"Der Kampf um die 22,5 Milliarden aus dem Staatsbon ist nun wirklich ausgebrochen", titelt De Standaard. "Der Krieg tobt, um die Milliarden aus dem Staatsbon zurückzubekommen", schreibt L'Echo. "Großbanken bereiten sich auf neuen Staatsbon vor", so Gazet van Antwerpen. "ING überrascht mit Bruttozinsen von 3,8 Prozent", meldet Het Nieuwsblad. "Noch mehr hohe Zinsen im Anmarsch", liest man auf Seite eins von Het Laatste Nieuws.
Einige Tage vor dem Ablauf der Laufzeit des Staatsbons am 4. September buhlen die Spieler des Finanzsektors um das Geld der Sparer, hält L'Echo in seinem Leitartikel fest. Sie versuchen sich gegenseitig mit Erfindungsreichtum zu überbieten, was innovative neue Offerten angeht. Jeden Tag gibt es neue Produkte und Werbeangebote. Gleichzeitig hören die Zinsen nicht auf zu steigen. Selbst die Großbanken sind mittlerweile in das Rennen eingestiegen. Diese wichtigen Entwicklungen unterstreichen einen grundlegenden Wandel im Kräfteverhältnis zwischen Banken und Sparern. Zum ersten Mal seit Langem können Sparer von echtem Wettbewerb im Bankensektor profitieren. Die Frage ist allerdings, ob und wie lange dieser Zustand andauern wird. Neben neuen, attraktiveren Anlagemöglichkeiten ist aber noch etwas Positives zu verzeichnen: Medien und Bevölkerung interessieren sich wieder für Finanzen und nehmen sich die Zeit, um Finanzprodukte zu vergleichen. Am Ende ist es wirklich der Sparer, der gewinnt, meint L'Echo.
Arizona: Was für eine verpasste Chance
De Morgen befasst sich mit den föderalen Regierungsverhandlungen: Wie groß ist die Chance, dass es doch noch etwas wird mit der Arizona-Koalition? Rational betrachtet bleibt die Fünfer-Formel die einzige, die eine praktikable Mehrheit zusammenbringen würde. Aber in der vergangenen Woche ist sehr viel Vertrauen zerstört worden zwischen den Hauptprotagonisten. Zunächst einmal natürlich zwischen MR-Präsident Georges-Louis Bouchez und dem Vooruit-Vorsitzenden Conner Rousseau. Aber noch wichtiger ist vielleicht der Vertrauensbruch zwischen Bouchez und N-VA-Chef Bart De Wever. Es hilft ganz sicher auch nicht, dass mittlerweile die gesamte Regierungsnote De Wevers geleakt worden ist. Denn das erlaubt es Medien und Öffentlichkeit genau nachzuvollziehen, wer in welchen Punkten nachgeben oder sich durchsetzen wird. Vertrauen ist wichtiger als Tabellen mit Haushaltszahlen. Aber genau an diesem Vertrauen herrscht gerade ein bitterer Mangel. Noch ist das Arizona-Haus nicht eingestürzt. Leider können wir bis zu den Kommunalwahlen nicht mehr als oberflächliche Stabilisierungsmaßnahmen erwarten. Was für eine verpasste Chance, bedauert De Morgen.
Gut gespielt, Georges-Louis Bouchez, stichelt Het Laatste Nieuws. Wird sich Conner Rousseau das nicht insgeheim gedacht haben? Denn es wird den Sozialisten Luft verschaffen, dass sie ohne die harte sozio-ökonomische Note De Wevers in die Kommunalwahlen ziehen können. Vooruit entgeht so dem Schwarzen Peter. Den bekommt stattdessen Bouchez, der in den Augen der flämischen Parteien mal wieder alles sabotiert auf der föderalen Ebene, so Het Laatste Nieuws.
Das Silicon Valley ist geschockt
De Standaard greift die Verhaftung des russischen Telegram-Chefs Pawel Durow auf: Die Pariser Justiz hat eine Illusion der großen Tech-Milliardäre zerstört. Die waren überzeugt, dass sie sich dank ihrer globalen Netzwerke und riesigen Vermögen dem Zugriff von Nationalstaaten und den Regeln und Gesetzen Normalsterblicher entziehen könnten. Das Silicon Valley ist zutiefst geschockt, dass Menschen wie Durow direkt aus ihrem Privatjet in die Gefängniszelle wandern können. Seine Kommunikationsplattform ist ein Marktplatz und Rückzugsraum für politische Dissidenten, aber auch für Terroristen und Verbrecher und für alle möglichen Verschwörungstheoretiker. Der französischen Justiz geht es dabei nicht um den Kampf gegen schädliche Informationen. Sie klagt Durow an wegen Beihilfe zu Drogenhandel, Geldwäsche, organisierter Kriminalität und der Verbreitung von Kinderpornografie. Der Hauptvorwurf ist, dass Durow der Justiz Zugang zu den entsprechenden Nutzerdaten verweigert. Der Zugriff der Franzosen hat zur Bildung perverser Allianzen geführt, die die Freilassung Durows fordern: von den Vertretern der großen Tech-Plattformen über den Kreml und den rechten US-Provokateur Tucker Carlson bis hin zum nach Russland geflüchteten Whistleblower Edward Snowden. Der europäische Rechtsstaat fordert zu Recht, dass Telegram die Inhalte moderiert, die es mitverbreitet, stellt De Standaard fest.
Die Tech-Unternehmen machen es sich zu einfach
Moderieren sei nur ein Propaganda-Wort für Zensieren, tobt X-Chef Elon Musk, merkt De Tijd an. Denn Musk befürchtet nun selbst, von der Justiz ins Visier genommen zu werden. Aber muss ein Staat tolerieren, dass Kommunikationsplattformen zu Brutstätten für alle möglichen Verbrecher werden? Oder gar zu ihren Handlangern? Schließlich soll der Staat dem Allgemeinwohl dienen. Die Tech-Unternehmen machen es sich zu einfach, wenn sie sämtliche Verantwortung ablehnen. In einem Rechtsstaat wie Frankreich hat Durow jetzt alle Möglichkeiten, um sich zu verteidigen. Aber genau dieser Rechtsstaat muss auch darüber wachen, dass sich alle an die Regeln halten. Niemand steht über dem Gesetz – Telegram nicht und X genauso wenig. Der Kampf gegen die Kriminalität und der Schutz der Bürger gehört zu den wichtigsten Aufgaben eines Staates. Ein Staat, der sich außer Gefecht setzen lässt, versagt in dieser Hinsicht, urteilt De Tijd.
Boris Schmidt