"Der Straßenprotest erhöht Druck auf Israel, die Politiker (noch) nicht", titelt De Morgen. "Solange die Bodenoffensive noch läuft, wird es keine Feuerpause geben", schreibt De Standaard in seiner Schlagzeile. "Abbas fordert sofortige Waffenruhe in Gaza", heißt es beim GrenzEcho auf Seite eins. Der Krieg im Nahen Osten zwischen Israel und der palästinensischen Hamas beschäftigt die Zeitungen weiterhin auch in ihren Leitartikeln.
Het Nieuwsblad führt aus: Die internationale Gemeinschaft kann sich nicht entscheiden, was sie fordern soll: einen Waffenstillstand oder "nur" eine humanitäre Pause. Angesicht des großen Leids, das die zivile Bevölkerung Tag für Tag im Gaza-Streifen erlebt, ist das nur zu bedauern. Denn das Tragische ist, dass eine Lösung für den blutigen Konflikt nur von außen kommen kann. Weder Israel noch Hamas sind an einer Waffenruhe interessiert. Das Drängen nach so einer Waffenruhe von befreundeten Parteien hat bislang auf beiden Seiten keine Wirkung gezeigt. Für mehr fehlt der internationalen Gemeinschaft der Mut. Ein weiterer Tag vergeht mit schrecklichen Szenen in Gaza, konstatiert frustriert Het Nieuwsblad.
Eine Plattform für Frieden
De Morgen beobachtet: Im Vergleich zu dem, was im Ausland passiert, hält sich der Protest gegen den Krieg in Belgien stark in Grenzen. Nur ein paar Linksradikale nehmen den Konflikt zum Anlass, die Kritik an Israel in ihre eigene anti-imperialistische Agenda zu integrieren. Das sollte sich ändern. Auch in Belgien sollte sich eine breite Gruppe auf einer Plattform zusammenfinden, die sich für einen Waffenstillstand einsetzt. Diese Plattform sollte sowohl den Terror von Hamas verurteilen als auch den militärischen Vergeltungsschlag von Israel. Die Plattform sollte sich gegen Antisemitismus aussprechen und gegen den Massenmord von Bürgern in Gaza. Es sollte eine Plattform sein, die sich für Frieden einsetzt, wünscht sich De Morgen.
De Standaard berichtet: Die jüdische Gemeinschaft in Antwerpen hätte es gerne, wenn Soldaten in den jüdischen Vierteln der Stadt für Sicherheit sorgen. Es ist gut, dass die Politik diesen Wunsch bislang nicht erfüllt. Denn erstens haben Soldaten in unserer Demokratie grundsätzlich nichts auf den Straßen zu suchen. Zweitens haben Soldaten keine Befugnisse, um irgendwelche Sicherheitsmaßnahmen durchzusetzen. Sie dürfen niemanden kontrollieren und müssen bei Verdacht die Polizei rufen. Die Polizei allein ist im öffentlichen Raum für die Sicherheit der Bürger zuständig. Das muss auch so bleiben, fordert De Standaard.
Die Wahlen als Hoffnungsschimmer…
Het Belang van Limburg zählt auf: Corona-Krise, Russland-Überfall auf die Ukraine und jetzt Israels Krieg mit der extremistischen Hamas – die Welt kommt einfach nicht zur Ruhe. Nicht zu sprechen von all den anderen bewaffneten Konflikten in Somalia, Jemen, Afghanistan, Äthiopien, Syrien und so weiter. Bei so viel Leid und Elend, bei diesem Tsunami von Negativität kann einen der Mut verlassen. Doch für Belgien ist Besserung in Sicht. Denn nächstes Jahr finden hier Wahlen statt. In unserem sicheren und reichen Land wird all das Elend der Welt dann kein Thema mehr sein, ätzt Het Belang van Limburg.
PS-Chef Paul Magnette hat am Wochenende angekündigt, dass seine Partei das neue Gesetz zur Einschränkung des Demonstrationsrechts nicht mittragen werde. Durch das Gesetz soll Randalierern die Teilnahme an Demonstrationen verboten werden. La Libre Belgique kommentiert: Damit bringt die PS ein Gesetz zu Fall, das sie selbst vorgeschlagen hatte. Es war Brüssels PS-Bürgermeister Philippe Close, der so ein Gesetz gefordert hatte. Es trifft auf den starken Widerstand bei den Gewerkschaften. Diesem Druck gibt die PS jetzt nach. Was verständlich ist, denn der Wahlkampf hat ja bereits begonnen. Damit dürfte auch dem Letzten klar sein: Große Projekte wird die aktuelle Föderalregierung nicht mehr zu Ende bringen, weiß La Libre Belgique.
Eine fragwürdige Tendenz
L'Avenir erinnert: Die freie Meinungsäußerung ist ein Grundrecht unserer Demokratie. Und damit auch das Recht zu demonstrieren. Das Gesetz, das jetzt ja wohl nicht verabschiedet werden kann, wäre eine Einschränkung dieses Grundrechts gewesen. Es wäre einer Tendenz gefolgt, die sich überall in der Welt beobachten lässt, und nicht nur in diktatorischen Staaten. Beispiel Frankreich: Dort werden zurzeit Demonstrationen verboten, allein aus dem Verdacht heraus, dass es dabei zu Ausschreitungen kommen könnte. Hier wird nicht die tatsächliche Gewalt sanktioniert, sondern allein die Möglichkeit, dieser Gewalt. Eine sehr fragwürdige Tendenz, urteilt L'Avenir.
Le Soir meint zu den angekündigten Streiks der SNCB: Zweimal zwei Tage lang sollen keine Züge fahren. Erstmals ab morgen 22 Uhr und dann nochmal Anfang Dezember. Das ist natürlich genau das Gegenteil von dem, was die Bahn jetzt braucht. Sie will ja mittelfristig viel mehr Menschen befördern, damit weniger Auto gefahren wird. Die Frage ist nur: Wie will die Bahn neue Kunden gewinnen, wenn sie schon die aktuellen mit immer neuen Streiks vergrault?, fragt rhetorisch Le Soir.
Kay Wagner