"Netanjahu: 'Wir werden die Hamas zerschlagen'", liest man bei De Morgen. "Countdown zum Bodenkrieg in Israel", ist der Aufmacher von De Standaard. "Das unerträgliche Warten in Gaza", titelt Le Soir. "Das Schlimmste steht Gaza noch bevor", befürchtet Het Belang van Limburg.
"Erstes Flugzeug holt Belgier aus Israel heim", schreibt das GrenzEcho. "Armee auf Stand-by, um noch mehr Belgier zurückzuholen", so Het Nieuwsblad.
Die geplante israelische Bodenoffensive ist eine angekündigte Katastrophe, kommentiert De Morgen. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass es den Israelis gelingen wird, so die von der Hamas verschleppten Geiseln zu retten. Hinzu kommen die hunderttausenden Palästinenser, die ins Kreuzfeuer geraten, hunderte sind bereits bei israelischen Luftangriffen ums Leben gekommen. Auch sie sind Geiseln – der Hamas, die sie als menschliche Schutzschilde missbraucht, der militärischen Blockade, der internationalen Ohnmacht.
Der UN-Sicherheitsrat muss deshalb eingreifen. Warum keine Blauhelme schicken, wie 1978, als Israel in den Libanon einmarschiert ist? Jordanien könnte die Führung übernehmen, das Land genießt den Respekt von sowohl Israel als auch Palästinensern. Die Blauhelme könnten im südlichen Gazastreifen eine waffenfreie Sicherheitszone einrichten. Dass Blauhelm-Missionen in der Vergangenheit versagt haben, darf kein Argument sein, das Prinzip von Pufferstreitkräften aufzugeben, fordert De Morgen.
Die Zukunft wird in Blut geschrieben werden
Le Soir fragt sich ebenfalls, wer die Spirale der Gewalt in Nahost beenden soll. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit und den Tod, ein Wettlauf, um Israel, Gaza, den Nahen Osten und die Welt vor dem Abgrund zu retten. Aber so gut wie alle Beobachter geben diesen Wettlauf schon jetzt verloren. Die Wirklichkeit ist, dass sich die Tore zur Hölle immer weiter öffnen und es niemanden gibt, der das stoppen wird. Es hat nie einen palästinensischen Mandela gegeben, keinen israelischen de Klerk. Rabin ist ermordet worden, Netanjahu ist eine tragische und düstere Figur, er verkörpert das Schlimmste populistischer Politik. Die Zukunft wird in Blut geschrieben werden, so Le Soir.
Het Nieuwsblad vergleicht das Blutvergießen in Nahost mit der Geschichte des Nordirlandkonflikts: In beiden Fällen ist es anfangs um den ungleichen Kampf von Bürgern gegen einen staatlichen Sicherheitsapparat gegangen. Die Unterdrückung des Widerstands hat zu einem Guerillakrieg geführt, zur Radikalisierung beider Seiten, zu einem ausweglosen Konflikt, der sich über Generationen hingezogen hat. Nordirland hat eines gelehrt: Die Gewalt wird erst aufhören, wenn genug Menschen auf beiden Seiten die Sinnlosigkeit einsehen und – trotz allem Hass aufeinander – gemeinsam weitere Gewalt ablehnen. In Israel und Gaza sind wir davon noch weit entfernt. Aber es wird der einzige Ausweg bleiben, ist Het Nieuwsblad überzeugt.
Schweigen ist manchmal die beste Option
De Standaard blickt bezüglich des Nahostkonflikts auf die europäische Politik: Der Besuch der EU-Kommissionsvorsitzenden Ursula von der Leyen hat verschiedene Mitgliedsstaaten unangenehm überrascht und zu entsprechend bissigen Reaktionen geführt. Das hätte von der Leyen wissen müssen. In einer so hochkomplexen und extrem sensiblen Angelegenheit darf man sich nur mit größter Vorsicht bewegen. Es war unnötig, direkt mit EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola ein Flugzeug in die Krisenregion zu besteigen, Unterstützung zeigen wäre auch diplomatischer gegangen. Ihre vermeintlich pro-israelischen Äußerungen musste von der Leyen kurz darauf durch die Zusage von mehr Geld für die Palästinenser kompensieren. Die 27 EU-Länder werden morgen versuchen, zu einer gemeinsamen Position zu finden, aber es wäre fast schon Hexerei, wenn das wirklich gelingen würde. Die unvermeidliche Schlussfolgerung ist, dass sich die Union zurückhalten sollte, in Fällen wie diesen ist vornehm schweigen vielleicht noch die passendste Haltung, meint De Standaard.
La Libre Belgique beklagt die innenpolitische Kakophonie in verschiedenen europäischen Ländern, darunter in Belgien, Frankreich, Großbritannien und Spanien. Angesichts von blutigem Terror erwarten wir von der Politik eine geschlossene, kohärente Verteidigungslinie. Was wir zu hören bekommen, trägt aber oft leider nicht zur Deeskalation bei, sondern versucht, politisches Kapital aus der Tragödie zu schlagen, kritisiert sinngemäß La Libre Belgique.
Das Gift des Dschihadismus
L'Avenir greift den tödlichen Messerangriff an einer Schule im nordfranzösischen Arras auf. Dieser Terrorangriff bestätigt einmal mehr, dass das Gift des Dschihadismus weiter erfolgreich exportiert wird. Es ist auch zu befürchten, dass weitere Angriffe auf den Westen, auf die Demokratie, auf die Freiheit und die Trennung von Staat und Religion stattfinden werden – mit Billigung der Verbündeten der Islamisten, allen voran Russland, Iran und Syrien. Für diese Autokratien, Diktaturen und Theokratien ist auch jeder Wahlsieg der Extremisten in Europa ein Sieg. Denn sie wissen genau, dass Extremismus Extremismus befeuert. Sie warten begierig darauf, aus dem resultierenden Chaos Profit zu schlagen, warnt L'Avenir.
Männer und Frauen, die in Angst leben, die sich morgens, wenn sie zur Arbeit gehen, fragen, ob sie abends noch am Leben sein werden. Nein, wir reden nicht über Soldaten oder Polizisten, sondern über unsere Lehrer, stellt La Dernière Heure klar. Schon seit dem Angriff der Hamas auf Israel war ihnen klar, dass die Spannungen auch in ihren Schulen zunehmen würden, seit dem Terroranschlag von Arras ist diese Angst noch gestiegen. Es reicht nicht, von ihnen zu verlangen, mutiger zu sein als so mancher Politiker. Unsere Lehrer brauchen Unterstützung – und zwar schnell, fordert La Dernière Heure.
Boris Schmidt