"Trump schlägt hart zu: Die Vereinigten Staaten bombardieren den Iran, die Welt hält den Atem an", titelt La Dernière Heure. "Die Vereinigten Staaten treffen das nukleare Herz des Iran", meldet L'Avenir. "Donald Trump zerrt die USA in einen neuen Konflikt", so De Morgen. "Die Vereinigten Staaten bombardieren den Iran. Und was nun?", fragt La Libre Belgique. "Ein gefährlicher Zug", schreibt Het Belang van Limburg dazu, andere Zeitungen formulieren es sehr ähnlich.
Trump hatte es geschworen: "No new wars", keine neuen Kriege, erinnert La Dernière Heure in ihrem Leitartikel. Er hat gelogen. Sein Ziel ist dabei das gleiche wie das seines Verbündeten Israel: verhindern, dass der Iran sich Atomwaffen beschafft. Das rechtfertigt für Trump alles, auch, den Kongress zu umgehen und internationales Recht mit Füßen zu treten. Niemand, der in dieser zersplitterten Welt seine Sinne beisammen hat, wird traurig darüber sein, wenn das blutige Mullah-Regime keine Atomwaffen bekommt. Aber die Frage stellt sich trotzdem, wie es jetzt weitergehen wird. Siehe das Chaos nach den amerikanischen Interventionen im Irak, in Libyen und in Afghanistan. Haben die US-Luftangriffe wirklich das Schlimmste verhindert? Oder es doch eher wahrscheinlicher gemacht? Haben die Vereinigten Staaten die Welt sicherer oder unsicherer gemacht? Die Geschichte wird es uns schnell zeigen, befürchtet La Dernière Heure.
Bunkerbrechende Bomben wohl nicht der beste Weg
Wird das iranische Regime stürzen?, fragt Le Soir. Sind die nuklearen Kapazitäten des Iran zerstört? Sind jetzt die amerikanischen Basen und Interessen in Gefahr? Wird sich das geopolitische Gleichgewicht verschieben? Droht die Welt, in diesen neuen Konflikt hineingezogen zu werden? Niemand kennt die Antworten auf diese Fragen. Sicher ist nur, dass die amerikanischen Bomben die internationale Ordnung in die Luft gejagt haben, die auf Recht und Diplomatie beruhte, klagt Le Soir an.
Hier geht es nicht nur um eine "einfache" Rivalität zwischen zwei Staaten, unterstreicht L'Avenir, hier droht ein ganzes regionales Gleichgewicht ins Wanken zu geraten. Diese Eskalation reiht sich in eine globale Entwicklung ein: Es gibt immer mehr militärische Konflikte, von der Ukraine über Gaza bis hin zu Taiwan. Und Donald Trump kann noch so oft versprechen, dass er Frieden schaffen wird mit Bomben und Ultimaten. Er vergisst dabei, dass sich auf Ruinen nichts Stabiles bauen lässt. Und dass in einer gesetzlosen Welt auch der Sheriff eines Tages jemandem über den Weg laufen kann, der noch schneller zieht und dann die Gesetze machen wird, warnt L'Avenir.
Natürlich kann es die internationale Gemeinschaft nicht dulden, dass sich ein Schurkenstaat wie der Iran atomar bewaffnet, stellt De Standaard klar. Allerdings darf man bezweifeln, dass bunkerbrechende Bomben der beste Weg sind, um das zu verhindern. Trump und Netanjahu setzen brutal auf das Recht des Stärkeren, wie die Russen auch. Was ist das internationale Recht noch wert, wenn ein Land einfach präventiv ein anderes Land bombardieren kann, egal wie gerechtfertigt die Gründe auch sein mögen? Es ist auch himmelschreiend, dass sich Europa noch nicht mal dazu durchringen kann, das zu verurteilen. Das verheißt auch wenig Gutes für den anstehenden NATO-Gipfel, meint De Standaard.
