"Israel weitet seine Bodenoffensive langsam aus nach Gaza-Stadt", titelt De Standaard. "Der Krieg gegen die Hamas fordert zahllose Kinderleben", so die Schlagzeile von De Morgen. "Krankenhäuser in der Schusslinie", beklagt Het Belang van Limburg. "Eine Waffenruhe wäre eine Kapitulation", zitiert aber das GrenzEcho den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu.
Israel setzt seine Offensive im Gazastreifen unvermindert fort. Hilfsorganisationen fordern eine humanitäre Feuerpause. Der israelische Ministerpräsident Netanjahu lehnt das aber ab, weil eine Waffenruhe in seinen Augen einer Kapitulation gleichkäme.
In diesem Krieg haben selbst Krankenhäuser keine Bedeutung mehr, kann Gazet van Antwerpen in ihrem Leitartikel nur betrübt feststellen. Israel hat wiederholt die Verantwortlichen eines Krankenhauses in Gaza-Stadt dazu aufgerufen, das Hospital zu räumen. Die israelische Armee ist nämlich davon überzeugt, dass sich unter dem Gebäude Hamas-Tunnel befinden und dort Waffen gelagert werden. Das stellt selbst Experten vor eine heikle Frage. Es stimmt: Militärisches Material in einem Krankenhaus unterzubringen, das ist ein Verstoß gegen das Kriegsrecht. Denn auf diese Weise werden Zivilisten zu menschlichen Schutzschilden, und genau das ist auch die Absicht der Terrororganisation Hamas. Das legitimiert aber immer noch nicht einen Angriff auf das betreffende Hospital. Wenn selbst Krankenhäuser nicht mehr heilig sind, wo ist da noch die Menschlichkeit?
Ein langfristiger Plan für den Gazastreifen
Der Krieg in Nahost wird mit jedem Tag brutaler, konstatiert auch Het Nieuwsblad. Mit ihrem Terrorangriff auf Israel am 7. Oktober verfolgte die Hamas nur ein Ziel: Sie wollte mit dem brutalen Blutbad Israel zu blinder Rache provozieren. Dieses Ziel haben die Terroristen erreicht. Israel hat nun nur noch ein Ziel: die Vernichtung der Hamas. Was dabei aber fehlt, das ist ein langfristiger Plan für die Region. Denn, nehmen wir mal an, dass es Israel tatsächlich gelingt, die Hamas auszulöschen. Was kommt danach? Will man den Gazastreifen besetzen und dort ein pro-israelisches Regime etablieren? Eben die Tatsache, dass Israel letztlich keinen Plan hat, macht diesen Krieg so gefährlich.
In diesem Konflikt ist schon so viel Blut geflossen, um den gegenseitigen Hass noch bis ins 22. Jahrhundert am Leben zu halten, meint resigniert De Standaard. Und, man muss die Dinge beim Namen nennen: Einige der von Israel angewandten Methoden tragen die Züge eines Völkermords. Massive Bombenangriffe, das Kappen der Wasser- und Energieversorgung, der Mangel an Hilfsgütern und zuletzt auch die Aufforderung zur Räumung eines Krankenhauses, all das verstößt gegen das Kriegsrecht. Wobei man auch festhalten muss, dass die Hamas sich ebenso wenig daran hält. Der Einsatz in diesem Krieg ist nach wie vor die Frage, inwieweit die Armee dazu im Stande ist, sich verhältnismäßiger zu verhalten.
N-VA auf dem falschen Fuß erwischt
Einige Zeitungen beschäftigen sich auch mit den neuesten Wirtschaftsdaten. Das Timing von N-VA-Chef Bart De Wever war denkbar unglücklich, stichelt De Morgen. Die Nationalisten-Partei hat gestern angekündigt, den flämischen Wohlstand in den Mittelpunkt ihres Wahlkampfes zu stellen. Anderthalb Stunden später gab die Nationalbank bekannt, dass die belgische Wirtschaft im dritten Quartal um 0,5 Prozent gewachsen ist. Das ist mehr als erwartet. Und auch die Inflation ist mit 0,36 Prozent wieder im grünen Bereich. Das beweist also, dass die Vivaldi-Regierung mit ihrer stimulierenden Politik richtig lag. Belgien ist sicher nicht ein "Griechenland an der Nordsee", das hat inzwischen jeder verstanden. Und sogar Bart De Wever. Ob der "flämische Wohlstand" für die N-VA zum Gewinner-Thema wird, das ist also eher fraglich.
"Man sollte sich diese Zahlen aber mal genauer anschauen", empfiehlt De Tijd. Hinter diesen Statistiken verbirgt sich nämlich eine weitaus weniger rosige Wirklichkeit. Klar: 0,5 Prozent Wachstum, 0,36 Prozent Inflation, es könnte schlimmer sein. Ein Blick hinter diesen Zahlen verrät aber, dass zum Beispiel die gesunkene Inflationsrate zum größten Teil durch die Entwicklung der Preise für Energie und Rohstoffe zu erklären ist. Die so genannte Kerninflation, die etwa die Preise für verarbeitete Lebensmittel oder die Mieten beinhaltet, die ist mit knapp sieben Prozent immer noch außerordentlich hoch. Und auch die Konjunktur ist nicht so robust, wie es den Anschein haben könnte. Insbesondere die Industrie steht auf dem internationalen Markt gehörig unter Druck, dies vor allem wegen der in Belgien geltenden Lohnindexbindung. Man sollte nicht zu früh die Korken knallen lassen.
Auch La Libre Belgique warnt vor Euphorie. Man kann nicht davon ausgehen, dass die Abkühlung der Inflation von Dauer ist. Dafür ist die Weltlage viel zu explosiv. Fachleute warnen insbesondere vor einer Eskalation des Nahostkonfliktes, was einen neuen Preis-Schock zur Folge haben kann. Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer.
Vom Unglückspropheten zum Staatsmann
Einige Zeitungen beschäftigen sich noch einmal eingehender mit der N-VA und dem von ihr gewählten Wahlkampfthema. Bart De Wever scheint sich an die Maxime des früheren US-Präsidenten Bill Clinton erinnert zu haben, glaubt Het Laatste Nieuws. Die Maxime, die ja lautet: "It's the economy, stupid". Es ist die Wirtschaft, Du Dummkopf. Im Klartext: Der N-VA scheint aufgegangen zu sein, dass die Wähler lieber hören wollen, wie es wirtschaftlich und haushaltspolitisch weitergeht, statt über Konföderalismus zu reden. Und De Wever legt die Rolle des ewigen Unglückspropheten ab und schlüpft in die eines Staatsmannes.
Gegen "flämischen Wohlstand" kann man ja nichts haben, meint Het Belang van Limburg. Doch sitzt die N-VA hier im Glashaus. Die schwedische Koalition hat schließlich auch ein staatliches Haushaltsdefizit hinterlassen. Nicht zu vergessen: der Tax-Shift, der nicht gegenfinanziert war. Und für Flandern eine Zeitenwende zu predigen, das klingt auch irgendwie hohl. Schließlich ist die N-VA seit 20 Jahren ununterbrochen an der flämischen Regierung beteiligt. Wenn man sich die lange Liste von Problemen in Flandern anschaut, dann sollte man vielleicht auch nicht die flämische Selbstverwaltung allzu sehr verklären.
Roger Pint