"Wir sehen uns am 21. Juli", titelt sinngemäß Het Nieuwsblad. Das sind die Schlussworte von Prinz Philippe, nachdem er am Donnerstag zum ersten Mal seit der Abdankungsankündigung seines Vaters eine öffentliche Erklärung abgegeben hatte. Über das Auftreten des künftigen Königs sind sich die Zeitungen nicht ganz einig. Für Het Nieuwsblad schien Philippe nervös.
Het Laatste Nieuws glaubt seinerseits, eine grundlegende Veränderung erkannt zu haben: Philippe wirkte entspannt.
"Nüchterne" Feier zur Eidesleistung
Bis zu seiner Eidesleistung am 21. Juli bleibt allerdings noch viel zu tun. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Doch ist zum Anlass des Thronwechsels kein pompöses Fest wie etwa kürzlich in den Niederlanden zu erwarten. "Es wird eine nüchterne Feier für König Philippe", schreibt De Standaard auf Seite eins. Zum Nationalfeiertag sei ja ohnehin schon etwas vorbereitet worden. Und das Programm wird nur unwesentlich aufgestockt. In De Standaard formuliert es ein Sprecher so: "Das Feuerwerk gab's sowieso, nur wird das jetzt auch von der BBC übertragen".
"König Philippe zu Fuß durch Brüssel", so die Schlagzeile von Het Belang Van Limburg und Gazet Van Antwerpen. Beide Blätter spekulieren ebenfalls über das mögliche Programm am 21. Juli. Und sie glauben zu wissen, dass Philippe und Mathilde auch einen Moment lang zu Fuß durch Brüssel unterwegs sein werden.
Neuer Beraterstab im Palast
"Welche Equipe um Philippe?", fragt sich l'Avenir. Für die meisten Blätter gilt es als ausgemacht, dass wohl mit dem König auch der langjährige Kabinettschef Jaques van Ypersele de Strihou abtreten wird. Nahezu alle Zeitungen bringen als wahrscheinlichen Nachfolger den Spitzendiplomaten Frans Van Daele ins Spiel. "Philippe verjüngt den Hofstaat", schreibt Het Laatste Nieuws auf Seite eins. Mindestens vier von den sechs Topleuten des Palastes sollen ersetzt werden. Philippe will offensichtlich einen neuen Wind durch den Palast wehen lassen...
Die Wahl der Entourage ist ein erster fast schon entscheidender Faktor, glaubt Gazet Van Antwerpen. Philippe und Mathilde haben die einmalige Chance, die Sitten und Gebräuche am Hofe grundlegend zu verändern. Deswegen der Ratschlag: Nehmt Leute aus dem Volk als Berater, Profis, die mit beiden Fußen im Leben stehen und die wissen, wie Kommunikation im 21. Jahrhundert funktioniert.
Die ersten Monate in der Amtszeit des neuen Königs werden wegweisend sein, glaubt auch Le Soir. Wenn König Philippe nicht den letzten Rest seiner Macht verlieren will, dann muss er um jeden Preis Fehltritte vermeiden. Vor allem muss er sich peinlichst genau innerhalb der von der Verfassung festgelegten Grenzen bewegen. Philippe sollte jedenfalls gar nicht erst daran denken, sich seinen Onkel Baudouin zum Vorbild zu nehmen, der allzu gerne direkten Einfluss auf die Politik ausgeübt hat.
Diskussion über die künftige Rolle des Königs
Die Diskussion über die künftige Rolle des Königs ist jedenfalls schon entfacht, wie auch L'Echo auf seiner Titelseite feststellt. Zwar können die entsprechenden Verfassungsartikel erst in der kommenden Legislaturperiode, also nach der Wahl 2014, geändert werden. Am Donnerstag im Parlament hat sich aber schon angedeutet, dass vor allem die flämischen Parteien die Rolle des Königs in ihrer jetzigen Form infrage stellen. De Morgen ist da deutlicher: "Die Flamen sind bereit für eine neue Rolle für den König". Allerdings zeigen Meinungsumfragen auch: Die Frankophonen sehen das anders. Und auch die Zeitungen sind in dieser Frage gespalten. Laut De Standaard ist eine Mehrheit der Parteien bereit, Philippe die Flügel zu stutzen. Het Laatste Nieuws sieht eine andere Konstellation. Demnach wollen einzig die N-VA und Groen!, dass der König künftig keine Rolle mehr bei der Regierungsbildung spielt.
