"Zusätzliche Investitionen in die Verteidigung kosten Belgien 17,2 Milliarden Euro", titelt Gazet van Antwerpen auf Seite eins. "Verteidigung: Van Peteghem will, dass Erhöhung des Budgets kompensiert wird", so L'Avenir. "Van Peteghem hat einen Plan, um 17,2 Milliarden Euro in die Landesverteidigung zu investieren", liest man in De Standaard. "Einsparungen werden noch ein Stück schwerer", schreibt Het Nieuwsblad.
Monatelang ist darüber verhandelt worden, aber nach kaum fünf Wochen ist der Haushaltsplan der Regierung De Wever schon im Papierkorb gelandet, stellt Het Laatste Nieuws in seinem Leitartikel fest. Selten war ein Finanzplan innerhalb so kurzer Zeit überholt – mit Grüßen von Donald Trump. Denn der US-Präsident zerstört die bisherige Weltordnung schneller, als das irgendjemand für möglich gehalten hätte.
Auch für unsere Föderalregierung ist es ein böses Erwachen gewesen. Wobei Belgien jahrelang fest die Augen verschlossen hat vor dem, was in der Welt passiert ist, die Zwei-Prozent-Norm der Nato ist ja nicht neu und war schon seit Putins Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim eine berechtigte Maßnahme. Aber Belgien fuhr lieber schwarz und schämte sich nicht mal dafür. Damit soll unter der neuen Regierung Schluss sein. Aber sich mehr Geld zu leihen, das bedeutet auch, mehr Zinsen zu zahlen. Und Europa wird ein größeres Haushaltsloch auch nur temporär ignorieren. Deswegen muss die Regierung mit strukturellen Reformen beginnen. Van Peteghem will zusätzliche Einsparungen. Er blickt aber auch – zu Recht – auf die Teilstaaten, die weiter auf zu großem Fuß leben, meint Het Laatste Nieuws.
Wo soll Belgien die Milliarden finden?
Wenn uns die vorherigen Föderalregierungen etwas gelehrt haben, dann, dass man Defizite nicht wegzaubert, indem man sie hinter dem Wort "Krise" versteckt, schreibt Gazet van Antwerpen. Wo soll Belgien also die Milliarden finden für die Aufrüstung? Denn unsere Munition ist alle, unsere kritische Infrastruktur ist verwundbar und Mittel sind auch keine mehr vorhanden. Diese Ausgaben für die Landesverteidigung sind notwendig. Aber nur Schulden dafür zu machen ist keine Option. Sicher, von Europa aus dürften wir das. Aber das macht es noch lange nicht vernünftig. Und schon gar nicht für den Schulden-Champion Belgien, wettert Gazet van Antwerpen.
Die Vereinigten Staaten sind keine Tesla-Fabrik
De Standaard befasst sich in seinem Leitartikel mit Donald Trump und Elon Musk. Egal wie viel Geld und Macht die beiden auch haben, selbst für sie gilt: Man kann so viel Unsinn reden, wie man will, irgendwann lässt die Wirklichkeit die Luft aus dem Gefasel. So stößt Musks brutales Vorhaben, den Staat zu zerstören, auf immer mehr harten Widerstand. Nicht mehr nur von Demokraten, Gewerkschaften und Spitzenbeamten, sondern mittlerweile selbst von Trump-Ministern. Sogar Trump selbst scheint einzusehen, dass Musks Pläne lebensgefährlich sein können. Die Vorstellung, die Vereinigten Staaten wie eine Tesla-Fabrik führen zu können, hat sich in der Praxis als naiv erwiesen.
Das Gleiche gilt für Trumps mächtigstes Wahlversprechen, durch die Deportierung von tausenden Migranten das Problem der Kriminalität zu lösen. Die Angst vor Razzien hat dazu geführt, dass abertausende Migranten nicht mehr zur Arbeit erscheinen – mit entsprechenden Folgen für die amerikanische Wirtschaft. Besonders der Bau, die Landwirtschaft und die Altenheime bekommen das massiv zu spüren. Die kommenden Monate werden zeigen, ob Trump deswegen einen Gang zurückschalten wird, so De Standaard.
Zwei Schritte nach vorn, drei Schritte zurück, stichelt La Libre Belgique. Der wirtschaftliche Zickzackkurs von Trump, gerade was die Einfuhrzölle betrifft, hat zu feindseligen Reaktionen der amerikanischen Märkte geführt. Seit dem 20. Januar hat der wichtigste US-Börsenindex fast vier Prozent an Wert eingebüßt. Im gleichen Zeitraum haben die europäischen und chinesischen Börsen um respektive 5,5 Prozent und vier Prozent zugelegt. Daran trägt Trumps chaotische Brachial-Politik eine nicht unerhebliche Schuld. Außerdem droht mit Trump die Inflation erneut zu einem Riesenproblem zu werden. Wenn er sein Lieblingsspielzeug, die amerikanische Börse, nicht kaputtmachen will, wird Trump anfangen müssen, auf die Wirtschaft zu hören. Vielleicht gelingt der Wall Street ja das, wozu die Demokraten offenbar nicht in der Lage sind: Trump zu stoppen, spekuliert La Libre Belgique.
Medikamentenabhängigkeit und Abtreibungen
Le Soir beleuchtet auch im Zusammenhang mit der von Trump befeuerten Instabilität ein anderes Problem: Europa, früher mal führend bei der Herstellung von Medikamenten, ist heutzutage zu fast 80 Prozent von Asien abhängig, was die Versorgung mit Arzneimitteln angeht. Genauer gesagt vor allem von China und Indien. Man möchte sich gar nicht vorstellen, was passieren würde, wenn diese Zufuhr durch internationale Spannungen unterbrochen würde. Diese Woche will die Europäische Union deswegen neue Gesetze zu sogenannten kritischen Medikamenten erlassen. Neben der Definierung, welche Arzneimittel kritisch sind, und der Festlegung strategischer Prioritäten geht es dabei auch darum, die europäische Zusammenarbeit zu verstärken und einen Teil der Medikamentenproduktion nach Europa zurückzuholen. Aber die Frage wird wie immer sein: Welchen Preis werden wir bereit sein, dafür zu zahlen?, unterstreicht Le Soir.
De Morgen beschäftigt sich mit Abtreibungen: In den Vereinigten Staaten ist Präsident Trump auf einem Kreuzzug, um das Recht auf Abtreibung noch weiter einzuschränken. Aber wir müssen gar nicht so weit blicken: Jeden Tag reist eine Frau in die Niederlande für eine Abtreibung. Denn dort ist das bis zur 24. Schwangerschaftswoche möglich, hierzulande nur bis zur zwölften. Das muss man sich mal vor Augen halten: Im Jahr 2025 muss noch jeden Tag eine Frau über die Grenze, um abtreiben zu lassen. Wie man an den Vereinigten Staaten sieht, sind selbst erworbene Rechte nicht garantiert. Die konservative Anti-Abtreibungs-Strömung hat längst auch Europa erreicht. Belgien sollte also das Recht auf Abtreibung in der Verfassung verankern – damit auch künftige Generationen dieses Recht haben werden. Und geht endlich die lange geforderte Fristverlängerung für Abtreibungen an, damit die Reisen in die Niederlande überflüssig werden, fordert De Morgen.
Boris Schmidt