegen, warum sie die eine oder die andere Entscheidung getroffen hat. Dann erst werden die Bewohner von Brüssel wissen, ob sie zu Recht oder zu Unrecht jetzt so viel Angst haben müssen, so De Morgen.
Ähnlich L'Avenir: Zum Glück leben wir ja in keiner Diktatur, wo man einfach von oben herab etwas befehlen kann, und dann ist gut. Eines Tages werden uns unsere Politiker ihre Entscheidungen erklären müssen. Bis dahin gilt es jetzt, Ruhe zu bewahren und Geduld. Im Namen unserer Werte und im Namen der Freiheit, findet L'Avenir.
Die Regierung hat sich selbst in Geiselhaft genommen
Le Soir schreibt: Die Regierung Michel erlebt gerade einen Albtraum. Sie hat sich selbst zur Geisel genommen. Indem sie die Terrorwarnstufe auf das Maximum gesetzt hat, hat sie sich zur Aufgabe verpflichtet, diese maximale Bedrohung zu beseitigen. Doch das hat sie bis jetzt nicht geschafft. Und es gibt auch keine Anzeichen dafür, dass das bald geschehen könnte. Dadurch entsteht eine unhaltbare Situation, die jetzt zu fragwürdigen Entscheidungen führt. Schulen wieder öffnen trotz Terrorwarnstufe 4? Belgien riskiert, sich wieder einmal lächerlich zu machen in den Augen der Weltöffentlichkeit. Das Land hat sich zur Geisel nehmen lassen von Terroristen. Die einzige Lösung besteht jetzt darin, diese Terroristen schnell zu beseitigen, glaubt Le Soir.
De Standaard meint: Bei diesem Kampf gegen den Terrorismus spielt Zeit eine entscheidende Rolle. Belgien hat gerade einen Staatsfeind Nummer Eins, nämlich Salah Abdeslam. Jede Stunde, die Abdeslam weiter frei herum läuft, ist eine Niederlage für den Staat. Denn die Unsicherheit bei der Bevölkerung bleibt bestehen, ja wächst sogar noch an. Der Eindruck wird immer größer, dass Abdeslam Teil einer ganzen Gruppe von Terroristen ist, Teil eines Netzwerks, das ihn beschützt, unauffindbar macht. Je länger das gelingt, umso bitterer für uns alle, urteilt De Standaard.
Die Terroristen können nicht gewinnen - die N-VA schon
Ganz anders Het Belang van Limburg: Machen wir uns nichts vor. Die Terroristen können den Kampf gegen uns gar nicht gewinnen. Die wenigen Menschen auf den Straßen von Brüssel sind kein Beweis dafür, dass es jetzt ständig so bleiben wird, eben wegen der Terroristen. Das wissen wir seit den Terroranschlägen in New York, London, Madrid und Paris Anfang des Jahres. Dort hat das normale Leben nach einiger Zeit wieder die Oberhand gewonnen. Warum sollte es bei uns anders sein?, so Het Belang van Limburg.
Het Laatste Nieuws schreibt: Von der aktuellen Terrorkrise profitiert bei uns vor allem die N-VA. Was die Flüchtlingskrise für Asylstaatssekretär Theo Francken war, ist die Terrorkrise für Innenminister Jan Jambon: Ein Sprungbrett in die Top 5 der beliebtesten Politiker unseres Landes. Wer folgt als nächstes? Vielleicht Verteidigungsminister Steven Vandeput, wenn Belgien mitmacht bei der Bombardierung von IS. Die N-VA-Politiker können schön ihre immer schon geklopften Sprüche weiterklopfen, während der Rest der Politiker quasi dummes Zeug erzählt. Sollte jetzt noch Abdeslam gefasst werden, knallen bei der N-VA die Korken, meint Het Laatste Nieuws.
Kay Wagner - Bild: Bild: Nicolas Maeterlinck (belga)