"Iran greift amerikanische Basis in Katar an", meldet Het Belang van Limburg auf Seite eins. "Iran schlägt vorsichtig zurück", schreibt Het Nieuwsblad. "Raketen auf US-Hauptquartier im Nahen Osten als Vergeltung: Gegenangriff des Iran macht wenig Eindruck auf Trump", titelt Gazet van Antwerpen. "Iran führt symbolischen Gegenschlag mit Feuerwerk über Katar", schreibt De Standaard. "USA wussten schon Stunden vorher Bescheid über Raketenangriff auf Katar", liest man bei Het Laatste Nieuws.
Der Iran ist ein großes Risiko eingegangen mit seinem Gegenschlag, kommentiert Het Nieuwsblad. Denn die US-Basis in Katar ist die größte in der Region. Außerdem war Katar auch das Nervenzentrum der Verhandlungen über einen Nukleardeal mit dem Iran. Ein symbolischeres Ziel hätte sich der Iran also nicht aussuchen können. Dennoch scheint die "Vergeltung" des Regimes ausgesprochen vorsichtig bemessen. Katar wurde schon lange vor dem Abfeuern der ballistischen Raketen gewarnt. Wenn es das jetzt war, kann das Ganze vor allem als iranische Operation gesehen werden, um das Gesicht zu wahren und so das Regime zu retten. Denn das Regime musste reagieren – aber eben auch nicht zu forsch. Dieses Muster kennt man schon von früher. Und es hat in der Vergangenheit auch funktioniert, im Sinne, dass Konflikte nicht komplett aus dem Ruder liefen. Aber es kann auch sein, dass sich der Iran dieses Mal verkalkuliert hat, Trump ist nicht wie seine Vorgänger. Der US-Präsident wird nun zeigen müssen, ob er zumindest über ein Mindestmaß an strategischem Denkvermögen verfügt. Denn er muss entscheiden, ob er jetzt wieder Vergeltung will oder nicht. Diese Entscheidung liegt allein bei ihm. Die potenziell desaströsen Folgen muss hingegen die ganze Welt tragen, mahnt Het Nieuwsblad.
Diplomatie statt Eskalation
Teheran, Tel Aviv und Washington haben jetzt eine Wahl, schreibt L'Echo. Sie können den Pfad der Eskalation nicht weiter beschreiten und umkehren – und sich stattdessen für die Diplomatie entscheiden. Denn seit der Enthüllung des geheimen iranischen Atomprogramms hat sich die Diplomatie als einziger Weg erwiesen, der Ergebnisse gebracht hat. Siehe das internationale Abkommen zum iranischen Atomprogramm von 2015. Das hatte den Bestrebungen des Irans, sich nuklear zu bewaffnen, nachweisbar und wirksam einen Riegel vorgeschoben. Bis Donald Trump es in der Luft zerriss, erinnert L'Echo.
Es ist empörend, wie leichtfertig hier wieder die Welt in Brand gesteckt wird, wettert De Tijd. Und genauso empörend ist die Art und Weise, wie die internationale Rechtsordnung wieder mit Füßen getreten worden ist. Das, was wir heutzutage sehen, ist pure Machtpolitik, egal ob von Russland in der Ukraine, von Israel in Gaza oder von den Vereinigten Staaten im Iran. Hier wird ein Ideal immer weiter untergraben und zu einem Relikt degradiert. Das ist die Welt, in der wir jetzt leben. Es ist eine Welt, die wir nicht wollten, aber trotzdem bekommen haben. Das Ganze macht auch deutlich, wie notwendig es für Europa ist, auf eigene Stärke zu setzen, fordert De Tijd.
Wieviel will Europa bezahlen?
Wir wussten natürlich schon lang, dass Trump ein Narzisst ist, meint Het Belang van Limburg. Aber nun hat er endgültig bewiesen, dass er nur tut, wonach ihm gerade der Sinn steht. Daraus müssen Lehren gezogen werden, auch für die Nato. Denn mit Trump ist die Nato kein kollektives Verteidigungsbündnis mehr, sondern nur noch ein Podium für amerikanische Machtpolitik. Es war auch kein Zufall, dass Trump unmittelbar vor dem Nato-Gipfel in Den Haag zugeschlagen hat. Denn Trump setzt Angst als mächtige Waffe ein. Viele Menschen haben jetzt Angst, dass sich der Konflikt in Richtung Europa ausweiten könnte. Damit steigt die Bereitschaft exponentiell, mehr in Waffen zu investieren. Solidarität ist durch Erpressung ersetzt worden, die USA bestimmen, wo es lang geht, Europa darf bezahlen. Die Frage lautet nicht mehr, ob wir ohne die Vereinigten Staaten können. Sondern, ob wir weiter bereit sind, teuer zu bezahlen für unsere Abhängigkeit. Die Antwort muss lauten: mehr europäische Kooperation und eine integrierte europäische Verteidigungspolitik, appelliert Het Belang van Limburg.
Viele bezeichnen den anstehenden Nato-Gipfel in Den Haag als den historisch wichtigsten seit der Gründung des Bündnisses, merkt Gazet van Antwerpen an. Für Belgien und viele andere europäische Länder könnte es auch der teuerste Nato-Gipfel aller Zeiten werden. Die Frage lautet nicht nur, wie wir das überhaupt bezahlen sollen, sondern auch, was wir mit den ganzen Waffen dann machen sollen. Weil ohne ausreichend Personal wird auch noch so viel Technik Feinde nicht abschrecken. Das ist eine Debatte, die auch mal geführt werden sollte, findet Gazet van Antwerpen.
Trump ist der beste Beweis, warum wir mehr in die Verteidigung investieren müssen, giftet Het Laatste Nieuws. Denn die Amerikaner wollen ihren militärischen Schutzschirm nicht mehr länger über Europa aufspannen. Das wollten Obama und Biden zwar auch schon nicht mehr, aber Trump ist da noch viel rabiater. Europa wird selbst für sein Überleben sorgen müssen. Diese Tatsache droht von den laut und erbittert geführten Debatten über die Fünf-Prozent-Norm übertönt zu werden. Trumps überzogene Forderungen haben auch die Bereitschaft etwas untergraben, in die Verteidigung zu investieren. Und Trump hat es sogar geschafft, Zweifel zu säen am Sinn der Nato. Und zwar nicht nur bei den Kommunisten von der PTB, so Het Laatste Nieuws.
"Nie wieder"
La Dernière Heure erinnert an den 30. Jahrestag der Entführung von Julie und Mélissa durch den Kinderschänder Marc Dutroux: Selbst drei Jahrzehnte später ist es noch immer unmöglich, den Schmerz und die Verzweiflung der Angehörigen zu erahnen. Die Zeit mag zwar betäuben, aber sie löscht nicht aus. Und die Familien sind nicht allein, die Erinnerung hat sich in unser kollektives Gedächtnis eingebrannt. Es ist eine nationale Wunde, die sich nie schließen wird. Julie, Mélissa und die anderen verdienen eine Gesellschaft, die die Schwächsten beschützt, die nicht vergisst, die bereit ist, aus gemachten Fehlern zu lernen. "Nie wieder" haben Hunderttausende Menschen damals beim Weißen Marsch gesagt. 30 Jahre später ist die Einhaltung dieses Versprechens keine Option. Es ist eine Pflicht, betont La Dernière Heure.
Boris Schmidt