Das Land braucht aber bis auf weiteres einen neutralen Schiedsrichter, glaubt Het Laatste Nieuws in seinem Leitartikel. Das zumindest solange, bis das Land endgültig stabilisiert ist. Allein ein König, der für alle Belgier steht, kann bei einer institutionellen Krise das Land durch den Sturm lotsen.
De Standaard sieht das ganz anders: Warum sollte es nicht möglich sein, in der politischen Landschaft einen Akteur zu finden, der bei einer Krise als Vermittler auftreten kann? Wenn bislang ein Mensch allein aufgrund seines Geburtsrechts für eine solche Rolle in Betracht kommt, dann kann das doch nicht der einzige Mensch in diesem Königreich sein, der dazu in der Lage ist.
Für Het Belang Van Limburg wäre eine Reform der Rolle der Monarchie letztlich nur zu ihrem Schutz. Solange der Palast eine aktive Rolle bei der Regierungsbildung spielt, ist der König auch direkt einbezogen. Einmal angenommen, die N-VA wird im kommenden Jahr für die Bildung einer Mehrheit unabdingbar, dann droht eine Staatskrise, bei der die Monarchie in ihrer Gesamtheit plötzlich in Frage gestellt werden könnte. Gewisse Fragen muss man regeln, bevor es zu spät ist.
Für L'Avenir werden denn auch die nächsten Monate zu einem Drahtseilakt. Man muss die Monarchie entstauben, ohne sie in Gefahr zu bringen.
Und Philippe muss erst noch die Herzen vor allem der Flamen erobern, glaubt Het Nieuwsblad. Laut Umfragen hat nur gut die Hälfte der Bürger im Norden des Landes Vertrauen in ihn. Es dürfte Philippe noch Blut, Schweiß und Tränen kosten.
"Staatsstreich oder Revolution?"
Fast alle Zeitungen blicken heute auch mit Sorgenfalten auf Ägypten. Dort hat ja die Armee den amtierenden Präsidenten Mohammad Mursi abgesetzt. War das jetzt ein Staatsstreich oder eine Revolution?, fragt sich De Morgen. Die westlichen Staatskanzleien tun sich jedenfalls schwer, hier eine eindeutige Wertung vorzunehmen. Die Stellungsnahmen westlicher Politiker und auch die von Außenminister Didier Reynders sind jedenfalls "nicht Fleisch, nicht Fisch". Immerhin war Mursi demokratisch legitimiert. Zum Verhängnis wurde ihm allerdings, dass seine demokratisch gewählte Mehrheit absoluten Machtanspruch geltend gemacht hat und dabei eine sehr große Minderheit missachtet wurde. Insofern war der Staatsstreich fast schon notwendig. Bleibt jetzt nur zu hoffen, dass jetzt ein neuer demokratischer Übergangsprozess eingeleitet wird.
Das Grenz-Echo druckt einen Gastkommentar eines in Berlin lebenden Ägypters ab. Der fürchtet die Macht des Militärs in seiner Heimat. Wenn die Forderung der Ägypter an Präsident Mursi lautete, dass sich die Religion aus der Politik raus zu halten habe, dann muss nun ganz schnell festgehalten werden, dass gleiches nachdrücklich auch für das Militär gilt. Jetzt ist die Zivilgesellschaft gefragt. Und zwar schnell.
"Ägypten steht wieder am Anfang", stellt auch La Libre Belgique fest. Man könnte meinen, die Geschichte wiederholt sich: Zum zweiten Mal innerhalb von zwei Jahren wird ein ägyptischer Machthaber aus dem Amt gekegelt. Beide Male führte die Armee Regie. Beide Male ging jedoch der Impuls vom Volk aus. Der Weg in eine neue Zukunft erfolgt offensichtlich nach dem Prinzip trial and error, Versuch und Irrtum.
Bild: Kristof Van Accom (belga)