"Der Metal verliert seine größte Legende", titelt Het Belang van Limburg zum Tod von Ozzy Osbourne. "60 Jahre Finsternis, Alkohol und Drogen", schreiben fast gleichlautend Het Nieuwsblad und Gazet van Antwerpen. "Abschied von Rock-Legende Ozzy Osbourne: der Mann, der Heavy Metal ein Gesicht gab", so De Morgen. "Der 'Prince of Darkness' Ozzy Osbourne war Heavy Metal- und Reality-TV-Pionier", hebt De Standaard hervor.
Die Leitartikel der Zeitungen befassen sich allerdings mit ganz anderen Themen. L'Avenir kommentiert das Zustandekommen des sogenannten "Sommerabkommens" der Föderalregierung: Das war mal wieder quasi auf den letzten Drücker. Und über die anschließende, auf die Schnelle organisierte Pressekonferenz waren diverse Journalisten gar nicht erst informiert worden. War das dem Zeitdruck geschuldet? Oder wollte die Regierung einfach lieber so wenige Nachfragen wie möglich? Premierminister Bart De Wever zeichnet sich ja auch sonst nicht gerade durch seine Kommunikationsbereitschaft aus. Aber hier geht es um Reformen, die fast alle Bürger irgendwie betreffen werden. Und bei denen Vieles noch ziemlich unklar scheint. Mal sehen, ob sich das am Donnerstag vor dem Kammerausschuss für Inneres ändern wird. Dann wird De Wever ja zeigen können, wie ernst es ihm mit der Transparenz um sein "historisches" Abkommen ist, giftet L'Avenir.
Rente und Zweitjobs
La Dernière Heure greift die Rentenreform auf: Das neue Bonus-Malus-System soll diejenigen belohnen, die über das gesetzliche Rentenalter hinaus arbeiten beziehungsweise diejenigen bestrafen, die früher in Pension gehen. Zweites Schlüsselelement: Die meisten Belgier, die eine volle Rente wollen, müssen mindestens 45 Jahre lang gearbeitet haben. Für Menschen, die zeitlich anspruchsvollere Studiengänge belegt haben oder die während Schule oder Studium ein oder mehrere Jahre wiederholen mussten, kann das zu einer gesalzenen Rechnung führen. Denn sie werden entsprechend über das legale Renteneintrittsalter hinaus arbeiten müssen, unterstreicht La Dernière Heure.
Ein Drittel der arbeitenden Belgier gibt an, am Ende des Monats kein Geld mehr übrig zu haben, merkt Het Nieuwsblad an. Und fast die Hälfte der Belgier hält einen zweiten Job für überlebensnotwendig. Die Föderalregierung will dem künftig auch Rechnung tragen und es einfacher machen, mehr als eine Arbeit auszuüben. Aber sollten wir uns da keine Fragen stellen? Sollten wir uns keine Sorgen machen, dass so viele Belgier einen Zweitjob brauchen? Wollen wir wirklich amerikanische Zustände? Also Zustände, in denen Menschen zwei oder mehr Jobs miteinander kombinieren müssen, um über die Runden zu kommen? Bitte nicht vergessen: Stress, Burnout und Langzeitkrankheit sind schon enorme Probleme für unsere Gesellschaft. Arbeit müsse sich mehr lohnen ist ja einer der Lieblingsslogans der Arizona-Regierung. Wo also bleibt die Senkung der Steuern auf Arbeit? Weil das für viele Menschen wirklich einen Unterschied machen könnte, mahnt Het Nieuwsblad.
Gewerkschaften und Verbraucherschutz
Die Gewerkschaften überschlagen sich geradezu mit ihrer Kritik am Sommerabkommen, fasst Gazet van Antwerpen zusammen. Achtzig beziehungsweise hundert Jahre sozialer Fortschritt in puncto Arbeitszeit und Renten seien hinweggefegt worden, so der Tenor bei den Arbeitnehmervertretern. Das ist allerdings historisch an den Haaren herbeigezogen und eine Verzerrung der Wirklichkeit, beziehungsweise eine schwere Übertreibung. Um die soziale Sicherheit aufrechtzuerhalten und die Wirtschaft rund laufen zu lassen waren schon immer Anpassungen notwendig. Ja, die Gewerkschaften müssen über das Wohl der Arbeitnehmer wachen. Aber nicht, indem sie den Menschen Angst machen. Vielmehr müssen sie kritisch und konstruktiv mit darüber nachdenken, wie die Zukunft der Arbeit aussehen muss, fordert Gazet van Antwerpen.
Het Belang van Limburg kommt zurück auf einen Gesetzentwurf von Verbraucherschutzminister Rob Beenders, der die stillschweigende Verlängerung von Abonnements und Verträgen verbietet: Sechs von zehn Belgiern haben schon mal in Abos festgesessen, die sie eigentlich nicht mehr wollten. Versicherungen, Fitnessstudios, Telekomanbieter, Apps jeder Couleur, Streamingdienste – für sie alle ist unsere Vergesslichkeit ein Millionengeschäft. In Zukunft müssen Betriebe ihre Kunden 15 Tage im Voraus über die Verlängerung eines Vertrags informieren. Und noch wichtiger: Es muss möglich sein, besagten Vertrag mit zwei Klicks zu kündigen. Das ist endlich mal Verbraucherschutz, der diese Bezeichnung auch verdient. Und andere Länder können sich hier gerne auch eine Scheibe abschneiden von Belgien, lobt Het Belang van Limburg.
Polizeizonen und Wohnungsdurchsuchungen
Het Laatste Nieuws befasst sich mit der angekündigten Fusion der aktuell noch sechs Brüsseler Polizeizonen zu künftig nur noch einer: "Ein historischer Schritt" sei das, so MR-Innenminister Bernard Quintin. Was in anderen Ländern gerade mal eine Fußnote wäre, wird hier zu einem Ereignis mit nationaler Bedeutung hochstilisiert. Ja, wichtig ist der Schritt sicher. Aber das macht ihn noch lange nicht "historisch". Mal ganz abgesehen davon, dass es alles andere als sicher ist, dass die lokalen Granden da auch wirklich mitspielen werden, nur weil ein paar Föderalminister das so beschlossen haben. Man sollte mit dem Applaus also besser noch warten, bis absehbar ist, dass das Ganze nicht zur Geburt des x-ten belgischen Monsters führen wird, warnt Het Laatste Nieuws.
De Standaard blickt auf die geplante Gesetzesänderung bei Wohnungsdurchsuchungen. Lange Jahre war das in der Mache, jetzt hat die N-VA die Trophäe errungen. Künftig wird die Polizei also, unter strengen Auflagen wohlgemerkt, Privatwohnungen auch gegen den Willen der Bewohner betreten dürfen, um dort nach "gefährlichen" Personen zu suchen, die sich illegal im Land aufhalten. Wie effektiv diese Maßnahme sein wird angesichts der strengen Auflagen, das wird sich erst noch zeigen müssen.
Aber in jedem Fall passt sie zu der Botschaft, dass Flüchtlinge der Gesellschaft schaden und eine Bedrohung darstellen. Die Politik steckt ihre Energie lieber in die Ausweisung von "illegalen Kriminellen" anstatt Menschen bei der Integration zu helfen, die hier aus Not Zuflucht gesucht haben. In dem Sinne ist selbst eine kleine Änderung wie diese ein sehr symbolischer Schritt. Und die Frage ist, wie weit diese Verschiebung noch gehen wird. Siehe Niederlande, wo mittlerweile selbst Hilfe für Menschen ohne Papiere ein Verbrechen werden soll, so De Standaard.
Boris Schmidt