"Der König verlängert die Mission von Regierungsbildner De Wever", schreibt L'Echo auf Seite eins. "Zwei Wochen zusätzlich, um eine Arizona-Regierung zu bilden", so die Schlagzeile von Het Nieuwsblad. "De Wever setzt seinen Weg nach Arizona fort", so formuliert es das GrenzEcho.
König Philippe hat dem Regierungsbildner Bart De Wever noch einmal zwei Wochen mehr Zeit gegeben, um eine Arizona-Koalition auf die Beine zu stellen. Das Staatsoberhaupt mahnt den N-VA Chef aber ausdrücklich zur Eile. Schon bald wird Belgien nämlich der EU-Kommission einen verbindlichen Haushaltsfahrplan unterbreiten müssen.
Apropos: Es steht zu befürchten, dass die Arizona-Regierung – wenn sie denn zustande kommt – es nicht mehr schaffen wird, fristgerecht ein Budget für das kommende Jahr vorzulegen. Deswegen hat die geschäftsführende Regierung am Abend vorsorglich einen Nothaushalt auf den Weg gebracht, mit dem also vorläufig gearbeitet werden kann.
"Die politische Blockade bedroht die Gesundheitsversorgung", titelt derweil alarmiert La Dernière Heure. Neben dem eigentlichen Budget braucht man nämlich auch einen Haushaltsplan 2025 für das Gesundheitswesen. Und darüber gibt es innerhalb der geschäftsführenden Regierung noch Streit.
Die neue "unendliche Geschichte"?
Aber erstmal setzt Regierungsbildner Bart De Wever seine Bemühungen zur Bildung einer neuen Koalition fort. "Und das erinnert mehr und mehr an eine 'unendliche Geschichte'", meint Het Belang van Limburg in seinem Leitartikel. Die Bilder beginnen sich zu gleichen. Ein ums andere Mal muss Bart De Wever im Palast auflaufen, um sich von König Philippe mehr Zeit geben zu lassen. Und das inzwischen schon wieder 170 Tage nach der Wahl. Und auf dem Weg nach Arizona liegen noch einige ausgewachsene Hindernisse vor den Partnern: Ab morgen ist "money time", dann geht es um das leidige Thema Haushaltssanierung. Daran sind die Gespräche schon mehrmals gescheitert. Und auch diesmal sollte man besser keine Wetten abschließen. Es wäre nicht das erste Mal, dass Koalitionsverhandlungen hierzulande in eine "unendliche Geschichte" ausarten, man denke nur an die 541-Tage Krise. Man kann nur hoffen, dass Bart De Wever die gleiche Kreativität und Entschlossenheit wie Bastian an den Tag legen wird, die Hauptfigur in dem gleichnamigen Buch. Eine neue, "unendliche Geschichte", wäre definitiv nicht im Interesse der Bürger.
La Dernière Heure fühlt sich ihrerseits an das Brettspiel "Monopoly" erinnert. "Gehen Sie über Los, aber kassieren sie keine 200 Euro". Denn: Extrarunden werden im vorliegenden Fall nicht belohnt. Mit jedem Tag, den die Verhandlungen länger dauern, wird das Defizit größer und wächst zugleich der Druck der EU-Kommission. Jede Extrarunde sorgt dafür, dass wir die ausgelaugte, sich dem Sterben nahe befindliche Vivaldi-Koalition länger ertragen müssen. Jede Extrarunde sorgt dafür, dass das Vertrauen der Bürger weiter zerrüttet wird. In der belgischen Politik gibt es keine "Glückskarten". Man darf keine Wunder erwarten. Die Parteien brauchen nur den Mut zum Kompromiss.
Ein "Nase-Voll-Gefühl" der Lehrkräfte
Die frankophonen Zeitungen beschäftigen sich ihrerseits mit dem heutigen Streik des Lehrpersonals im frankophonen Unterrichtswesen. Die neue Regierung aus MR und Les Engagés hat eine tiefgreifende Reform auf den Weg gebracht. Dagegen laufen aber die Gewerkschaften Sturm.
Die Neuordnung bringt offensichtlich ein Fass zum Überlaufen, glaubt La Libre Belgique. Die seit Jahren schwelende Wut scheint sich nun Bahn zu brechen. Es herrscht ein allgemeines "Nase-Voll-Gefühl". Zugegeben: Den Lehrpersonen wurde in den letzten zehn Jahren viel zugemutet, spätestens seit dem Inkrafttreten des sogenannten Exzellenzpaktes im Jahr 2015. Da gab es eine ganze Reihe von unerwünschten Nebenwirkungen. Jetzt stellt die Regierung auch noch die Ernennungen infrage, und das war wohl der berühmte Tropfen.
Der Wolf und die Geißlein
"Vorsicht! Lehrkräfte sind ein leicht entzündlicher Stoff", so formuliert es bildlich Le Soir. So mancher fühlt sich schon an den berühmt-berüchtigten Streik von 1996 erinnert, der stolze vier Monate gedauert hat. So weit sind wir noch nicht, aber man kann durchaus feststellen, dass es da Parallelen gibt. Damals wie heute betrachten die Gewerkschaften die Krise als existenziell. Und die Basis sieht das genauso. Man rechnet jedenfalls mit einer massiven Beteiligung. Für Ablehnung sorgen vor allem die Pläne, das historische Beamtenstatut abzuschaffen. Auf der anderen Seite hat die Regierung der Französischen Gemeinschaft aber auch keine Wahl. Die prekäre Haushaltslage und der Lehrkräftemangel zwingen zum Handeln. Angesichts einer derart explosiven Gemengelage braucht man vor allem eins: Fingerspitzengefühl.
De Morgen schließlich blickt mit Sorge auf das Ergebnis der Präsidentschaftswahl in Rumänien. Dort hat überraschend der pro-russische Rechtspopulist Calin Georgescu den ersten Wahlgang gewonnen. Rumänien reiht sich jetzt also ein in die wachsende Liste derer, die offensichtlich davon ausgehen, dass Putin das kleinere Übel ist, meint das Blatt. Auch die Parallelen mit den Wahlen in den USA sind offensichtlich: Auch in Rumänien wollten die Wähler offensichtlich das Establishment abstrafen. Motor ist da vor allem die katastrophale wirtschaftliche Lage.
In einer solchen Situation klingt es fast schon plausibel, wenn ein Politiker den Menschen erzählt, dass zu viel Geld in die Ukraine fließt, das man doch auch selbst gebrauchen könnte. Und dann ist auch die Versuchung groß, Putin letztlich zu geben, was er will. Man darf den Wolf aber nicht hineinlassen. Denn dann wird er sich das nächste Geißlein vorknöpfen. Putin-Versteher werden dann sagen, dass das dann wirklich das letzte ist. Bis keine Geißlein mehr übrigbleiben. Die Enttäuschung der Bürger über ihre politischen Verantwortlichen ist oft legitim. Aber die radikale Alternative ist noch viel schlimmer.
Roger Pint