"Was ist von der Weltklimakonferenz zu erwarten?", fragt sich L'Echo auf Seite eins. Die Schlagzeile von La Libre Belgique wirkt da fast schon wie die Antwort: "Ist das ein weiterer Klimagipfel für nichts?". "Die Klimaerwärmung endlich einzudämmen, das wird kein Kinderspiel", notiert jedenfalls De Tijd.
Viele Zeitungen blicken nach Dubai, wo heute die 28. Weltklimakonferenz beginnt. Knapp zwei Wochen lang werden dort Vertreter fast aller Staaten der Welt über Maßnahmen zur Begrenzung der Erderwärmung beraten. "Die 28. Weltklimakonferenz steht im Zeichen der Kontroverse", bemerkt aber L'Avenir.
Auf Seite eins von Het Laatste Nieuws sieht man den Grund für besagte Kontroverse: Die Zeitung zeigt ein Foto von Sultan Ahmed al-Jaber. Der 50-Jährige ist Industrieminister der Vereinigten Arabischen Emirate, er ist aber auch Chef der staatlichen Ölgesellschaft. Und ausgerechnet dieser Mann ist der Vorsitzende der Weltklimakonferenz. Het Laatste Nieuws nennt ihn den "Ölbaron, der das Klima retten muss".
"Hochamt der Klimapolitik": Muss das sein?
In den Vereinigten Arabischen Emiraten beginnt also heute wieder das alljährliche "Hochamt der Klimapolitik", meint De Standaard in seinem Leitartikel. Doch muss man sich die Frage stellen, ob diese Veranstaltung in dieser Form noch eine Existenzberechtigung hat. 70.000 Teilnehmer werden in Dubai erwartet. Nur zum Vergleich: Zum Klimagipfel in Glasgow kamen vor zwei Jahren "nur" 36.000 Menschen, also knapp die Hälfte. 1997 in Kyoto waren es weniger als 10.000. Diese fast schon inflationäre Entwicklung der Teilnehmerzahlen wirft ein unglückliches Bild auf die UN-Klimakonferenz. Denn letztlich scheinen diese Gipfel wegen der Menschenmassen, die sie anziehen, genau den Prozess noch zu beschleunigen, den sie doch eigentlich eindämmen sollen. Frage also: Muss das sein? Würde es nicht reichen, wenn sich einmal im Jahr kleine Delegationen in Bonn treffen würden, wo sich ja der Hauptsitz des UN-Klimasekretariats befindet? Die Ergebnisse solcher bescheidener Treffen wären wohl mehr oder weniger die gleichen.
Für eine weltweite Klimapolitik braucht man die ganze Welt
Le Soir sieht das anders: Die Kritik an den Weltklimakonferenzen mag noch so nachvollziehbar sein, doch bleiben sie nötig. Das vor allem, weil sie ein solches Aufsehen erregen. Während zwei Wochen im Jahr richten sich alle Medienscheinwerfer auf das große "Klima-Hochamt", ist die Problematik mit einem Mal wieder in aller Munde. Und man darf behaupten, dass die bisher vereinbarten Selbstverpflichtungen ohne dieses Getrommel nie zustande gekommen wären. Jeder weiß, dass die Ziele eigentlich ehrgeiziger hätten sein müssen. Aber ohne die Weltklimakonferenzen wäre womöglich gar nichts passiert.
Het Nieuwsblad sieht das genauso. Natürlich kann man sich angesichts des ganzen Theaters durchaus Fragen stellen. Ist es wirklich eine so gute Idee, Hunderttausende Menschen aus der ganzen Welt zu einem Klimagipfel zu fliegen, zumal der noch dazu in diesem Jahr ausgerechnet in einem Erdölstaat stattfindet, in dem man es – ganz nebenbei – mit den Menschenrechten auch nicht so genau nimmt. Mag ja alles sein, aber was wäre die Alternative? Soll jeder zu Hause bleiben und im stillen Kämmerlein die Alarmsignale einfach ignorieren? Oder sollen nur die Vertreter westlicher Staaten die Köpfe zusammenstecken, um nach Wegen zu suchen, die Katastrophe noch zu verhindern? Nein! Für eine weltweite Klimapolitik hat man nun mal die ganze Welt nötig.
Dubai als Mausoleum der fossilen Energien?
Und ausgerechnet Dubai könnte am Ende sogar noch zum Mausoleum der fossilen Brennstoffe werden, meint hoffnungsvoll L'Echo. Ausgerechnet Dubai, eine Stadt, die mitten in der Wüste gewachsen ist, mit Petrodollars als Düngemittel. Eins ist sicher: Jetzt, bei dieser 28. Weltklimakonferenz, ist der Zeitpunkt gekommen, an dem die Menschheit endgültig die Abkehr von fossilen Energieträgern verbindlich besiegeln muss.
La Libre Belgique ist da eher skeptisch. Auch bei diesem Weltklimagipfel werden sich wieder Lobbyisten aller Couleur die Klinke in die Hand geben. Es ist geradezu illusorisch, davon auszugehen, dass man sich in Dubai ein für alle Mal und von heute auf morgen von Erdöl, Gas und Kohle verabschieden wird. Natürlich weiß jeder, dass drastische Maßnahmen nötig, sogar überfällig sind. Eine radikale Neuausrichtung der Weltwirtschaft und unserer Gesellschaften geht aber nur, wenn man den sozialen Zusammenhalt und damit auch die Grundpfeiler der Demokratie vor Augen hat.
Bpost vs. PPP – Belgien Weltmeister des Status quo
Zweites großes Thema ist die Polemik um den Vertrag über die Zustellung von Zeitungen und Zeitschriften. Bpost könnte die Ausschreibung verlieren, weil ein privater Konkurrent ein wesentlich günstigeres Angebot hinterlegt hat. Vor diesem Hintergrund will die Regierung der Konzession eine andere Form geben. Insbesondere soll die faktische Subventionierung der geschriebenen Presse aus dem Vertrag gestrichen werden. Hier geht es um immerhin 125 Millionen Euro.
Das ist die richtige Entscheidung, ist De Morgen überzeugt. Dass der Staat die geschriebene Presse quasi durch die Hintertür mit einer dreistelligen Millionensumme bezuschusst, das passt nicht mehr in die heutige Zeit. Wenn es tatsächlich so ist, dass hier Unternehmen künstlich am Leben gehalten werden, dann wäre das wirtschaftlich unsinnig und eine Verschwendung von Steuergeldern. Nein, Medienkonzerne müssen sich selbst tragen können. Und das ist letztlich auch in ihrem Interesse. Denn so wird auch Verschwörungserzählungen über die angeblich staatlich unterstützte und damit kontrollierte Presse das Wasser abgegraben.
"Doch so weit sind wir noch nicht", warnt De Tijd. Die linken Parteien insbesondere auf der frankophonen Seite legen in diesen Tagen eine enorme Kreativität an den Tag, um die Bezuschussung möglicherweise in einer anderen Form doch noch beibehalten zu können. Belgien ist und bleibt nun mal der Weltmeister des Status quo. Der Tag, an dem die Politik einmal so viel Einfallsreichtum aufbringen wird, um Veränderungen herbeizuführen, das wäre ein wirklich schöner Tag für dieses Land.
Roger Pint