"Die Waffenlobby erobert Europa: 'Wir brauchen eine Kriegswirtschaft'", titelt De Standaard. "Kriegssteuer in Sicht? 'Wir leben in einer Zeit, in der es keine Tabus mehr geben darf'", zitiert La Libre Belgique auf Seite eins aus einem Interview mit Außenminister Maxime Prévot. "Belgien kauft für 2,5 Milliarden Euro Luftabwehr, die auch das Weiße Haus beschützt", so Het Laatste Nieuws. "Der Nato-Gipfel setzt alles unter Hochspannung", fasst De Morgen zusammen. Premierminister Bart De Wever stehen entscheidende Tage bevor, schreibt De Standaard in seinem Leitartikel: Am Dienstag und Mittwoch wird er beim Nato-Gipfel in Den Haag auf der internationalen Bühne spielen müssen. Und er wird Farbe bekennen müssen. Es wird die Art Augenblick sein, in dem sich zeigen wird, ob er wirklich Führungsqualitäten hat, diese Kombination aus Überzeugungskraft, Intelligenz und Mut. Leider sieht es in dieser Hinsicht nicht gut aus für De Wever, und daran ist nicht nur er selbst schuld. Die Vorbedingungen sind denkbar ungünstig, jahrelang hat Belgien fest die Augen verschlossen, wenn es um die Nato-Norm und um mögliche Bedrohungen ging. Dann ist da noch die tiefe Spaltung innerhalb der Föderalregierung. De Wever droht so zum Spielball zu werden. Und von einer breiten Unterstützung in der Bevölkerung kann auch keine Rede mehr sein, obwohl das doch eigentlich unverzichtbar wäre, angesichts der gigantischen Ausgaben, die Belgien drohen. Nicht dass De Wever versucht hätte, daran etwas zu ändern, giftet De Standaard.
L'Echo nimmt die Regierungsparteien ins Visier: Das Kernkabinett hatte sich darauf geeinigt, sich einer Erhöhung der Nato-Norm nicht zu widersetzen. Gleichzeitig feuern die Vorsitzenden der beteiligten Parteien in der Öffentlichkeit aber aus allen Rohren dagegen. Das ist einfach nur schizophren. Und diese Schizophrenie zeigt, wie schwierig der vor uns liegende Weg werden wird. Denn die kolossale Erhöhung der Ausgaben wird Opfer erfordern, sie wird eine Strategie erfordern, sie wird Dosierung erfordern und intelligentes Haushalten. Und ganz sicher nicht zuletzt wird sie auch viel Überzeugungsarbeit bei der Bevölkerung erfordern. Von all dem sind wir leider noch sehr weit weg. Also, sehr geehrte Damen und Herren Politiker, die Belgien und Europa jetzt auf diesen unverzichtbaren militärischen Weg bringen wollen: Reißen Sie sich bitte zusammen!, fordert L'Echo.
Eine Debatte tut Not
Siehe da, eine Debatte über die Erhöhung der Nato-Verteidigungsausgaben auf fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts ist doch möglich, hält Het Nieuwsblad fest. Dabei hatte Premier De Wever diese Woche im Parlament doch noch gesagt, dass weiteres Nachfragen überhaupt keinen Sinn mehr mache, weil das Ziel doch schon festgelegt sei. Aber offensichtlich sind nicht alle politisch Verantwortlichen wie Rehe im Scheinwerferlicht, siehe Spaniens Premierminister Pedro Sanchez. Der hat die geplante Erhöhung unangemessen genannt und Anpassungen gefordert. Die Regierungsparteien Vooruit und CD&V sind auf diesen Zug aufgesprungen und fordern jetzt ebenfalls eine Debatte. Und das ist auch gut und richtig. Weil egal wie groß die militärische Bedrohung auch ist, egal wie viel Druck Trump macht: Hier geht es um Mehrausgaben in nie dagewesener Größe. Angesichts des tiefroten Haushalts und der schmerzhaften Einschnitte, die das bedeuten würde, muss darüber gesprochen werden. Und ein Aspekt, der ganz oben stehen sollte ist die totale Zersplitterung der europäischen Verteidigung. Dadurch dass jeder sein eigenes Süppchen kocht, werden hier unzählige Milliarden verschwendet, prangert sinngemäß Het Nieuwsblad an.
Dieser Nato-Gipfel wird ein großer Sicherheitstest werden für Europa, unterstreicht De Tijd, viele bezeichnen ihn sogar als den wichtigsten Gipfel seit der Gründung des Bündnisses. Angesichts der immer größer werdenden Bedrohungslage vor allem durch Russland müssen sich die 32 Mitgliedsstaaten nach Jahrzehnten der Vernachlässigung der Militärausgaben einig werden, wie viel sie in ihre Verteidigung investieren wollen. Und hier geht es um schwindelerregende Summen. Umso wichtiger ist es, dass nicht wieder jeder alleine in die Schlacht zieht, sondern dass die Europäer gemeinsam an einem Strang ziehen, um dieses Geld auch vernünftig auszugeben, appelliert De Tijd.
Politik für die Galerie
Het Belang van Limburg greift die Ankündigung Belgiens auf, mit mehr Binnenkontrollen stärker gegen illegale Migranten vorgehen zu wollen. Es ist mal wieder eine Premiere: Wir sind das einzige Land, das Grenzkontrollen machen will, ohne das an den Grenzen zu machen. Deswegen heißt das Ganze offiziell ja auch "Ankunftskontrollen", weil die Kontrollen eben in Bussen, Zügen und an Flughäfen stattfinden sollen. Willkommen im Land der unsinnigen politischen Spitzfindigkeiten und der schlechten Semantik. Und dass bloß niemand auf die Idee kommt, dass die Idee an sich neu ist. Oder dass sie viel bringen wird. Siehe Österreich, die Niederlande, Deutschland und Frankreich. Die Migrationsströme haben sie damit nicht gestoppt. Aber dafür stundenlange Staus und enormen wirtschaftlichen Schaden verursacht.
Ganz zu schweigen davon, dass hier das Schengener Abkommen untergraben wird - und damit das Rückgrat des europäischen Projekts. Diese "Ankunftskontrollen" sind nichts als Politik für die Galerie. Wir verdienen wirklich Besseres als eine Politik, die nur Schlagzeilen macht, aber nichts löst, wettert Het Belang van Limburg.
Ein eindeutiges Urteil
De Morgen kommt zurück auf die Urteile des Berufungsgerichts im Fall der rechtsextremen Jugendorganisation "Schild&Vrienden": Die früheren Schuldsprüche gegen den Gründer der Bewegung, die rechtsextreme Galionsfigur Dries Van Langenhove, und seine Mitstreiter sind größtenteils bestätigt worden. Und die Urteilsbegründungen lassen an Klarheit nichts zu wünschen übrig: Van Langenhove und Co. sind schuldig, systematisch eindeutig rassistische und diskriminierende Inhalte verbreitet zu haben. Sie haben Gewalt gegen Ausländer verherrlicht und dazu angestiftet, sie haben sich wieder und wieder juden- und fremdenfeindlich geäußert und den Holocaust geleugnet beziehungsweise verharmlost - und zwar organisiert, bewusst und mit dem expliziten Ziel, jungen Menschen Rassenhass anzutrainieren.
Wer noch meint, dass der Vlaams Belang mal eine Chance verdient an der Macht beteiligt zu werden, sollte sich in diesem Zusammenhang einfach die Urteilsbegründungen durchlesen, empfiehlt De Morgen.
Boris Schmidt