"Endspiel in Gaza scheint begonnen zu haben - mit Israel unter Druck aus den Vereinigten Staaten", schreibt De Standaard auf Seite eins. "Wenn selbst der Zufluchtsort getroffen wird", titelt Het Laatste Nieuws zu einem Foto verwundeter palästinensischer Kinder. "Gaza, Westjordanland, Libanon… nimmt Israel gezielt die Presse ins Visier?", fragt La Libre Belgique angesichts der zahlreichen getöteten Pressevertreter.
Die Aufnahmen halbnackter, gefesselter Palästinenser, die mit verbundenen Augen auf Lastwagen der israelischen Armee weggefahren werden, haben zu einem Aufschrei der Empörung geführt, kommentiert De Standaard. Allerdings mehr im Ausland als in Israel selbst. Diese Reaktion verheißt nichts Gutes für den weiteren Verlauf des Kriegs. Die Regierung Netanjahu muss sich mit dieser öffentlichen Erniedrigung begnügen als Vergeltung für die Gräueltaten der Hamas, denn mehr hat sie nicht vorzuweisen: Die Führung der Hamas operiert weiter und noch immer hat sie 137 israelische Geiseln.
Derweil scheint die letzte Kriegsphase begonnen zu haben: Die Palästinenser werden auf immer engeren Raum zusammengetrieben, der Winter steht vor der Tür, die israelische Armee führt schwerste Bombardierungen aus, weitere Feuerpausen sind nicht in Sicht. Die Frage ist, was Israel danach vorhat. Die Vertreibung der Palästinenser nach Ägypten? Aber selbst ohne ethnische Säuberung bleibt die Frage nach dem Danach. Der Gazastreifen ist in weiten Teilen gezielt in eine lebensfeindliche Trümmerwüste verwandelt worden, klagt De Standaard an.
Herausforderungen Klima- und Sparpolitik
De Tijd blickt auf die Klimakonferenz der Vereinten Nationen in Dubai: In einem ersten Entwurf der Abschlusserklärung war keine Rede mehr davon, dass die Welt auf Öl, Gas und Steinkohle verzichten soll. Aber würde so eine Verpflichtung den Realitätstest überhaupt bestehen? Die unbequeme Wahrheit ist doch, dass es zwar einen breiten Konsens gibt über den Ernst des Klimawandels, aber dass die Meinungen nach wie vor weit auseinandergehen, wenn es darum geht, wie viel getan werden muss. Und vor allem auch von wem. Wir können mit Wut und Empörung darauf reagieren, aber das bringt niemanden weiter. Wenn es wirklich vorangehen soll, brauchen wir vor allem eine breitere Einsicht, wie viel uns der Klimawandel kosten wird, wer dafür bezahlen wird und wie viel welche Maßnahme bringen wird, meint De Tijd.
Die Austeritätspolitik ist zurück auf der Agenda der EU, hält Le Soir fest, die Mitgliedstaaten machen sich nach Jahren der ausgesetzten Haushaltsregeln angesichts der schwächelnden Wirtschaft wieder Sorgen um ihre Finanzen. Die Chancen sind groß, dass die EU-Staaten auf dem anstehenden Gipfel nach langen Verhandlungen auf die Zielgerade einbiegen werden. Der ursprüngliche Vorschlag der Europäischen Kommission hatte noch Spielräume vorgesehen, um Investitionen in Energie- und digitalen Wandel und die Verteidigung zu erleichtern. Aber das war Deutschland zu flexibel, weswegen der Entwurfstext verschärft worden ist.
Die Aussicht auf eine Rückkehr der Sparpolitik bringt derweil auch die Gewerkschaften wieder auf die Barrikaden, die deswegen heute auch zu Demonstrationen dagegen aufgerufen haben. Wer wird sich am Ende durchsetzen? Eine alles andere als unwichtige Frage in einer Zeit, in der der Populismus überall auf dem Kontinent zunimmt, warnt Le Soir.
K wie Künstliche Intelligenz… und Kammer
L'Echo beschäftigt sich mit dem sogenannten "AI Act", der Regulierung der Künstlichen Intelligenz, auf die sich die EU geeinigt hat: Nach zweieinhalb Jahren Verhandlungen fällt die Regelung weniger ehrgeizig aus als ursprünglich geplant. Aber der "AI Act" setzt deutliche Grenzen und beschränkt den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in Europa, insbesondere was Gesundheitsdaten und Gesichtserkennung betrifft. Auch Transparenz wird generell sehr groß geschrieben.
Die schwerste Arbeit steht allerdings noch bevor, wenn wir eine erneute Dominanz der amerikanischen Tech-Konzerne verhindern wollen: Es muss ein Rahmen geschaffen werden, der es europäischen Firmen erlaubt, eigene glaubwürdige und wettbewerbsfähige KI-Alternativen zu entwickeln und auf den Markt zu bringen. Hier geht es um nichts weniger als die wirtschaftliche Souveränität Europas, unterstreicht L'Echo.
Morgen wird sich das föderale Parlament über ein vernichtendes Audit des Rechnungshofs über die interne Betriebsführung der Kammer beugen, erinnert Het Laatste Nieuws in seinem Leitartikel. Die Schlussfolgerung des Rechnungshofs: Das Management der Kammer ist schlecht, genauso wie die Verwaltung der Finanzen. Das wussten wir bereits seit dem Skandal um die Pensionsboni. Aber nun kommt heraus, dass das Parlament auch ein Vermögen für IT-Consultants ausgibt. In manchen Fällen werden die geplanten Kosten um 200.000 Euro überschritten, ohne dass dafür überzeugende Erklärungen geliefert werden. Das ist nichts anderes als Misswirtschaft!, wettert Het Laatste Nieuws.
Der Palast als ruhender Pol
De Morgen greift anlässlich einer neuen Fernsehdokumentation über König Philippe das Thema Monarchie in Belgien auf: In einem modernen demokratischen Rechtsstaat gibt es eigentlich keinen Grund für die Beibehaltung der Monarchie. In Belgien wird aber das pragmatische Argument ins Feld geführt, dass König beziehungsweise künftig Königin dabei helfen, dieses komplizierte Land zusammenzuhalten, weil sie neutral sind und über den Gemeinschaften stehen. Allerdings könnte diese Rolle genauso gut von einem neutralen, protokollarischen Präsidenten übernommen werden.
Aber wenn wir schon bei einer Monarchie bleiben wollen anstatt einer Republik, dann hätten wir es viel schlechter treffen können als mit König Philippe I. von Belgien. Philippe hat wieder und wieder bewiesen, wie gewissenhaft und makellos er seine Aufgabe als Souverän erfüllt, stets bedacht auf seine Funktion und nicht auf eventuelle persönliche Überzeugungen. Niemand kann sagen, wie das kommende Wahljahr die politischen Karten neu mischen wird, aber die Chancen sind groß, dass die Situation noch etwas komplizierter werden wird als jetzt schon. Da ist es doch beruhigend zu wissen, dass inmitten von all diesem politischen Spektakel der Palast einen ruhenden Pol darstellen kann. Denn der wird notwendig sein, befürchtet De Morgen.
Boris Schmidt