"Brüssel im Belagerungszustand", titelt L'Avenir. "Weiter höchste Alarmbereitschaft", so das GrenzEcho. Und Le Soir schreibt: "16 Festnahmen, Salah Abdeslam immer noch auf der Flucht".
Alle Zeitungen fassen in Schlagzeilen und zum Teil martialischen Bildern von bewaffneten Soldaten im Herzen von Brüssel die aktuellen Ereignisse in der Hauptstadt auf ihren Titelseiten zusammen. Die Terrorwarnstufe 4 gilt auch am heutigen Montag. Am Sonntagabend wurden bei einer Großrazzia rund um die Grand-Place mehrere Personen festgenommen. Der Mann, den man am meisten suchte, der angebliche Paris-Mitattentäter Salah Abdeslam, wurde nicht gefunden.
Auch alle Leitartikel und Kommentare drehen sich um die Situation in Brüssel. Le Soir schreibt: Das Ergebnis der Polizeiaktion ist enttäuschend. Salah Abdeslam wurde nicht gefasst. Ist er auf der Flucht nach Deutschland? Ist er im letzten Moment in Lüttich entkommen? Die Angelegenheit scheint noch nicht beendet. Der Aufwand, den Polizei und Militär geleistet haben, war groß. Das Ergebnis ist jedoch mager. Immer noch gibt es mehr Fragen als Antworten, meint Le Soir.
Auch Ruhe bewahren ist ein Zeichen des Widerstands
La Libre Belgique stellt fest: Das ganze Wochenende hat Angst in Brüssel geherrscht. Ohne Ergebnis, denn die Terroristen sind immer noch nicht gefasst. Haben sie jetzt ihr Ziel erreicht? Haben sie es geschafft, unseren Alltag zu verändern? Waren die Maßnahmen, die zu unserer Sicherheit getroffen wurden, falsch? Die Antwort ist "Nein". Die Maßnahmen waren notwendig und gerechtfertigt. Außerdem haben die Belgier zumeist mit Ruhe auf die Situation reagiert. Und auch diese Ruhe ist Zeichen unseres Widerstands, so La Libre Belgique.
Applaus für die Maßnahmen der Regierung spendet auch La Dernière Heure: Man spielt nicht mit der Sicherheit, fasst sie ihre Meinung zusammen. De Standaard geht sogar noch einen Schritt weiter: Richtige Entscheidung oder nicht - die Frage stellt sich überhaupt nicht. Die Regierung hat die Pflicht, alles zu tun, um die Bürger zu schützen. Jetzt ist es wichtig, dass sie einen kühlen Kopf bewahrt. Die ganze Situation muss unter Kontrolle bleiben, sie darf nicht kippen. Angst darf nicht geweckt werden. Denn wo Angst regiert, kommt es zu irrationalen Handlungen. Und das können wir jetzt gar nicht brauchen, so De Standaard.
Längerer "Ausnahmezustand" in Brüssel schwierig
L'Avenir dagegen findet: Angst ist bereits da. Die Maßnahmen der Regierung haben die Angst sogar noch vergrößert. Das kann man der Regierung nicht vorwerfen. Denn sie muss ja etwas tun, um die Bevölkerung zu schützen. Es bleibt die Frage, was jetzt geschehen muss, um die Terrorwarnstufe wieder abzusenken. Das können aus heutiger Sicht nur die Festnahme der Dschihadisten und die Zerschlagung der Terrorzellen sein. So gesehen war die Razzia von Sonntagabend wohl erst ein Anfang, befürchtet L'Avenir.
Le Soir allerdings warnt: Es wird extrem schwierig sein, Brüssel mehrere Tage hintereinander quasi lahmzulegen. Die Auswirkungen werden nicht nur in Brüssel zu spüren sein, sondern auch im ganzen Land. Die "Abriegelung" einer ganzen Stadt über einen so langen Zeitraum, nur als Vorsichtsmaßnahme, wegen Terrorgefahr, das hat es noch nie gegeben, weder in Belgien noch sonst wo, schreibt Le Soir.
Obama will IS zerstören
De Morgen blickt nach Malaysia: US-Präsident Barack Obama hat dort am Sonntag gesagt: "Wir werden IS zerstören". Eine solche Äußerung wirft natürlich direkt Fragen auf. Fragen, die sich auch bei den Interventionen in Afghanistan und im Irak gestellt haben: Wie erfolgreich kann so ein Krieg sein? Kann man ihn überhaupt gewinnen? Wer baut ein zerstörtes Land wieder auf? Werden durch einen Krieg nicht noch mehr Menschen radikalisiert? Eins scheint dennoch klar: Krieg wird kommen. Die UN hat schon alle Maßnahmen im Kampf gegen IS abgesegnet. Die Chancen stehen gut, dass in den nächsten Wochen eine Großoffensive gegen IS startet. Damit stehen die Chancen aber auch gut, dass bei uns so schnell keine Ruhe einkehren wird. Wir müssen wahrscheinlich lernen, mit der ständigen Angst zu leben. Das wird nicht einfach sein, ist aber notwendig. Und wir müssen zu unserem Alltag zurückkehren. Brüssel ohne Sport, Kultur und Unterhaltung ist einer Hauptstadt nicht würdig. Ein Wochenende, wie wir es jetzt gerade erlebt haben, will keiner noch mal erleben, findet De Morgen.
Nach dem Tax-Shift der "Safety-Shift"?
Het Belang van Limburg fordert mehr Geld für die Sicherheit: Schon lange ist bekannt, dass die Ausgaben für das Militär in Belgien so niedrig sind, wie in keinem anderen Land der EU. Auch unser Geheimdienst ist hoffnungslos unterfinanziert, hat zu wenig Mitarbeiter und Material. Das muss sich jetzt endlich ändern. Dafür wird die Regierung gefragt sein. Sie hat mit dem Tax-Shift bereits bewiesen, dass sie etwas verändern kann. Mehr Steuern für unsere Sicherheit, das ist das Gebot der Stunde. Nach dem Tax-Shift sollte die Regierung jetzt einen "Safety-Shift" versuchen, rät Het Belang van Limburg.
Kay Wagner - Bild: Nicolas Maeterlinck (belga)