Im Einzelnen
"Flämische Skepsis" schreibt L'Avenir über seinen Leitartikel und analysiert darin die gestrige Berichterstattung in den Zeitungen über den Thronwechsel: Wir haben ein zweigeteiltes Land erlebt, eine begeisterte, enthusiastische, emotionale Berichterstattung in den frankophonen Medien, eine Distanziertheit, ja teilweise sogar Kühle in der flämischen Presse.
Diese Unterschiede sind nicht neu, aber es ist bemerkenswert, dass das Muster sich hält. Das liegt an dem klassischen Dreieck der Meinungsbildung, das in Flandern wie geschmiert funktioniert. Meinungen werden gemacht von Politikern, Medien und der Bevölkerung. Jeder beeinflusst jeden, aus diesem Kreislauf auszubrechen ist schwer. Und was wir feststellen müssen ist: Auch die Beschlüsse zu mehr Konföderalismus und der Thronwechsel am Sonntag haben das in Flandern nicht geschafft, schreibt L'Avenir.
La Libre Belgique wirft einen Blick auf die engsten Mitarbeiter mit denen sich König Philippe umgibt und deren Namen er am Montag bekannt gegeben hat: Es ist ein erfahrenes und solides Team. Dabei hat der König mit der Wahl von Frans van Daele als Kabinettschef eine überlegte Wahl getroffen. Es ist eine bewusste Öffnung. Der langjährige Diplomat hat Beziehungen in alle Gemeinschaften und Regionen. Im Laufe seiner Karriere hat er mit allen Ebenen zu tun gehabt, auch als Botschafter auf internationalem Parkett. Mit dieser Wahl verbindet Philippe Kontinuität mit Neuanfang. Ein Duo, das könnte prägend für seine Herrschaft sein, so La Libre Belgique.
Gute Mannschaft für Philippe
Ähnlich sieht das De Morgen bei dem Blick auf das Team von Philippe. Greift sich dafür aber eine andere Person aus der Mannschaft heraus: Belgien, das war am Sonntag die Botschaft vom Palast, steht künftig als Symbol für Einheit und Verschiedenheit. An seinem ersten Tag im Amt hat König Philippe dies in der Wahl seiner Mitarbeiter umgesetzt. Er hat eine junge Frau mit türkischen Wurzeln aus dem flämischen Antwerpen in sein Berater-Team berufen. Das ist ein historischer Schritt für den Palast. Denn damit zeigt er, dass er die Verschiedenheit des Landes erkennt. Weil sich diese Verschiedenheit jetzt auch im Mitarbeiterstab des Königs spiegelt, findet De Morgen.
De Standaard kommentiert neueste Zahlen der EU zur Staatsschuld in Belgien. Demnach ist die Staatsschuld auf 104,5 Prozent des Brutto-Inlandprodukts gestiegen. Die Zahl an sich ist nicht sehr beunruhigend, schreibt die Zeitung, beunruhigender finden wir eher die Frage, wie mit diesen Schulden künftig umgegangen wird. Durch die sechste Staatsreform bekommen die Regionen ja mehr Zuständigkeiten. Der Einfluss der Generalregierung nimmt stark ab. Das gilt auch für den Umgang mit Schulden. Künftig wird es stark auf die Regionen ankommen. Schon in Flandern wird das schwer werden, aber wir haben immerhin gezeigt, dass ein ausgeglichener Haushalt möglich ist. Anders sieht es in Brüssel und in der Wallonie aus. Werden diese Regionen es schaffen, ihre Haushalte in den Griff zu bekommen? Sie müssen es einfach schaffen - Scheitern ist nicht erlaubt. Von daher ist es nicht ohne Grund, dass es in Namur, dem Sitz der wallonischen Regierung, in den vergangenen Wochen so harte Auseinandersetzungen um das Budget gegeben hat, schreibt De Standaard.
Beschluss mit Hintertür
Het Laatste Nieuws zeigt sich kritisch gegenüber dem Beschluss der flämischen Regierung, die Maximalgehälter von Managern in öffentlichen Betrieben zu deckeln. Künftig sollen diese Manager nicht mehr Geld als der Ministerpräsident verdienen dürfen. Das ist ein Beschluss mit Hintertür, schreibt das Blatt, und gerade gegenüber dem Wähler ist das kein gutes Beispiel von Regieren. Denn einerseits ist die Maßnahme ja gut. Man kann dem Wähler sagen: Seht her, wir machen etwas. Steuergelder werden nicht für maßlose Managergehälter ausgegeben. Aber andererseits sieht der Beschluss auch Ausnahmen vor - "wenn der Markt es verlangt". Dieser Zusatz ist die Hintertür, die alles wieder in Frage stellt, urteilt Het Laatste Nieuws.
"Mobistar ist krank"
L'Echo geht in seinem Leitartikel auf die Probleme des belgischen Mobilfunkanbieters Mobistar ein. Der Wert der Mobistar-Aktie ist drastisch gefallen. "Mobistar ist krank", schreibt die Wirtschaftszeitung und führt aus: Das ist das Ergebnis europäischer Politik. Die EU-Kommission ist in Dogmen gefangen, eine Regel muss für alle gelten. Das Vorhaben, Höchstpreise für Mobilfunknutzung vorzuschreiben stellt Anbieter vor Probleme. In kleinen Ländern wie Belgien mit einem kleinen Markt kann das schnell zur Existenzbedrohung werden. Mobistar zeigt das gerade deutlich. Aber auch die anderen Anbieter bei uns kränkeln. Ergebnis könnte sein: Sie werden leichte Beute von Großunternehmen. Ob das im Sinne von Europa ist? fragt sich L'Echo.
Archivbild: David Stockman (belga)