Eine Steilvorlage für das Regime in Teheran
Kaum jemand im Iran mag das Regime, hält Het Nieuwsblad fest, die Mehrheit der Bevölkerung will Großajatollah Khamenei und seine Bande loswerden. Aber die amerikanischen Bomben könnten das genaue Gegenteil bewirken und die Menschen hinter dem Regime vereinen. Langfristig könnten die Folgen noch dramatischer sein mit diesem x-ten Schlag gegen internationales Recht. Europa darf derweil kaum reagieren, aus Angst, sich den Zorn Trumps zuzuziehen, giftet Het Nieuwsblad.
Die Chance ist klein, dass der Ajatollah die weiße Fahne hissen und Trump die Füße küssen wird, stellt Gazet van Antwerpen klar. Im Gegenteil. Die amerikanischen Bomben sind eine Propaganda-Steilvorlage für das angeschlagene Regime, um die Menschen im Land hinter sich zu scharen. Schon jetzt rufen die Demonstranten im Iran nicht mehr nach Freiheit, sondern schreien nur noch "Rache! Rache! Rache!". Und wenn Trump versucht, seinen Angriff als "spektakulären militärischen Sieg" zu verkaufen, dann erinnert das vor allem an das "Mission accomplished" von Bush 2003, stichelt Gazet van Antwerpen.
Der amerikanische Angriff auf den Iran hat die neuen geopolitischen Realitäten noch einmal unmissverständlich deutlich gemacht, schreibt Het Belang van Limburg: In keiner einzigen europäischen Hauptstadt hat das Telefon geklingelt, um die Staats- und Regierungschefs zu informieren, dass die Amerikaner ihre Bomben scharfmachen. Trump hat einen letzten europäischen diplomatischen Vermittlungsversuch sogar noch lachend vom Tisch gefegt. Und nun sieht sich Europa den potenziell ernsten Folgen der Eskalation gegenüber. Trumps Bomben haben jeden möglichen Nuklear-Deal mit dem Iran endgültig begraben. Europa wird nun Farbe bekennen müssen, es wird sich entscheiden müssen, ob es loyal zu den USA stehen oder weiter auf Dialog mit dem Iran setzen will. Beides birgt Gefahren. Hinzu kommen nicht zu unterschätzende wirtschaftliche Folgen. Und sicher nicht zuletzt drohen auch wieder neue Flüchtlingsströme in Richtung Europa. All das unterstreicht einmal mehr, wie wichtig eine strategische Neuausrichtung für unseren Kontinent ist. Europa wird sich entscheiden müssen zwischen passiv die Folgen zu ertragen oder einen eigenen Kurs zu setzen für mehr eigene Sicherheit, Energie und Rohstoffe, hebt Het Belang van Limburg hervor.
Rüstungswahnsinn mit Ansage
Das GrenzEcho befasst sich mit dem anstehenden NATO-Gipfel in Den Haag: Hier soll eine neue Zahl Geschichte schreiben: fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigungsausgaben. 3,5 Prozent fürs Militär, 1,5 Prozent für "sicherheitsnahe Infrastruktur". Das ist ein Rüstungswahnsinn mit Ansage. Auch Belgien widersetzt sich dem Kurs nicht mehr. Das klingt pragmatisch – ist aber Augenwischerei. Belgien hat ja schon Probleme, überhaupt das Zwei-Prozent-Ziel zu stemmen. Dass sich die NATO als Verteidigungsbündnis auf neue Bedrohungen einstellen will, ist nachvollziehbar. Doch was hier passiert, ist sicherheitspolitischer Größenwahn. Das ist eine Politik, die sich immer weiter von den Lebensrealitäten der Menschen entfernt. Wer Geld in Raketen steckt und deshalb bei Grundbedürfnissen sparen muss, sägt am Fundament der Demokratie, wettert das GrenzEcho.
Boris Schmidt