"Europa will militärisch mitspielen, aber 1,5 Milliarden Euro reichen wohl nicht aus", titelt De Morgen. "Europa setzt auf Waffen aus eigener Produktion", schreibt De Tijd auf Seite eins. "Europa plant mit einer eigenen Rüstungsindustrie trotz eines Mini-Budgets", heißt es auf der Titelseite von L'Echo.
Die EU-Kommission hat gestern konkrete Pläne vorgelegt, wie die EU-Mitgliedsstaaten künftig ihre Verteidigung besser untereinander koordinieren sollten. Unter anderem schlägt sie vor, dass mehr Geld für Rüstung ausgegeben werden soll.
Dazu kommentiert L'Echo: Vergangenes Jahr haben die EU-Staaten 240 Milliarden Euro für Waffen ausgegeben. Das ist dreimal so viel wie Russland. Das Problem ist nur, dass in der EU jedes Land nur für sich einkauft. Das soll sich jetzt ändern. Die EU-Kommission schlägt vor, dass der Kauf von Waffen koordiniert wird, um Europa als geeinte Militärmacht aufzubauen. Dieser Vorschlag ist ein großer Schritt in die richtige Richtung. Allerdings sind die 1,5 Milliarden Euro, die dafür in die Hand genommen werden sollen, nur ein sehr bescheidener Anfang, findet L'Echo.
Vom Friedensprojekt zum Kriegsprojekt
De Tijd erinnert: 2012 ist die EU mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden. Die EU hat sich immer als Friedensprojekt gesehen. Jetzt wird sie gezwungen, das zu ändern. Wegen des kriegstreiberischen Nachbarn Russland muss sich Europa jetzt in ein Kriegsprojekt verwandeln. Dass es dabei Schwierigkeiten gibt, den Motor in Gang zu setzen, ist verständlich. Aber es ist gut, dass der Motor angeschmissen wird, lobt De Tijd.
La Libre Belgique beschäftigt sich mit dem abgehörten Gespräch von Bundeswehroffizieren, in dem sie sich über den möglichen Einsatz von Taurusraketen in der Ukraine unterhalten und meint: Die Veröffentlichung dieses Gesprächs, das als sicherheitsrelevant gilt, soll die Europäer spalten und den deutschen Kanzler sowie seine Armee bloßstellen. Moskau will damit auch den Druck auf Olaf Scholz erhöhen, keine Taurusraketen an die Ukraine zu liefern. Ein Gemisch aus amateurhaftem Verhalten und Naivität stürzt die deutsche Regierung in eine Kontroverse und Putin feiert einen unerwarteten Erfolg, bedauert La Libre Belgique.
EVP rückt nach rechts
De Standaard berichtet aus dem Wahlprogramm der europäischen Christdemokraten der EVP, das sie für die Europawahlen geschrieben hat und stellt fest: Die EVP schlägt einen harten Ton gegen Einwanderer an. Ähnlich wie Großbritannien will die EVP Asylsuchende, die es bis nach Europa geschafft haben, per Flugzeug in ein "sicheres, befreundetes Drittland" fliegen lassen. Dort soll über den Antrag entschieden werden. Erstens zeigt das Beispiel Großbritannien, dass solche Pläne sehr wahrscheinlich keine Chance haben, verwirklicht zu werden. Zweitens – und noch viel schlimmer – lässt die EVP mit ihrem irreführenden und naiven Plan all diejenigen im Regen stehen, die an einer konstruktiven Lösung in Fragen Asylrecht interessiert sind, schimpft De Standaard.
Gazet van Antwerpen behauptet: Die EVP macht jetzt den gleichen Fehler wie viele andere Mitte-Rechtsparteien in Europa. Mit ihrem Vorschlag zur Asylpolitik öffnet sie ihren rechten Rand in der Hoffnung, Wähler von rechtsextremen Parteien zu gewinnen. Aber durch die Übernahme der Standpunkte der Rechtsextremen geben die gemäßigten Parteien nur zu, dass die Extremen recht haben. Der Wähler bleibt dann lieber beim Original. Beispiele aus den Niederlanden und Belgien zeigen das nur zu gut, weiß Gazet van Antwerpen.
Bart De Wevers bald schachmatt?
Le Soir warnt: Die frankophonen Belgier sollten sich hüten zu glauben, dass sie mit Rechtsextremismus nichts zu tun hätten. Die Tatsache allein, dass rechtsextreme Parteien in der Wallonie nie wirklich Fuß fassen konnten, heißt nicht, dass die Wallonie nicht von Rechtsextremismus bedroht wird. Sehr wahrscheinlich werden die Ergebnisse der Europawahlen und auch der Wahlen bei uns in Belgien das deutlich zeigen. Die demokratischen Parteien wären gut beraten, klare Kante gegen Rechts zu zeigen, fordert Le Soir.
Het Belang van Limburg schreibt zur Drohung von Bart De Wever, bei einer Nicht-Beteiligung in der neuen Föderalregierung in Flandern mit dem Vlaams Belang zu regieren: Diese Drohung ist nicht durchdacht. Denn nehmen wir mal an, Tom Van Griekens Vlaams Belang würde tatsächlich stärkste Kraft in Flandern werden. Van Grieken würde dann mit der Regierungsbildung beauftragt. Er würde alle wichtigen Punkte aus dem Programm der N-VA in das Regierungsabkommen schreiben und Bart De Wever vorschlagen, Ministerpräsident zu werden.
De Wever wäre dann schachmatt. Denn auf föderalem Niveau würden die französischsprachigen Parteien die N-VA in Quarantäne setzen und innerhalb der N-VA würde ein Machtkampf ausbrechen darüber, ob man jetzt mit dem Vlaams Belang regieren soll oder nicht. De Wever hat noch nicht realisiert, dass seine große Zeit vorbei ist, weiß Het Belang van Limburg.
Kay Wagner